Freitag, 21. Dezember 2007

Dienstag, 18. Dezember 2007

nackte Tatsachen

Pressemitteilung
zur Christkindlesmarktaktion von
Contra – Aktionsbündnis für freie Bildung Augsburg –
am 17.12.2007, 18 Uhr

Wir haben das letzte Hochschulsemester mit einem Protestcamp begonnen und geschlossen, über das Semester verteilt drei alternative Vorlesungswochen mit dem Motto “Freie Bildung unter freiem Himmel“ durchgeführt und den Gebührenboykott, die große Demonstration am 13.6.07 und den uniweiten symbolischen Streik wesentlich mitorganisiert, beziehungsweise umgesetzt.

Anknüpfend an diese, nur auszugsweise aufgeführten Aktionen, reiht sich unsere heutige Performance, die die Ursache unserer Kritik, Studiengebühren, bewusst durch eine andere Ausdrucksform zu thematisieren sucht.

Mit dem Anspruch auf mehr Kreativität beim Umgang mit der Gebührenkritik mischen wir uns heute gezielt unter`s Volk, um das “Normale“ aufzubrechen und aus dem alltäglichen Schlummer aufzuwecken. In künstlerisch anstößiger Form, wollen wir den kritischen Diskurs über die Studiengebühren am Laufen halten, oder wo abgebrochen wieder einführen.
Die Zuschauer sollen durch unsere Performance keine vorgefertigte, konsumierbare “Message“ geliefert bekommen, sondern selbst eigene Gedanken dazu entwickeln.

Unser Protest geht weiter: Er wird getragen von aktiven, nimmermüden, engagierten Studierenden, die Studiengebühren, im Rahmen eines großangelegten Hochschulumbaus, auf Kosten der Prinzipien der Wissenschaft und zu Gunsten der kapitalfixierten Parteien, und vor allem als soziales Selektionsinstrument erkennen.

Wir werden mit unserem Protest gegen Studiengebühren in jeder Form aktiv bleiben, bis diese wieder abgeschafft sind. Falls notwendig marschieren wir in den bayerischen Landtag – dann aber ohne Unterhosen!

P.S.: Wir fordern die Hochschulleitung der Universität Augsburg auf, das Anliegen der Studierenden ernst zu nehmen und die Studiengebühren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, umgehend auf 300,- Euro herabzusetzen.

Dienstag, 11. Dezember 2007

Klausurtagung steht fest

Vom 12.01 bis 13.01 gehen wir in Klausur. Als Ort haben wir das Selbstversorgerhaus bei Dinkelscherben ausgesucht (siehe: http://www.canisiushaus.net/). Für die Organisation wäre es hilfreich wenn ihr euch an der Umfrage (rechte Leiste) beteilgt.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Hochschulinterne Demokratie?

Warum es unter diesen Umständen nichts mitzubestimmen gibt

Etwas mehr als zehn Prozent beträgt die studentische Wahlbeteiligung an den Hochschulwahlen in Augsburg jedes Jahr. Statt jedoch in den Chor derjenigen einzustimmen, die hierin ein Zeichen von Politikverdrossenheit und mangelndem Interesse an Mitbestimmung sehen, ist die niedrige Wahlbeteiligung als einzig adäquate Antwort auf die Umstände zu werten.

Bei den Hochschulwahlen hat jedeR StudentIn die Möglichkeit, jeweils zwei studentische VertreterInnen für den Senat, den fakultätsinternen StuRa und den gesamtuniversitären Konvent zu wählen. In den höchsten Leitungsgremien der Universität, den fakultätsinternen Fachbereichsräten und dem gesamtuniversitären Senat, sind Studierende dann mit je zwei SprecherInnen vertreten. So das bisherige “Augsburger Modell”. Hält man sich vor Augen, dass Studierende die weit größte Gruppe an der Uni darstellen, mutet es schon recht albern an, diese geringfügige Mitsprachemöglichkeit als hochschulinterne Demokratie auszugeben.

Die aktuellen Hochschulreformen bringen jedoch Neuerungen: Aus dem (erweiterten) Senat wurde die erweiterte Hochschulleitung, aus dem bisherigen Kanzler der Präsident (bzw. eines fernen Tages vielleicht auch einmal die Präsidentin) der Uni Augsburg. Wer jetzt allen Ernstes meint, damit habe eine Demokratisierung der Strukturen Einzug gehalten, die ihren Namen verdient, darf getrost gefragt werden, wo er/sie denn die letzten Jahre verbracht hat. Der Einfluss von Profs und WirtschaftsvertreterInnen wurde in der erweiterten Hochschulleitung gestärkt, der von akademischem Mittelbau, Studierenden, wissenschaftsstützendem Personal und anderen Gruppen nocheinmal reduziert. Die bisher zwei stimmberechtigten VertreterInnen wurden durch eine stimmberechtigte Person ersetzt, die aber durch bis zu drei Delegierte unterstützt werden kann, die sich gnädigerweise an den Diskussionen, nicht jedoch an den Abstimmungen beteiligen dürfen.

Unter solchen Rahmenbedingungen kann studentische Mitbestimmung nur zur Farce verkommen. Was studentische VertreterInnen erreichen können, hält letztlich vom goodwill des Präsidenten ab. Effektive und kritische Einflussnahme ist damit unmöglich. Zweifellos ist es richtig, dass man in Senat bzw. erweiterter Hochschulleitung auf Grund der intransparenten Uni-Strukturen als StudentIn Dinge erfährt, die man sonst wenn überhaupt erst sehr viel später mitbekommen würde. Von daher macht die Anwesenheit studentischer VertreterInnen Sinn. Sich jedoch einzubilden, von dort aus mitbestimmen zu können, ist schlichtweg eine Verkennung der Tatsachen.
Die Nicht-Beteiligung an den Hochschulwahlen ist also kein Ausdruck von politischem Desinteresse, sondern die einzig adäquate Reaktion auf ein System, in dem konstruktive Mitarbeit den Tod für jegliche Art erstgemeinter Kritik darstellt.

Bildung als Ware und Bürgerrecht

Über nur scheinbare Gegensätze und eine falsche Argumentation gegen Studiengebühren

Dieser Text ist als Beitrag zu einer inhaltlichen Debatte um Studiengebühren gedacht. Um gleich vorweg Missverständnissen vorzubeugen: Wir lehnen Studiengebühren jeder Art – auch die schon seit längerem bestehenden für ein Zweitstudium – ab, halten aber einige Argumente von GebührengegnerInnen für schlichtweg falsch.

Anliegen dieses Diskussionsbeitrages ist es, die Problematik des oft gegen Studiengebühren angeführten Einwands, Bildung dürfe nicht zur Ware werden aufzuzeigen. Dies impliziert die falschen Annahmen, (a) dass es sich dabei um eine neuere Erscheinung handeln würde und damit (b), dass die Warenförmigkeit von Bildung nicht schon in der Entstehung kapitalistisch organisierter Gesellschaften gegen Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt sei. Zudem skandalisiert diese Position nicht die Warenform schlechthin, sondern wendet sich allein dagegen, dass Bildung scheinbar neuerdings zur Ware würde. An Hand der Kritik dieser Argumentation durch die Darstellung der historischen Entwicklung des Bildungsbegriffs soll aufgezeigt werden, wie dagegen ein emanzipatorischer Begriff von Bildung auszusehen hätte.

Der Bildungsbegriff zu Zeiten der Aufklärung
Die Entstehung des Bildungsgedankens ist eng verknüpft mit dem Zeitalter der Aufklärung. Nach Kant bedeutet Aufklärung den “Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit”. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit aus Sicht der Aufklärungsphilosophie insofern, als der Mensch ein mit Vernunft ausgestattetes Wesen ist. Anders als das Tier hat er/sie somit prinzipiell die Fähigkeit, die Angelegenheiten seines/ihres Lebens vernünftig (d.h. nicht lediglich irgendwelchen biologischen, instinktiven etc. Zwängen folgend) zu gestalten. Gegen die feudalistischen Argumente (blaues Blut, göttlicher Wille) zur Rechtfertigung des Status Quo wurde eingewandt, dass die Ordnung des sozialen Lebens auf die Mitglieder der Gesellschaft zurückgeht, diese Ordnung der Möglichkeit nach also auch eine andere als die feudalistische sein kann. Bildung wurde als Mittel und Ziel dazu verstanden, dass Menschen die ihnen grundsätzlich gegebenen Fähigkeiten ihres Verstandes realisieren können. Von Kirche und Adel wurde das damals eingeforderte (Menschen-)Recht auf Bildung mit Grund als Bedrohung der eigenen Privilegien erkannt, war doch absehbar, dass eine in diesem Sinne gebildete Bevölkerung sich nicht widerspruchslos in die herrschende Ordnung (die für den Großteil nur ein irdisches Leben, das sich in endloser Plackerei erschöpfte, vorsah) fügen würde.
Revolutionär an der Aufklärung war, dass sie Bildung unabhängig vom Stand für alle Menschen einforderte. Dass sie dabei aber zu kurz griff, wird zum Einen daran deutlich, dass die Mädchen- und Frauenbildung bei den meisten Aufklärungsphilosophen keine oder nur eine Geschlechtertypisierungen zementierende Rolle spielte. Zum Anderen wurde Bildung damals als rein geistige Angelegenheit konzipiert. Ihr Zusammenhang mit dem materiellen Lebensprozess der Menschen wurde weitgehend ausgeblendet. Die für die Entwicklung des Kapitalismus funktionelle Trennung von Hand- und Kopfarbeit war damit im Bildungsverständnis der Aufklärer bereits angelegt. Ihr Bildungsbegriff entstand eben vor einem konkreten gesellschaftlichen Hintergrund und war primär gegen den direkten Zugriff der feudalistischen Herrscher auf das Geistesleben gerichtet. Damit wird aber auch schon die Schwäche dieser Konzeption von Bildung offenbar: Mit der Entwicklung vermittelter, indirekter Zwänge, wie sie sich mit der Durchsetzung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft etablierten, verlor diese Vorstellung von Bildung zunehmend ihren emanzipatorischen Impetus. Die Konzeption von Bildung als geistige Angelegenheit beförderte ihre Abkopplung von der materiellen Reproduktion der Gesellschaft und leistete somit der Trennung von Hand- und Kopfarbeit sowie deren klassenspezifischer Zuordnung Vorschub.

Das Recht auf Bildung in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft
Anders als die feudale Gesellschaftsordnung hatte die im Entstehen begriffene kapitalistische kein Problem mit dem von der Aufklärung geforderten Recht auf Bildung. Während im Feudalismus mit seinen Dynastien festgelegt ist, wer Herrschaftsfunktionen übernimmt, muss die bürgerliche Gesellschaft nämlich erst herausfinden, wer als FunktionsträgerIn geeignet erscheint. Zur zentralen Voraussetzung für die Übernahme gesellschaftlicher Leitungsfunktionen wurde neben der Verfügung über Produktionsmittel nun die Bildung. Dabei verlor Bildung als Befähigung der Menschen, grundlegend über die Einrichtungen ihrer sozialen Beziehungen bestimmen zu können, zunehmend an Bedeutung. Vielmehr wurden Bildung und Erziehung instrumentalisiert und zu Prozessen, in denen die Gesellschaftsmitglieder die Eigenschaften und Fertigkeiten erwerben, mit denen sie sich selbst verwerten können. Auf Grund zunehmender Komplexität der Produktionsprozesse wurde ein Grundmaß an Bildung für alle Menschen nötig, um verwertbar zu sein. Da jedoch auch in der bürgerlichen Gesellschaft nicht unbegrenzt Führungspositionen zu vergeben sind, liegt auf der Hand, dass nicht allen Menschen gleichermaßen Wissen vermittelt werden muss(te).
Wer heute meint, mit dem Verweis auf einen vermeintlichen Verstoß gegen die Chancengleichheit gegen Studiengebühren argumentieren zu müssen, hat die eben in ihrer historischen Entwicklung geschilderte Ambivalenz des bürgerlichen Rechts auf Bildung nicht verstanden. Dieses ist eben kein Recht auf gleiche Bildung für alle, sondern legt mit dem Grundsatz der Chancengleichheit lediglich fest, dass alle die gleichen Startbedingungen haben sollen bei der Konkurrenz um begehrte Posten. Da Studiengebühren erst nach Erreichen der Hochschulreife greifen, die meisten Kinder aus finanziell schwächeren Familien jedoch schon vorher auf der Strecke bleiben, ist von ihnen keine wesentliche Beeinträchtigung der Chancengleichheit zu erwarten.


Die Freiheit von Universität und Wissenschaft
Genausowenig wie die angestrebte Chancengleichheit stellt die in bürgerlichen Gesellschaften garantiert Freiheit von Wissenschaft und Forschung einen Dienst an den Menschen dar. Die Vermehrung von Wissen – zunächst ohne jeden staatlichen oder unternehmerisch vorbestimmten Anwendungszusammenhang – ist zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Platzierung von Unternehmen und Staaten in der (internationalen) Konkurrenz. Die Freiheit, die Wissenschaft in unserer Gesellschaftsformation gestattet wird, ist funktional. Eng verbunden mit dem Zugeständnis dieser Freiheit ist das Postulat der Wertfreiheit und Nicht-Einmischung in andere gesellschaftliche Bereiche. Welche Gegenstände des von ihnen produzierten Wissens außerhalb dieser abgetrennten Sphäre und auf welche Art angewandt wird, hat die WissenschaftlerInnen nichts anzugehen. Und auch von den WissensproduzentInnen selbst wird diese Enthaltsamkeit als Tugendbeweis gesehen. Wer dagegen darauf beharrt, dass aus seinen/ihren Erkenntnissen ganz bestimmte praktische Konsequenzen zu ziehen seien, die es gar noch gegen die herrschende Realität durchzusetzen gelte, wer sich nicht in die Reihe der gegenüber der Verwertung des Wissens Gleichgültigen einfügt, wird als ideologisch gebrandmarkt.
Die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft braucht und will zwar Wissen und Bildung, aber diese sollen auf eine vom restlichen gesellschaftlichen Leben abgetrennte Sphäre beschränkt bleiben. Aufklärung und Rationalität sind nur als partikulare erlaubt und damit für den Erhalt der bestehenden Verhältnisse funktional.
Anders als viele GebührengegnerInnen meinen, sollen Studiengebühren also nicht dazu dienen, diese eng begrenzte bürgerliche Vorstellung von Wissenschaftsfreiheit abzuschaffen. Dies kann wie dargestellt überhaupt nicht im Interesse von Staat und Unternehmen liegen. Was Studiengebühren tun, ist “lediglich”, die Kosten für bürgerlich-freie Wissensproduktion stärker die Einzelnen abzuwälzen. Dies gilt es zu kritisieren und nicht, den Nachteil, den “unser Standort” in Zeiten der “Wissensgesellschaft” durch Studiengebühren erfahre.

Gegen die allgemeine Warenförmigkeit statt nur gegen Bildung als Ware
Statt darüber zu klagen, dass das Recht auf Bildung durch die Degradierung von Bildung zu einer Ware wie andere auch in Gefahr sei, müsste wie hier nur kurz skizziert werden konnte analysiert werden, wie die Entwicklung kapitalistischer Gesellschaften zur partikular-funktionellen Verkürzung des Bildungsbegriffs beigetragen hat. Vor allem aber muss erkannt werden, dass der eigentliche Skandal nicht darin besteht, dass Bildung zunehmend warenförmig wird, sondern dass die Warenform an sich ein Problem darstellt. Bedeutet die Existenz von Waren doch, dass die Menschen ihre Zusammenhänge nicht selbst bestimmen, sondern nur vermittelt über die Warenform, ihr eigenes Tun ihnen damit jedoch als Verhältnis von Gegenständen und Gegebenheiten erscheinen muss, denen sie sich zu unterwerfen haben.

Bildung für alle! - Aber welche Bildung?
Ein emanzipatorischer Begriff von Bildung kann heute folglich nicht das Einfordern von Chancengleichheit im Bildungswesen oder der Freiheit der Wissenschaft von unmittelbaren staatlichen oder ökonomischen Zwängen bedeuten. All dies dient in bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften primär der Verwertbarkeit von Menschen (und nur als Nebenprodukt den Menschen selbst) und schafft damit die Voraussetzung dafür, dass Menschen an gesellschaftlichen Verhältnissen leiden. Bildung kann die Aufgabe zukommen, dem Leiden das Bewusstsein des Leidens und das Wissen um seine Gründe hinzuzufügen. Oder weniger pathetisch: dass zum Erleben des Stresses, den die Vereinbarung von z.B. Uni/Prüfungen, Job und künftiger Karriereplanung (realistischer: Strategien zur Vermeidung künftiger Armut), das Bewusstsein kommt, dass dieser Stress nicht “normal”, sondern scheiße und unerträglich ist und dass er nur so lange nötig und unausweichlich ist, wie wir die Grundlagen gesellschaftlichen Zusammenlebens unhinterfragt akzeptieren. Eine derartige Bildung, die die Infragestellung der Verhältnisse nicht ausschließt, ist nicht mit, sondern nur gegen den herrschenden Wissenschaftsbetrieb zu haben. Sie wäre jedoch die tatsächliche Realisierung des Anspruches der Aufklärung auf volle Mündigkeit des Subjektes und die gedankliche Durchdringung aller es bestimmenden Verhältnisse.

Vertiefende Literatur:
Heydorn, Heinz-Joachim: Bildungstheoretische Schriften.
Huisken, Freerk: Über die Funktionalisierung der Wissenschaft für Staats- und Geldmacht.
Marx, Karl: Das Kapital.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Streikzeitung "Ein anderes Universum ist möglich" anlässlich des Streik- und Aktionstages gegen Studiengebühren im Juni 2007

Freitag, 7. Dezember 2007

Solidaritätserklärung des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) mit den protestierenden Studierenden in Frankreich

Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) unterstützt die Studierenden in Frankreich in ihrem Protest gegen die aktuellen Hochschulreformen. Das vorgelegte Gesetz zur Hochschulreform wiederholt die Fehler, die in der Hochschulpolitik der vergangenen Jahre vieler deutscher Bundesländer gemacht worden sind. Unter dem Deckmantel einer angeblichen Hochschulautonomie werden Mitbestimmung und demokratische Strukturen der Hochschulen angegriffen und abgebaut. Die Regierung zieht sich aus ihrer Verantwortung für die Hochschulen zurück, indem sie auch die Finanzverantwortung an die Hochschulen gibt und ihnen die Verwaltung der viel zu geringen Finanzmittel in die Schuhe schiebt.

Für den fzs ist dies eine inakzeptable Hochschulpolitik, die die öffentliche Verantwortung für das Bildungswesen ignoriert und einseitige Interessenpolitik darstellt. Während immer mehr Geld eingespart wird und die finanzielle Situation der Hochschulen katastrophal ist, zieht sich die Politik zurück. Die finanziellen und sozialen Probleme der Studierenden kommen in den französischen Vorschlägen zur Hochschulreform nicht vor. Sie sind aber nach wie vor ein zentrales Problem. Damit reiht sich die französische Politik in die Reihe undurchdachter und voreiliger Reformen ein, die auch in der Bundesrepublik schon fatale Auswirkungen hatte. Der fzs hat sich in der Vergangenheit gegen diese Politik gewehrt und unterstützt auch die KollegInnen in Frankreich dabei, sich dagegen aufzubegehren.

Der fzs unterstützt die Forderungen der Studierenden nach einer Hochschulreform, die die Mitbestimmung von demokratisch gewählten StudierendenvertreterInnen sicherstellt, eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen vorsieht und die soziale Situation der Studierenden verbessert.

Donnerstag, 29. November 2007

Stiefel, Glatze etc.

Gut versteckt in einer Nische neben dem Hörsaal eins ist bis zum 4. Dezember die Ausstellung „Rechtsradikalismus in Bayern“ des Bayernforum der Friedrich-Ebert-Stiftung an der Universität Augsburg zu besichtigen.

Konzipiert als Reaktion auf die Zunahme rechtsextremer Straftaten im letzten Jahr, will die Ausstellung die mittlerweile parallel an über 100 Orten gezeigt und von 80.000 Interessierten besucht wurde, über „die demokratiefeindlichen Rechtsextremisten mit ihrem menschenverachtenden Weltbild“ (aus: Informationspapier der Ausstellung) aufklären. Auf 15 Schautafeln werden Hintergründe über Parteien, Symbole, Internetpräsenz und Lifestyle der Rechten erläutert und versucht, Gegenmaßnahmen aufzuzeigen. Dafür soll vor allem das veränderte Erscheinungsbild der Rechtsextremen herausgearbeitet werden. Die Ausstellung wird diesem Anspruch leider nicht gerecht.
Entsprechend dem Poster, das für die Ausstellung mit dem Bild von Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln wirbt, sind die Rechten auf den Schaubildern durchweg Stiefelnazis und Scheitelträger. Dass der moderne Rechtsextremismus mittlerweile Subkulturen wie Hip-Hop und Punk teilweise erfolgreich integriert, Autonome Nationalisten Auftreten und Parolen der Antifa kopieren und, entgegen der Vorstellung von verbitterten Hasspredigern und Trunkenbolden, Nazis nette Jungs von neben an sein können, die beim Ausfüllen des Hartz IV-Antrages behilflich sind, wird nicht thematisiert. Bestätigt wird, was alle zu wissen meinen: „Auf den meisten Internet-Seiten herrschen pure Menschenverachtung und Hasspropaganda.“ Das mag als quantitative Aussage richtig sein, geht aber an dem Umstand, dass viele Internetseiten moderner Rechter Jugendliche u.a. über die subkulturelle Ebene ansprechen und politische Inhalte subtil streuen, treffsicher vorbei.

Fraglich scheinen zudem die Ausführungen zu rechtem Lifestyle. Marken wie Masterrace und Thor Steinar, die in der rechten Szene verwurzelt sind und deren Gewinne zu Teilen in diese zurückfließen, werden in eine Reihe gestellt mit Doc Martens und Fred Perry, die seit Jahren antirassistische Arbeit unterstützen. Jenseits fehlender Differenzierung und Aktualität wirft die Ausstellung die Frage nach Zielgruppe und Anspruch auf. Wer soll darüber aufgeklärt werden, dass die REPs, die DVU und die NPD rechte Parteien sind? Welchem Zweck dient der Hinweis, dass Nazis Turnschuhe der Modemarke New Balance tragen, weil das Markensymbol „N“ für „National“ stehen soll? Rechte Codes werden dekodiert, kurze Zeit später gibt es neue Codes, subtile Anspielungen, die nur versteht, wer Teil der Szenen ist oder sich intensiv mit ihr beschäftigt. Die Frage nach dem Sinn des Hase-Igel-Wettlaufes im Identitätsspiel der Rechten und der (selbsternannten) Verfassungsschützer stellt die Ausstellung nicht. Vor allem aber fragt sie nicht, wie es sein kann das „die demokratiefeindlichen Rechtsextremisten mit ihrem menschenverachtenden Weltbild (...) ein fester Bestandteil des politischen Alltags zu werden“ (ebd.) drohen. Aufklärung und Analyen über Neo-Nazismus lässt die Ausstellung vermissen. Dafür bedient sie Stereotype und moderne Mythen. Auf ihrer Internetseite wirbt das Bayernforum für die Ausstellung mit dem oben erwähnten Bild der Springerstiefel, worauf zu lesen steht: „Der Kampf gegen die Dummheit hat gerade erst begonnen.“ Neo-Nazismus als Folge mangelnder Intelligenz? Dümmer geht´s nicht.

Mittwoch, 28. November 2007

Vereinsgründung zur Unterstützung des ABS

Im Folgenden eine E-Mail des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren:

Liebe Bündnispartnerinnen, liebe Bündnispartner,

im Januar begehen wir den 3. Jahrestag des Urteiles des
Bundesverfassungsgerichtes. Seit am 26. Januar 2005 die Verfassungsrichter das
Verbot allgemeiner Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz gekippt haben,
wurden in sieben unionsgeführten Bundesländern allgemeine Studiengebühren
eingeführt. Der 26. Januar 2005 ist somit in der Geschichte der deutschen
Bildungspolitik ein historischer Tag. Er steht symbolhaft für die Entwicklungen
der letzten Jahre hin zu einer noch größeren Selektion im Bildungswesen.
Nicht erst seit dem Tag des Urteils hat das Aktionsbündnis gegen
Studiengebühren auf die unsozialen Auswirkungen von Studiengebühren
hingewiesen. Schon mit dem Krefelder Aufruf hat es sich klar gegen
Studiengebühren und für ein gebührenfreies Studium ausgesprochen. Der Kampf in
den letzten Jahren war zugegebener Maßen nicht sonderlich erfolgreich. Deshalb
den Kopf in den Sand zu stecken und kampflos den Gebührengegner das Feld zu
überlassen, wäre jedoch der falsche Weg. Gerade jetzt, wo zu Beginn des
Wintersemesters ein weiterer dramatischer Rückgang der Studierendenzahlen zu
verzeichnen ist und sich somit in aller Deutlichkeit zeigt, dass
Studiengebühren unsozial sind und insbesondere Menschen von der Aufnahme eines
Studiums abhalten, ist es mehr denn je erforderlich für das Recht auf Bildung
zu kämpfen.

Ein weiteres Einstehen für das Recht auf Bildung lohnt sich weiterhin. Die
jüngsten Urteile des Verwaltungsgerichtes Gießen veranschaulichen, dass
Studiengebühren auch juristisch zu Fall gebracht werden können. Jedoch muss es
unserer Ziel sein, die Studiengebühren nicht nur auf juristischem, sondern auch
auf politischem Wege abgeschafft werden. Die Voraussetzungen hierfür stehen
nicht schlecht. In Hessen konnte das ABS zusammen mit einem breiten Bündnis aus
Studierendenschaften, Gewerkschaften und weiteren Organisationen innerhalb
kürzester Zeit über 70.000 Unterschriften für das Zustandekommen einer
Volksklage sammeln. Das zeigt, dass die Bevölkerung weiterhin mehrheitlich
gegen Studiengebühren ist.

In den letzten Jahren war das ABS nicht so schlagfertig wie es hätte sein
können und müssen. Dies hatte sicherlich nicht nur finanzielle Ursachen,
sondern war auch internen Auseinandersetzungen geschuldet. Jedoch sollten die
fehlende finanzielle Planbarkeit nicht unterschätzt werden. Die Durchführung
von Kampagnen und die Erstellung von Informationsmaterial (z.B. Massenzeitung,
Broschüre „Argumente gegen Studiengebühren“) sind nur dann realisierbar, wenn
ausreichende Mittel (zeitnah) zur Verfügung stehen.

Aus diesem Grund wird bereits seit längerer Zeit über die Gründung eines Verein
zur Förderung des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren diskutiert. Das
ABS-Koordinationsorgan hat sich nun entschlossen, diesen Schritt zu gehen.
Im Vorfeld der Vollversammlung im Frühjahr laden wir, die ABS-Geschäftsführung
euch deshalb, zu einer konstituierenden Mitgliederversammlung zur Gründung
eines eben solchen Vereins ein.

Dieser soll nicht Parallelstruktur zu den bereits bestehenden Strukturen des
ABS schaffen, sondern er soll lediglich dazu dienen, die Handlungsfähigkeit des
Aktionsbündnis langfristig zu sichern.

Wir möchten euch bitten, Gründungsmitglieder des Vereins zu werden und so das
ABS auch zukünftig zu unterstützen.

Solidarische Grüße

André und René

ABS-Geschäftsführung

PS: Gerne schicken wir euch den Enturf der Satzung zu.

Donnerstag, 22. November 2007

Studentische Vollversammlung beschließt weitere Aktionen gegen Studiengebühren

Die studentische Vollversammlung der Universität Augsburg war am Mittwoch, den 21.11.2007 mit rund 800 TeilnehmerInnen wie schon im vergangenen Sommersemester beschlussfähig. Im Anschluss an eine kurze Vorstellung der neuen ReferentInnen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) wurden mit überwältigender Mehrheit weitere Aktionen gegen Studiengebühren beschlossen. Dem Antrag des hochschulpolitischen Referats des AStA, „alle studentischen Vertreter der Hochschulgremien dazu anzuhalten, sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens und ihrer Möglichkeiten für die Reduzierung der Studienbeiträge von 500 auf 300 Euro einzusetzen“ wurde zugestimmt. Erste Aktion hierzu und bereits angelaufen ist die Sammlung von Postkarten, auf denen Studierende bis Mitte Januar den Präsidenten der Uni Augsburg zu einer Absenkung der Studiengebühren auffordern können. Präsident Wilfried Bottke hatte im Vorfeld seiner Wiederwahl im Sommer erklärt, er hänge nicht an der Maximalhöhe von 500 Euro.

Das Aktionsbündnis für freie Bildung CONTRA gab sich jedoch mit einer einfachen Postkartenaktion nicht zufrieden und will den Druck auf die Uni-Leitung erhöhen. Auf Antrag von CONTRA beschloss die studentische Vollversammlung, den studentischen Konvent mit der Einleitung einer Urabstimmung zu beauftragen. Nach Art. 71 § 1 und 6 des Bayerischen Hochschulgesetzes entscheidet jede Hochschule selbst über die Höhe der Studienbeiträge. Demnach kann pro Semester zwischen 300 und 500 Euro von den Studierenden gefordert werden. Bei der Urabstimmung sollen den Studierenden zwei Forderungen zur Zustimmung oder Ablehnung vorgelegt werden: Eine erste wird die Universitätsleitung auffordern, gemäß ihres Handlungsspielraumes die Studienbeiträge auf 300 Euro zu senken. Die zweite Forderung enthält eine grundsätzliche Ablehnung von Studiengebühren und beauftragt die Universitätsleitung, sich gegenüber der Bayerischen Staatsregierung für die Abschaffung der Studienbeiträge und eine bedarfs- und nachfragegerechte Hochschulfinanzierung einzusetzen. Von der Urabstimmung erhofft sich das Aktionsbündnis CONTRA und mit ihm die TeilnehmerInnen der studentischen Vollversammlung ein klares und unüberhörbares Votum der Studierendenschaft, dass die Studiengebühren in einem ersten Schritt auf den Mindestsatz von 300 Euro gesenkt werden und ein deutliches Signal für die Abschaffung von Studiengebühren.

Rede vor der studentischen Vollversammlung vom 21.11.2007

Liebe Mitstudentinnen und Mitstudenten und falls anwesend sehr geehrte Dozentinnen und Dozenten.

Wir sind jetzt heute hier, um erneut zu mobilisieren, als nächsten hoffnungsvollen Schritt in studentische Verantwortung für das humboldt`sche Bildungsideal und vor allem die moralische Verpflichtung im Sinne der Solidarität.

Ich spreche heute wieder als Vertreter des Aktionsbündnisses für freie Bildung mit dem Namen Contra zu Euch.

Schön, dass ich heute wieder in den Genuss komme vor einer beschlussfähigen Vollversammlung sprechen zu dürfen, so wie das auch letztes Semester der Fall war.

Wir bleiben weiterhin Kritiker der neoliberalen Hochschulreform, setzen uns weiterhin für die Abschaffung der Studiengebühren, beziehungsweise vorläufig die Absenkung der Gebühren ein - auch obwohl der von uns mitorganisierte und durchgeführte Boykott der Studienbeiträge gescheitert ist – auch wenn unser freiwilliges Engagement bei manchen Kommilitonen nur Hohn und Spott erntet - und sogar wenn wir die Druckkosten für die Einladungs- Flyer aus unserer eigenen Tasche zahlen müssen.

Viele Kommilitonen und Dozenten meinen, dass man sich nur um die Verwendung der Gebühren bemühen soll. Aber das ist schlichtweg falsch!

Warum?

Weil wir Studierende und keine Verwaltungsangestellten, oder Sachbearbeiter sind.

Die Sache mit der Mitgestaltung bei der Gelderverteilung ist nicht so einfach, wie sich das immer so beschönigt anhört, zumal wir hier eine völlig indifferente Masse an Studierenden haben. Bei der Mitbestimmung im Bezug auf die Gebührenverteilung hat es sich nicht mit ein paar Minuten Einsatz a la Ich sag mal was mit meinem Beitrag passieren soll, das reicht schon bei so einer simplen Sache wie der Beschaffung eines Buches nicht aus. Bereits bei einer einzigen Personalangelegenheit müssen Anträge gefordert, gesichtet, hinterfragt, individuelle Rechtliche Grundlagen studiert und dann die Entscheidung in den verschiedensten Gremien vorgetragen, verteidigt, vertagt werden. Das ist ein Fulltime Job – mit einem ordentlichen Studium vollkommen inkompatibel. Die entsprechenden studentischen Vertreter können ein unromantisches Lied davon singen.Und oftmals werden den Studierenden wichtige Informationen gänzlich oder lange vorenthalten.

Ich spreche euch deshalb über diese ganz pragmatischen Fakten an,
weil die meisten Studierenden heutzutage für soziale Argumente taub zu sein scheinen - denn unsozial ist was mich nichts angeht!

Dem entgegen möchte uns allen Mut machen zu unserer Überzeugung zu stehen, dass Studiengebühren als Klassenerhaltendes Element wieder abgeschafft werden müssen.

Weiterhin uns alle auffordern, dass wir uns stark machen, im Rahmen unserer Möglichkeiten, aktiv zu werden und die Mitbestimmung, wo abhanden gekommen wieder einzufordern.

Aber nicht erst im letzten Abschnitt des universitären Systems, wo es nur noch um die Verteilung der damit streng genommen bereits legitimierten Gebühren geht, sondern ganz am Anfang, in der gesellschaftlichen Debatte.

Deshalb folgt nun für euch eine neue Möglichkeit eurer Ablehnung der Studiengebühren in einem basisdemokratischen Akt politisch Gehör zu verschaffen: In Form der Urabstimmung!

In unserer gegenwärtigen Situation scheint uns eine derart fundamentaldemokratische Aktion, wie sie die Urabstimmung darstellt ein gutes Mittel zu sein, Druck auf die Entscheidungsträger auszuüben, um eine Absenkung der Gebühren herbeizuführen. Die Urabstimmung ist keine Garantie zur Senkung der Studienbeiträge, aber wenn der Senat dieser Universität ein offizielles Ergebnis der Urabstimmung von 90 plus X Stimmen die sich für die Absenkung aussprechen erhält, dann kann er sich nicht aus der Verantwortung ziehen.

Wir befinden uns in einem radikalem essentiellem, man kann es gar nicht genug betonen, Wandel.

Einhergehend mit der Einführung der Studiengebühren vollzieht sich gerade der massivste Umbau der Universität seit ihrer Gründung.

In der neuen so genannten Wissensgesellschaft soll kein wirkliches, persönlich bedeutsames Wissen mehr angestrebt werden, sondern das Bildungsideal besteht im Erwerb eines nur für eine begrenzte Zeit gültigen, nachgefragten und damit verwertbaren Wissens ohne Tiefgang.

Der BA-Abschluss ohne ein anschließendes MA-Studium kann nur als ein zertifizierter Studienabbruch bezeichnet werden. Die Universitäten, Dozierenden und Studierenden werden in Konkurrenz gesetzt, Marktabhängig gemacht und verdummbürokratisiert.

Die Transformation des bis dato zumindest formell von der öffentlichen Hand garantierte Recht auf einen Hochschulzugang ist mittlerweile abhängig von der finanziellen Situation des Einzelnen Studierwilligen.

Die Augsburger Universitätsleitung belegt meine Argumente mit der kürzlich verlautbarten Mitteilung, dass im Vergleich zum WS 06/07 die Studierendenzahlen dieses Semester um ca. 600 Studierende gesunken sind. Der größte Anteil dabei macht ein Rückgang von 200 ausländischen Studierenden aus. (Diesen Fakt könnt ihr auf der Seite des einzigen stud. Vertreters im Hochschulrat / Universitätsrat einsehen)

Ich fordere euch nachdrücklich auf einmal die Zusammensetzung des Hochschulrates, der über die maßgeblichen Dinge der Universität entscheidet, auf der Internetseite der Hochschule nachzulesen. (Fürst Fugger, Direktor von Mercedes Benz, Vorstand vom Weltbild Verlag)

Wie weit sich die Wirtschaft bereits in die Uni vorgewagt hat, kann man unten im Eingangsbereich der Mensa auf der Vodafone Werbung nachlesen, auf den Plakaten ist die Vorlesung durchgestrichen stattdessen steht jetzt Verlosung drauf – das ist mal Realsatire!!!

Die aktuelle Hochschulreform ist nur eine zwangsläufige Konsequenz im Prozess der totalen Kapitalisierung der Menschheit bis hin zur Bewusstlosigkeit. Bald begrüssen uns herzlich willkommen am Mehr, I`m lovin it und Hier bin ich Mensch da kauf ich ein auch in der Uni – jahaha geiz ist geil haben wir schon...

Es hängt von unseren schöpferischen Fähigkeiten ab, kühn und entschlossen die sichtbaren und unmittelbaren Widersprüche zu vertiefen und immer wieder zu politisieren, Aktionen zu wagen, kreativ und allseitig die Initiative im Rahmen unserer Möglichkeiten zu entfalten.

Und deshalb muss ich jetzt hier mal aufs Pult schlagen, damit ihr wisst was real ist! Wir müssen das Jammern endlich mal hinter uns lassen und aktiv werden.

Diskutiert untereinander - unterstützt uns bei weiteren Aktionen – schließt euch uns an - Schreibt Postkarten – macht euer Kreuz bei der Urabstimmung an der richtigen Stelle – Verschaffen wir uns immer wieder auf`s Neue Gehör, auch und gerade dort wo man es uns versagt!!!

Mittwoch, 7. November 2007

Erst 5%, jetzt 10%, aber lange noch nicht 19%

Das Bafög für SchülerInnen und StudentenInnen wird ab 1. Oktober 2008 um zehn Prozent erhöht. SPD-Chef Peter Struck sagte am Dienstag, 6.11.07 in Berlin, dies sei jetzt in der Koalition «klar».

Unglaublich, dass es nun doch eine zehnprozentige BAföG-Erhöhung geben wird. Zwar greift diese erst im Herbst 2008, aber das kommt immerhin passend zur nächsten Bundestagswahl. Bisher war nur eine fünfprozentige Erhöhung vorgesehen.

Nicht vergessen werden darf allerdings, dass der Beschluss alles andere als ausreichend und deshalb noch lange kein Grund zum Jubeln ist. Wer behauptet, mit dieser angekündigten Erhöhung sei das BAföG endlich wieder bedarfsdeckend,
sollte die folgenden Hinweise zur Kenntnis nehmen:

* Die Erhöhung um 10 Prozent geht auf eine Berechnung des BAföG-Beirates der Bundesregierung zurück. Der BAföG-Beirat überprüft alle zwei Jahre, ob bei den Bedarfssätzen und Freibeträgen Anpassungsbedarf besteht und legt abschließend einen Bericht vor. Der letzte Bericht behandelt den Zeitraum von 2004 bis 2006 und wurde Anfang 2007 vorgestellt. Allein in den beiden untersuchten Jahren 2004 bis 2006 ergibt sich demnach ein Anpassungsbedarf von 3,5 Prozent bei den Bedarfssätzen und 1 Prozent bei den Freibeträgen. Die angekündigte BAföG-Erhöhung der Bundesregierung
wird nun voraussichtlich frühestens zum kommenden Sommersemester; gegebenenfalls sogar erst zum Wintersemester greifen. Somit ist erneut über ein Jahr mit weiterem Anpassungsbedarf verstrichen. Wenn man von den gleichen Anpassungsschritten wie von 2004 bis 2006 ausgeht, so müssten rund 2 Prozent mehr bei den Bedarfssätzen und ein halber Prozentpunkt mehr bei den Freibeträgen draufgelegt werden – allein um
die Empfehlungen des BAföG-Beirates tatsächlich zu berücksichtigen. Nicht vergessen werden darf, dass diese Zahl sehr niedrig gegriffen ist, da in diesen Zeitraum unter anderem die Mehrwertsteuererhöhung fiel.

* Die Berichte des BAföG-Beirates sind gegenüber der Politik der Bundesregierung zwar meist fortschrittlicher. Dennoch macht auch dieses Gremium keine Vorschläge für ein wirklich bedarfsdeckendes BAföG. Wir verweisen hier auf die Zahlen des Deutschen Studentenwerkes. Wenn bei der Berechnung des notwendigen Mindestbedarfs auch Entscheidungen der Familiengerichte und Krankenversicherungsbeiträge einbezogen werden, macht dies einen Gesamtbedarf von 695 Euro aus. Der derzeitige
BAföG-Höchstsatz unterbietet dies mit rund 100 Euro. Daraus ergibt sich tatsächlich nicht nur ein Anpassungsbedarf von rund 10 Prozent, wie es der BAföG Beirat berechnete, sondern ein Anpassungsbedarf von mindestens 19 Prozent.

* Außen vor gelassen wird von der Bundesregierung bei ihrer geplanten BAföG-Erhöhung das Problem Studiengebühren. Da BAföG-EmpfängerInnen von allgemeinen Studiengebühren nicht generell ausgeschlossen werden, ergibt sich die absurde Situation, dass diese als EmpfängerInnen einer Sozialleistung zugleich zur Finanzierung von Gebühren herangezogen werden. Wie mit dieser zusätzlichen Belastung umgegangen werden soll,
wird von der Bundesregierung nicht beantwortet.

Wie weiter?

Auch mit der angekündigten Erhöhung der BAföG-Sätze ist der Kampf um eine bedarfsdeckende Studienfinanzierung alles andere als gewonnen, aber zumindest ist ein erster kleiner Erfolg erzielt. Das ist allen voran der Verdienst all der Organisationen und Verbände, wie unter anderem fzs, ABS oder GEW, die sich in den letzten Monaten immer wieder an das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Regierung gewandt haben und an den Hochschulen und in der Öffentlichkeit für eine Erhöhung des BAföG gestritten haben!

Kurzfristige Reparaturmaßnahmen können aber nicht über die eigentlichen Probleme der Studienfinanzierung hinweg täuschen. Die Bundesregierung muss endlich bereit sein, eine grundlegende BAföG-Reform einzuläuten: hin zu einer elternunabhängigen, repressionsfreien und bedarfsdeckenden sozialen Grundsicherung mit Vollzuschuss sowie die Ausweitung der Förderung auf SchülerInnen ab Klasse 11 und Erwachsene in der
Weiterbildung.

Samstag, 27. Oktober 2007

Verbindungen - die netten Jungs von nebenan???

In der neuesten Ausgabe des von der Katholischen Hochschulgemeinde unterstützten und mitfinanzierten Magazins "Presstige" liefern sich die RedakteurInnen mal wieder ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen um den ersten Platz in Sachen unkritischem Journalismus. Ganz vorne mit dabei: Katrin Strehle mit ihrem Beitrag "Ganz schön ausgefuxt" über Augsburger Studentenverbindungen.

Zwar wird im Text erwähnt, dass die Burschenschaftler der Rheno-Palatia kritische Fragen mitgeschrieben hätten, welche das aber sein sollen, ist nur mit sehr viel gutem Willen herauszufinden. Vielleicht meint die Autorin ja die Frage, warum Frauen in der Regel nach wie vor die Mitgliedschaft in Verbindungen verweigert wird. Auf die gibt sie sich dann allerdings mit einer Antwort zufrieden, die auf "Tradition" verweist und das "Lebensbundprinzip", also der alten männerbündischen Leier, dass Frauen ja nur Scherereien bedeuten und ein Risiko für "echte Männerfreundschaften" darstellen. Dass es beim Pauken genannten Fechten nicht um das Verletzen des Gegners geht und das Bedienen der "Bundesbrüder" in der Fuxenzeit nicht als Unterordnung verstanden wird, kann man aus dem Artikel ebenfalls erfahren. Wie sich für eine Frau gehört, wiederholt die Autorin brav, was ihr die Burschen erzählen. Dass hinter diesen für Strehle allenfalls etwas merkwürdig anmutenden Praktiken mehr steckt, es um das Ausbilden traditionell soldatischer "Tugenden" wie die Überwindung als unmännlich geltender Angst- und Schutzreflexe geht, wird von der Autorin entweder für akzeptabel erachtet oder überhaupt nicht durchschaut.

Um etwas über Burschenschaften jenseits deren positiver Selbstdarstellung zu erfahren, dokumentieren wir daher im Folgenden ein Flugblatt der "DiskuTANTEN", das vor einigen Jahren an der Uni kursierte. Mit "Vorurteilen" ihnen gegenüber, die die Burschenschaftler im Presstige bejammern dürfen, hat das nichts zu tun. Eine Kritik an der männerbündischen, reaktionären Vergangenheit und Gegenwart der Verbindungen tut vielmehr Not, so lange diese Anachronismen weiter rekrutieren.


Verbindungen - die netten Jungs von nebenan???

Burschenschaften sind...

"... ein Haufen verhetzter, irregeleiteter, mäßig gebildeter, versoffener und farbentragender junger Deutscher" (Kurt Tucholsky)

Studentenverbindungen? Sind das nicht nur harmlose Traditionsverbände, die saufen, singen und fechten? Oder steckt mehr dahinter? Für nichtkorporierte Laien scheinen die Strukturen des Verbindungswesens kaum durchschaubar. Rund eintausend Verbindungen bestehen an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Dabei ist Verbindung oder Korporation nur ein Sammelbegriff. Im einzelnen spalten sich diese auf in Burschenschaften, Landsmannschaften und Corps.

Burschenschaften
Sie sind alle farbentragend und größtenteils schlagend. Der größte Dachverband ist die Deutsche Burschenschaft (DB), in der 130 Verbindungen organisiert sind. In die DB werden nur gesunde, nichtbehinderte "volksdeutsche" Männer aufgenommen, die den Kriegsdienst nicht verweigert haben. (In Augsburg: B! Rheno-Palatia)

Landsmannschaften
Sie stellen die älteste Form studentischer Verbindung dar. Im bedeutendsten Dachverband, dem Coburger Convent (CC), sind rund 100 farbentragende und schlagende Landsmannschaften und Turnerschaften zusammengeschlossen. Im Gegensatz zur DB bezeichnet sich der CC gerne als unpolitisch - seine Toleranz zeigt sich allerdings insbesondere in Bezug auf seine rechtsradikalen Mitglieder. (In Augsburg: Akademische Landsmannschaft Suevia im BdSt)

Corps
Im Unterschied zu den Burschenschaften standen die Corps schon immer für das elitäre Studententum. Heute noch sehen sich die Corps als Elite unter den Verbindungen und schotten sich gegenüber der Außenwelt ab. Die meisten farbentragenden und schlagenden Corps haen sich entweder dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) oder dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) angeschlossen. (In Augsburg: Corps Rhaetia)

Sich als "Verbindung" definierend:
- KDStV Algovia Augsburg im CV (Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen)
- Katholische Studentenverbindung Ludovicia Augsburg

Kurzer geschichtlicher Abriss
Die Burschenschaften waren von Anfang an, d.h. seit ihrer Entstehung unter den gesellschaftlichen Bedingungen der sog. Befreiungskriege (1813ff.), ein Hort des Nationalismus, Militarismus und Rassismus (vor 1945 insbesondere in Form des Antisemitismus). Die Burschenschaftsdachverbände DB und ADB führten schon 1923/24 den "Arier-Nachweis", d.h. den institutionalisierten Antisemitismus, in ihren Organisationsstatuten ein. Die Burschenschaften nahmen die entsprechenden antisemitischen Maßnahmen der Nazis fast um ein Jahrzehnt vorweg.
Diese historischen Tatsachen reichen für eine völlige Diskreditierung des Burschenschaftsunwesens aus, aus Vollständigkeit sei jedoch hinzugefügt, dass die Burschenschaften auch heute noch große Teile der Menschheit diskriminieren: Frauen, bundesrepublikanische Menschen mit ausländischem Pass sowie ehemalige Zivildienstleistende sind von der Mitgliedschaft in aller Regel pauschal ausgeschlossen. Burschenschaften und ihre Häuser sind folglich heute noch Orte praktizierten Rassismus und Sexismus. Ferner stammt das akademische Potential rechtsradikaler Parteien und Organisationen mit auffallender Häufigkeit aus Burschenschaften (z.B. der ehemalige Stuttgarter REP-Landtagsfraktionschef und REP-Bundesvorsitzende Schlierer).

Ein Männerbund fürs Leben
Die Seilschaften des Korporationsstudententums bieten weißen, nichtbehinderten deutschen Männern die Möglichkeit, in führende Positionen gehoben zu werden. Beispiele für diese besondere Art der Karriere sind H.M. Schleyer, Ferdinand Porsche, Dieter Stolte (Intendant des ZDF) und Heinz-Klaus Mertes (Programmchef von Sat1). Andere Korporierte dienten sich bis in verschiedene Entscheidungsebenen der Politik: Kinkel, Kanther, Schäuble, Kohl, Adenauer, Strauß, Stoiber, Beckstein usw.
Das Korporationswesen entstand in einer Zeit, als die Universitäten nur Männern offenstanden. Bis heute sind Frauen aus den korporierten Zirkeln augeschlossen, ebenso wie sie aus allen wichtigen und entscheidungstragenden Positionen der Gesellschaft ferngehalten werden.
Zitat Katholische Studentenverbindung Ludovicia Augsburg:
"Früher war es einfach nicht üblich, dass Frauen studierten und daher stellte sich diese Frage auch gar nicht."
So konnte man noch 1980 in den "Burschenschaftlichen Blättern" lesen: "Unser Burschenbrauchtum ist immer auf eine männliche Gruppe abgestimmt. Die menschliche Weltordnung ist auf das Männliche ausgerichtet." (Quelle: Beyer (2000): "...und er muss deutsch sein...")
Nationalismus und Militarismus gehören seit jeher zu den Eckpfeilern der Ideologie der Verbindungen. Sie propagieren einen völkischen Nationalismus und unterstreichen durch Fechten, Uniformtragen und einen hierarchisch-autoritären Aufbau ihre Bewunderung für Militär und Militarismus.
1992 wurde auf dem DB in Eisenach von den meisten Korporationen ein Großdeutsches Reich in den Grenzen von 1939 gefordert. Geistige Verwandtschaften zum Rechtsextremismus sind augenfällig. Folgerichtig gibt es einige Querverbindungen ins neonazistische Lager. Besonders in der sog. Neuen Rechten, die eine Intellektualisierung der extremen Rechten anstrebt, engagieren sich viele Korporierte.
Ein Beispiel unter vielen ist der neurechte Multifunktionär Hans Ulrich Kopp. Dieser ist Vorsitzender des Altherrenverbandes Danubia München und Mitglied des Witikobundes. Gleichzeitig fungierte er als Sprecher des republikanischen Hochschulverbands und war journalistisch tätig bei den Rechtsaußenpostillen "Criticon" und "Junge Freiheit". Die in Verbindungskreisen viel gelesene Zeitschrift "Junge Freiheit" bemüht sich schon seit längerem, rechtsradikales Gedankengut salonfähig zu machen.

Reduktionistisches Frauenbild
Verbindungen sind auf das Männliche ausgerichtet: Frauen werden in den Verbindungen als "schmückendes Beiwerk" gesehen, die bei bestimmten Feiern von den Mitgliedern präsentiert werden. Die Frau, die ihre Lebensaufgabe in der Funktion als Hausfrau und Mutter sieht, wird geduldet. Frauen werden somit nicht als gleichberechtigte Partnerinnen oder gleichberechtigte Mitmenschen gesehen, sondern allein wegen ihres Geschlechts ausgeschlossen und innerhalb der Verbindungsstruktur für weniger wertvoll erachtet. Dieses Frauenbild des "Schmucks", die ansonsten innerhalb der patriarchalischen Struktur der Korporationen nichts zu suchen haben, ist äußerst reduktionistisch und mit traditionellem Aspekt behaftet.
Trinkspruch von der Homepage der Augsburger Burschenschaft Vindelicia:
"Frauen, die nicht wollen, DIE SOLL DER TEUFEL HOLEN."

Zucht und Unterordnung
Das Prinzip der Hierarchie studentischer Verbindungen läßt sich im streng hierarchisch organisierten Männerbund erkennen. Der Neuling in der Verbindung muss dabei als unterstes Glied verschiedene Pflichten und Initiationsrituale durchlaufen, um in der Gemeinschaft aufzusteigen. Dadurch wird dem neuen Mitglied vor allem aber die Unterordnung in die hierarchische Struktur und Gehorsam vermittelt.
Das Element der Unterordnung in die Gemeinschaft durchzieht das ganze Verbindungsleben, denn selbst als aktives Mitglied ist Mann den vorgegebenen Rahmenbedingungen der Alten Herren unterworfen. Die Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft endet aber nicht mit dem Studienabschluss, sondern der Verbindungsstudent wird automatisch zu einem Alten Herren, der die Verbindung finanziell mit am Leben erhält und den Aktien durch seine gesellschaftliche Position innerhalb des Berufslebens nützliche Beziehungen schafft. Dieser elitäre und exklusive Charakter der Seilschaft gilt innerhalb der Korporationen als Treueprinzip, das dazu beiträgt, den "Lebensbund" aufrecht zu halten.

Kämpfen bis zur Selbstaufgabe
Das Prinzip der Hierarchie kommt in seiner historischen Dimension auch bei Trinkritualen zum Tragen, da sie der totalen Hierarchisierung und der Ausschaltung der natürlichen Bedürfnisse dienten: Noch heute hält Mann an dem Ritual fest, wobei erwartet wird, dass Mann solange wie nur irgendmöglich mittrinkt. Das soll der Integration die Gemeinschaft, sowie der Unterordnung eigener Bedürfnisse dienen, weil die "natürliche" Grenze überschritten werden muss, um Standfestigkeit zu beweisen und in der Runde anerkannt zu werden.
Bei einem weiteren Strukturmerkmal, dem Mensurfechten, geht es auch wieder darum, Schlägen und militaristischem Kampf ohne Angst vor Schmerzen entgegen zu sehen und zu ertragen. Diese Art des Kampfes kennt keine Sieger im sportlichen Sinne, sondern nur die Ideologie der Dominanz über die Schwäche des Anderen. Der Glaube an die Überlegenheit des Stärkerern und der Kampf bis zur Selbstaufgae werden als Ideale des Männlichen dargestellt. Der Fechtkampf dient neben dieser militaristischen Art der Persönlichkeitsbildung aber auch als "erzieherische" Maßnahme, um männliche Härte, Bruderschaft und eine enge Verbindung zur Gemeinschaft herauszubilden.

DiskuTANTEN

Abriss, Verständnis und Inhalt der außerparlamentarischen Hochschulbewegung nach einem Semester

Die Geschichte und definitiv nicht nur die deutsche zeigt an vielfältigen Beispielen, dass gesellschaftliche Veränderungsprozesse/Bewegungen/Fortschritte immer von Studenten mit getragen, oder initiiert wurden.

Dieses Bewusstsein, das durch die Institution der Universität, als einer inspirierenden Ausbildungsstätte künftiger Entscheidungsträger, früher stimuliert wurde, ist unserer Generation leider abhanden gekommen.

Der schwindenden Tradition folgend, fühlen wir uns immer noch angesprochen Verantwortung zu übernehmen und für alle nachfolgenden Generationen das scheinbar unmögliche zu fordern; dass der Zugang zu einem Hochschulstudium für alle gleich bleibt: KOSTENLOS!!!

Wir können an Hand von Film- und Printmaterial nur vermuten, was Generationen von Studierenden vor uns an freiwilliger Basisarbeit in der politischen Debatte geleistet haben, weshalb wir unser Engagement im Kampf gegen Studiengebühren und allen negativen Begleiterscheinungen davon, sowie fatalen Voraussetzungen dafür, nur als selbstverständlichen Beitrag in einer langen Reihe von tatsächlichem Studentendasein ansehen.

Student sein bedeutet für uns mehr, als nur Konsum, Präsentation und Reproduktion von zielvereinbarten Exzellenzinitiativen. Mehr, als nur Kosten-Nutzen-orientiertes Lebenslaufmarketing in fremdbestimmten Rahmenbedingungen. Mehr, als nur taub und blind in totaler Konkurrenz Prüfungsordnungen zu erfüllen, ohne zu fragen was mit den Menschen rechts und links passiert. Mehr, als den Zeitgeist zu kopieren, der scheinbar immer recht hat, weil er den Segen der Anerkennung durch die Massen besitzt...

Student sein heißt für uns vielmehr aktive Partizipation an einer solidarischen Idee des humboldtschen Bildungsgedankens – autonome Individuen, Weltbürger, akademische Freiheit!

Student sein bedeutet für uns Teilnahme an der Universität als solcher, in der alle Disziplinen im gleichwertigen Diskurs respektvoll aufeinander treffen.

Studieren heisst für uns in die Dialektik des akademischen Wissensfindungsprozesses einzusteigen, sich die Frage stellen, wo kommt die Bildung die ich mir aneignen soll her, was ist sie übertragen wert und was kann ich mit ihr anfangen? Bildung muss interaktiv betrieben werden!

Studieren bedeutet für uns, sich mit den theoretischen Inhalten zu identifizieren, diese zu analysieren, sich im kritischen Dialog mit anderen Menschen darüber auseinander zu setzen und sie auf die gegebenen formalen Voraussetzungen hin strukturell zu hinterfragen.

Dieses Verständnis von Studium kann nur als ein politisches betrachtet werden, da in der Reflexion ganz klar der gesellschaftliche beziehungsweise historische Kontext, in dem sich das Ganze vollzieht, mit abstrahiert wird.

Studieren heißt also politisch werden –

Wir streitbaren Geister vom Aktionsbündnis für freie Bildung haben uns die ersten Sporen einer tatsächlichen politischen Konversation hart erkämpft; in einer, was die politische Kultur anbelangt umweltfeindlichen, weil unerfahrenen Umgebung der jungen Universität Augsburg im oppositionsscheuen Bayern.

Unsere Botschaft ist einfach sowie mehrheitsfähig:

Die Verschärfung klassenfördernder Gesetze in Form von Studiengebühren müssen wieder abgeschafft und die hundertprozentige Vollfinanzierung der Hochschulen durch den Staat wieder hergestellt werden!

Freitag, 26. Oktober 2007

Das Lebenselixier der Utopien

Nach der Lektüre der letzten Presstige und der darin wiedergegebenen Meinung über den Boykott und den Protest gegen die Studiengebühren, drängt sich einem die Frage auf, ob sich heutzutage wirklich lächerlich macht, wer sich kritisch mit den res publica, den Angelegenheiten des öffentlichen Lebens auseinandersetzt, und sich am Prozess der Meinungsbildung beteiligt.

Studentisches Engagement, welches vom derzeitigen epochalen Umbruch an den Universitäten berührt wird, und welches sich deshalb um Mitsprache und Mitgestaltung bemüht, ist nicht nur löblich, weil es uneigennützig geschieht, sondern es ist zugleich auch notwendig. Wer etwas verändern möchte muss das Jammern hinter sich lassen:

„Politik ist ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Es ist ja durchaus richtig, und alle Erfahrung bestätigt es, dass man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre.“ Damit verleiht Max Weber der Gesellschaftsutopie eine neue Bedeutung. Utopie heißt zwar im Griechischen Nirgend-Ort, aber nicht Nirgend-wann. Nirgend-Ort deshalb, weil es keinen solchen Platz auf der Welt gibt – aber doch nur momentan noch nicht.

Der Blick in das Geschichtsbuch zeigt beispielshalber: Die Sozialversicherungen, 1883 dem Kaiser abgerungen! Oder der Achtstundenarbeitstag, 1918 im Stinnes-Legien-Abkommen vereinbart, in einer Zeit des großen Umbruchs! Beide waren nur deshalb möglich, weil in den Köpfen der Menschen Platz für diese „Utopien“ war. Aber an eine Utopie zu glauben, setzt bereits Glauben voraus – und das ist mehr als eine optimistische Attitüde; denn oft gibt sich als optimistisch aus, was in Wahrheit mehr gleichgültig ist:

Wer sagt, „ich bin optimistisch, dass zukünftige Studenten schon einen Weg finden werden, zu studieren“, der distanziert sich selbst von den Problemen, ohne Handlungsbedarf zu sehen, solange das eigene Interesse, sprich: das eigene Studium nicht gefährdet ist. Wer aber sagt, „ich glaube, dass Studiengebühren und die Ökonomisierung von Bildungseinrichtungen erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, und ich glaube, dass die aufgeklaffte soziale Schere sich wieder schließen muss, für eine gerechtere Gesellschaft“, der drückt damit mehr Selbstbetroffenheit und auch mehr Willen zur Veränderung aus als jener.

Vor allem ist aber „Leidenschaft“ zum Bohren von solch „harten Bretter“ erforderlich, wie M. Weber bereits anmerkte.

Dass Universitäts-Präsident Bottke jedoch ganz im Gegenteil vollkommen „leidenschaftslos“ in Bezug auf die Höhe der Studiengebühren ist, wie er selbst von sich sagte, zeigt seine eingeschränkte Empathie mit den Studierenden, über welchen er steht. Dass die Frage nach den 300€ oder 500€ als Höhe der Studiengebühren im Universitäts-Senat gar nicht einmal diskutiert wurde, obwohl es diese Möglichkeit gibt, beweist doch traurigerweise, dass uns der Glaube an Utopien heute schwerer fällt denn je.

Doch wie anders könnten wir den Herausforderungen unserer Zeit sonst begegnen? Wie könnten wir uns jeden Abend zu Bette legen, ohne zu glauben, dass Morgen ein neuer Tag anbreche, der im Heute noch keinen Platz hat – noch eine Utopie ist!

Polizeipräsident lag daneben: kein Hausfriedensbruch an der FH

Mit unverhältnismäßiger Gewalt ist die Polizei gegen Studierende vorgangen, die den Besuch des Wissenschaftsministers Goppel anlässlich der Eröffnung der FH genutzt hatten, um gegen Studiengebühren zu protestieren.
Dabei wurde auch ein FH-Student mit der Polizeigewalt konfrontiert, der mit der Aktion gar nichts zu tun hatte und nur zur falschen Zeit am falschen Ort war.
In der Folge hat der Polizeipräsident behauptet, dass es sich bei der Aktion um Hausfriedensbruch gehandelt habe. Hausfriedensbruch wird aber nur verfolgt, wenn er zur Anzeige gebracht wird.
Davon haben der FH-Präsident Hans-E. Schurk und die FH-Kanzlerin Dörfler jedoch nun endgültig und offiziell Abstand genommen. Jetzt darf sich die Polizei eine neue Begründung für ihr rabiates Vorgehen einfallen lassen.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Wiedervorlage

Magnus Wirth, der neue hochschulpolitische Referent des AStA wird in »Campus«, einer Beilage der Augsburger Allgemeinen Zeitung zum Semesterbeginn wie folgt zitiert: »Außerdem achten wir darauf, dass die Gebühren auch tatsächlich zur Verbesserung der Lehre und nicht bespielsweise für neues Büromaterial eingesetzt werden.« Da bleibt einiges zu tun, im Sommersemester 2007 wurden zum Beispiel aus Studiengebühren bezahlt:

Bis zu 25% der Gebühren kommen gar nicht bei den Studierenden in Form eines zusätzlichen Lehr- und Lernangebots an. Wenn schon Studierende in den Gremien zur Mittelverwendung sitzen, müssen die hier sehr genau aufpassen. Auf den Missbrauch von Studiengebühren hat neulich auch das ZDF-Magzin Frontal 21 hingewiesen. (zum Beitrag)
Besser ist des natürlich, Studiengebühren ganz abzuschaffen. Darum ist es auch erfreulich, wenn der ehemalige hochschulpolitische Referent Matthias Strobel ankündigt, wieder gemeinsam mit CONTRA etwas gegen die Studiengebühren zu tun.

Montag, 22. Oktober 2007

Studiengebühren verstoßen gegen UN-Sozialpakt

Studentischer Dachverband und Bildungsgewerkschaft gehen vor den Vereinten Nationen gegen Studiengebühren vor – Widerspruch zu Urteil des OVG Münster
Berlin - Die Einführung von Studiengebühren in Deutschland verletzt das durch den Internationalen Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) gewährleistete Recht auf Bildung. Das ist das Ergebnis eines Berichts des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an die Vereinten Nationen (UN), den beide Organisationen heute in Berlin vorgestellt haben. Entgegen dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster bleiben fzs und GEW bei ihrer Auffassung, dass der von der Bundesrepublik ratifizierte UN-Sozialpakt in Deutschland rechtsverbindlich ist.

In ihrem Bericht zeigen der studentische Dachverband fzs und die GEW auf, welche Auswirkungen allgemeine Studiengebühren haben, die bereits in sieben Bundesländern eingeführt worden sin. „Der Hochschulzugang ist in Deutschland schon heute in besonderem Maße von der sozialen Herkunft abhängig. Studiengebühren verstärken die soziale Auslese und halten viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger vom Studium ab. Wir brauchen endlich eine soziale Öffnung der Hochschulen“, erklärte Andreas Keller, im Vorstand der GEW für Hochschule und Forschung verantwortlich. „Die Möglichkeit der Kreditfinanzierung verringert die soziale Selektion durch die Gebühren nicht – die Aussicht auf einen immer größer werdenden Schuldenberg schreckt insbesondere junge Menschen aus Familien mit geringem Einkommen und aus Nicht-Akademikerhaushalten vom Studium ab“, warnte Keller.

Die Bundesrepublik war bereits im Zusammenhang mit der Einführung von Verwaltungsgebühren von dem für die Überwachung des UN-Sozialpakts zuständigen UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte gemahnt worden, keine zusätzlichen Gebühren einzuführen. Bis zum Sommer 2006 sollte die Bundesregierung dem UN-Ausschuss über den Stand der Umsetzung des UN-Sozialpakts berichten. fzs und GEW kritisieren, dass die Bundesregierung diesen Staatenbericht bis heute nicht vorgelegt hat.

fzs und GEW gehen davon aus, dass sich sowohl Bund und Länder als auch die Rechtsprechung im Falle einer Rüge durch die UN nicht länger über die Verbindlichkeit des im UN-Sozialpakt verankerten Rechts auf Studiengebührenfreiheit hinweg setzen könnten.

Mehr dazu auch in den nachdenkseiten.de.

Montag, 15. Oktober 2007

Damit Privates privat bleibt

Arthur und Anna sind frisch verliebt. Ihre E-Mails gehen niemanden etwas an, schon gar nicht Bundesinnenminister Schäuble und der Stasi 2.0. Um ihre Privatsphäre zu schützen, verwenden die beiden das freie E-Mail-Programm Thunderbird und GnuPG, eine freie Version des berühmten Verschlüsselungsprogramms PGP (Pretty Good Privacy). Die Verbindung zwischen den Programmen stellt Enigmail her, eine Erweiterung für den Thunderbird.

Wenn Arthur nun an Anna eine geheime E-Mail schicken will, dann wird seine Nachricht mit Annas öffentlichem Schlüssel verschlüsselt. Wenn sie bei Anna ankommt, macht sie die Nachricht mit ihrem geheimen Schlüssel lesbar. Damit ist die Nachricht unlesbar von dem Moment, in dem Arthur auf senden klickt, bis Anna sie auf ihrem Rechner entschlüsselt. Die beiden haben die verwendete Software so eingestellt, dass nur eine zusätzliche Passworteingabe notwendig ist, um sicher zu kommunizieren. Das ist es ihnen wert.

Die beiden sind einer Anleitung des RRZE.de (Uni Erlangen-Nürnberg) gefolgt und hatten bei der Installation keine Probleme: Zunächst haben sie Thunderbird installiert, dann GnuPG und schließlich die Enigmail. Bei der ersten Anwendung hat ihnen ein Assistent dabei geholfen, ein Schlüsselpaar, also öffentlichen und geheimen Schlüssel, zu erzeugen.

Wenn Arthur an Anna jetzt eine E-Mail schickt, dann verschlüsselt er die Nachricht zusätzlich mit seinem öffentlichen Schlüssel. Damit ist die E-Mail auch in seinem Gesendet-Ordner nur für ihn lesbar und vor neugierigen Augen gesichert. Zusätzlich wird unter Anwendung seines geheimen Schlüssels eine elektronische Unterschrift berechnet. Wenn Anna die E-Mail liest kann sie sehen, ob die Nachricht unterwegs verändert wurde und ob sie tatsächlich von ihrem Liebling kommt. Dazu verwendet ihr Rechner Arthurs öffentlichen Schlüssel und Anna ist sicher, dass sich niemand in die Kommunikation mit ihrem Geliebten eingeschaltet hat.

Weil Anna viel unterwegs ist, hat sie sich bei portableapps.com die ganze E-Mail-Software auf ihren USB-Stick geholt. So kann sie auch unterwegs mit Arthur sicher in Kontakt bleiben, auch wenn auf dem Rechner, an dem sie gerade sitzt, die benötigte Software nicht installiert wurde.

Als nächstes planen die beiden, ihre Festplatten gegen den Bundestrojaner und neugierige WG-MitbewohnerInnenn zu sichern. Dafür wollen sie Truecrypt verwenden. Privatheit ist ja schließlich kein Verbrechen, sind sie sich einig.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Editorial vom 1. Gegendruck

Liebe Kommilitoninnen, liebe Kommilitonen,
dies ist die Geburtsstunde von Gegendruck, des Flugblatts der Protestbewegung Contra - für freie Bildung. Gegendruck ist der konzentrierte Widerhall in Druckform aus uni-a.blogspot.com, dem Blog, der mit seismographischer Sensibilität Beobachtungen und Veränderungen an der Universität feststellen mag, welche eine kritische Beäugung verdienen.

Darunter fällt zum einen das Lohndumping. Den aus Studiengebühren entstandenen Lehraufträgen liegen dabei schlechtere Arbeitskonditionen zu Grunde, als vergleichbaren Lehrstellen. Ist Geiz wirklich geil?

Nach der geflissentlichen Analyse erster „transparenter“ Darstellungen der Universität, wofür die Studiengebühren en détail verwendet wurden, drängt sich ein Befund auf: Die Universität steckt im Goldrausch - als der Goldesel plötzlich da war, wusste man anscheinend an mehreren Fakultäten erst nicht genau, wohin eigentlich damit.

Dass die hiesige Studierendenschaft sehr wohl eine kritische Meinung gegenüber Studiengebühren hat, bewies die massive Demonstration im vergangenen Semester zweifelsfrei. Das sollte uns alle – keinesfalls nur Contra - darin bestärken, weiterhin die Entwicklungen kritisch zu verfolgen, zu diskutieren und zu handeln – gewissenhaft!

Dies sei die Geburtsstunde von Gegendruck.

Gegendruck lernt seine Umwelt kennen...

Kurz nach der Geburtsstunde des Gegendrucks, der ersten Print-Version des CONTRA-Blogs, fand heute die Verteilakion an der etwas abgelegenen Uni/FH Schillstraße und am Bayernkolleg statt. Der Gegendruck stieß dabei auf freudige AbnehmerInnen und interessierte LeserInnen.

Donnerstag, 27. September 2007

Was bin ich?

Die Gäste bei Robert Lembke hatten es gut: Sie durften eine Geste vorführen, die das Rateteam auf die Spur zum meist seltenen Beruf des Gastes bringen sollte. Selbst eine Hausfrau – deren »Beruf« nach Lembkes Meinung nicht von Männern ausgeführt werden könne – find ihren Weg in die Sendung. In unserer manchmal als postmodern bezeichneten Zeit könnte man auf die Idee kommen, dass die Reduktion eines Menschen auf seine berufliche Tätigkeit kritikwürdig ist.

Mit der Einführung von Studiengebühren fällt die Universität jetzt lange vor die Moderne zurück: Die Idee, »Studienbedingungsverbessernde Ressourcen (!)«, die aus Studiengebühren finanziert wurden, auch im Internet entsprechend zu kennzeichnen, macht auch vor den neu eingestellten MitarbeiterInnen nicht halt. Auf den Seiten von einigen DozentInnen findet sich das Logo mit dem Schriftzug »Ich bin Dein Studienbeitrag«, das sie zum Humankapital der besonderen Art degradiert.

Was bedeutet diese »Auszeichnung« eigentlich? Darf ein Student von solchen DozentInnen mehr erwarten, weil er sie ja bezahlt hat? Sind auch gute Noten käuflich? Einiges spricht dafür, dass die neuen MitarbeiterInnen selbst ihre Vorbehalte gegen Studiengebühren weniger deutlich äußern. In dieser Beziehung wurden sie also schon gekauft.

Tatsächlich ist jedes einzelne online und offline angebrachte Logo ein Denkmal für den Rückzug des Freistaats aus der Finanzierung seiner Hochschulen. Das sollte auch an den Büchern und Computern stehen, die neu angeschafft wurden. Den neuen MitarbeiterInnen braucht man aber auch das nicht ansehen zu können. Sie sind kein Studienbeitrag, sondern Mitglieder einer Gemeinschaft von Forschenden und Lehrerenden – wie es sich für eine Hochschule gehört.

Montag, 24. September 2007

ABS-Vernetzungstreffen in Hamburg

Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren veranstaltete vom 21. bis 23.09.07 zusammen mit den boykottierenden Studierenden der Hochschule für bildende Künste in Hamburg ein bundesweites Vernetzungstreffen. Dieses Treffen fand im Rahmen der „Intensivwochen“ statt, welche die Studierenden der HfbK durchführten, um mit Vorträgen und Workshops unter dem Motto „offen für jeden – für jeden offen“ eine kreative und kostenlose Alternative zum anstehenden Bezahlstudium anzubieten und auf ihre prekäre Situation hinzuweisen. Zur Zeit droht 160 Studentinnen und Studenten die Exmatrikulation, sollten sie die Gebühren nicht innerhalb der ihnen gesetzten Gnadenfrist berappen.

Um uns mit ihnen zu solidarisieren und den bundesweiten Protest gegen Studiengebühren zu unterstützen, haben auch wir den langen Weg nach Hamburg an diesem Wochenende auf uns genommen.

Inhaltlich standen unter anderem die Auswertung gelaufener Boykotte, Konzepte einer freien Bildung, Perspektiven einer kritischen Hochschulpolitik und die Planung bundesweiter Aktionen auf dem Programm.

Über weitere Entwicklungen werden wir in unserem Blog informieren und wünschen den mutigen Boykotteuren Durchhaltevermögen und die nötige öffentliche Unterstützung.

Universität im Goldrausch: Von gezielter Unterfinanzierung zur Verschwendung von Studiengebühren

Die Universitätsverwaltung hat auf ihrer Homepage erstmals Rechenschaft über die Verwendung der Studiengebühren abgelegt. Die Tabellen aus der Verwaltung dokumentieren fehlende Transparenz, unwirtschaftliche Mittelverwendung, unsachgemäße Verwendung und den zunehmenden Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung für seine Hochschulen. Damit liefert die Universität selbst neue und gute Argumente gegen Studiengebühren.

Die rechnerische Qualität der Auflistung ist bescheiden: Die Universität gibt den Gebühreneingang mit circa 5 Millionen EUR an, während insgesamt Kosten in Höhe von geschätzt 6,5 Millionen EUR aufgeführt werden. Darüber hinaus wurden einige neue Lehraufträge der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen und der Philologisch-Historischen Fakultät zwar angegeben, die dazu nötigen Mittel aber schlicht nicht aufgeführt.

Die Kosten für das Lehrpersonal - das wird aus den Tabellen der Verwaltung dennoch deutlich - machen den größten Anteil an den 5 Millionen EUR aus. Die Stellenkürzungen in den vergangenen Jahren haben hier deutliche Spuren hinterlassen und Bedarf entstehen lassen, der nun gestillt werden kann. Leider sind die NachwuchswissenschaftlerInnen, die so angestellt werden können, nur Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie müssen doppelt so viele Lehrveranstaltungen durchführen als ihre KollegInnen (Vollzeitstelle: 10 Stunden pro Woche). Schlechte Arbeitsbedingungen gefährden die Qualität universitärer Lehre.

Das bayerische Hochschulgesetz verlangt, dass die Studiengebühren nur für die Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden dürfen. Das hindert die Universität jedoch nicht daran, auch Verwaltungsstellen, etwa für 66.000 EUR in der Abteilung Akademische Angelegenheiten und Rechtsangelegenheiten zu schaffen. Ein Teil der Personalmittel wird auch dafür bereitgestellt, so genannte Stellensperren zu überbrücken. Stellensperren werden verhängt, wenn Planstellen an der Universität neu besetzt werden müssen, beispielsweise, wenn ein neuer Professor verpflichtet wurde. Dann dürfen die Stellen eine Zeit lang nicht besetzt werden, um Kosten zu sparen. Da die Arbeit jedoch gemacht werden muss, werden die Personalmittel dafür anderweitig aufgebracht. Studiengebühren eignen sich hierfür offenbar hervorragend, um den bayerischen Haushalt zu entlasten.

Eine Bemerkung noch zu den geschaffenen Stellen in der Lehre: An der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät werden 24 neue Stellen in der Lehre geschaffen. Diese DozentInnen sind verpflichtet, 120 Lehrveranstaltungen in jedem Semester anzubieten. Im letzten Wintersemester haben an der Fakultät etwa 150 Veranstaltungen stattgefunden. Insgesamt wird die Anzahl der Lehrveranstaltungen damit fast verdoppelt. Das wäre ja prinzipiell erstrebenswert. Doch diese enorme Erweiterung des Lehrangebots lässt die Frage nach der nötigen Infrastruktur offen. Für 120 Lehrveranstaltungen werden bei optimaler Ausnutzung etwa 4 neue Veranstaltungsräume benötigt, die neuen MitarbeiterInnen benötigen mindestens 12 neue Büros, inklusive Ausstattung. In den anderen Fakultäten ist die Lage ähnlich. Wo dieser Platz in den Universitätsgebäuden herkommen soll ist mehr als fraglich, da die räumliche Auslastung bisher schon erhebliche Schwierigkeiten bereitet hat.

Etwa 1,5 Millionen EUR, davon muss ausgegangen werden, wurden unsachgemäß ausgegeben, d.h. sie führen nicht direkt zur Verbesserung der Studienbedingungen. Das heißt auch, dass die restlichen 4 Millionen EUR, also der Großteil, was aus den Studiengebühren finanziert wird, wichtig und sinnvoll ist. Die Infrastruktur im Bereich der Informationstechnologie, der Bibliotheken und der Hörsaalausstattung bedarf dringend der Erneuerung und Ergänzung. Das zeigt aber nicht, wie wichtig Studiengebühren sind, sondern wie der Freistaat seine Universitäten über Jahre vernachlässigt hat!

Und nun, da das Geld verteilt werden kann, bestätigten vielen Gremien an der Universität, dass es nicht immer ganz einfach war, die von den Studierenden abgepressten Gebühren überhaupt halbwegs sinnvoll auszugeben. Vielerorts ist sogar eine Goldrauschstimmung ausgebrochen – mit entsprechender Auswirkung auf die Seriosität der Berechnungen. Beispiel: Für die neue Versorgung mit drahtlosen Internetzugängen auf dem Campus werden über 200.000 EUR angesetzt. Studentische Experten gehen in einem Online-Forum davon aus, dass selbst bei großzügiger Kalkulation höchstens die Hälfte des Betrags notwendig sein müsste.

Auf der Ebene der Universität zeigt sich: Nachdem dringend notwendige Anschaffungen nun aus dem studentischen Geldbeutel finanziert wurden und für die kommenden Semester so nicht mehr notwendig sein werden, ist es dringend notwendig, die Studiengebühren in einem ersten Schritt auf 300 EUR zu senken. Dies steht in der Macht der einzelnen Universitäten. Die Hochschulleitung steht in der Pflicht, weil studentische Mittel sonst auf mehr als fragliche Weise verschleudert werden. Außerdem darf der Wissenschaftsminister als Dealer nicht erfolgreich sein, wenn es darum geht, die Universitäten anzufixen und sie langfristig von den Gebühren abhängig zu machen.

Weiter müssen die Studiengebühren ganz abgeschafft werden, um eine Hochschulfinanzierung durch den Staat zu gewährleisten. Das ist sowohl wichtig für eine sozial gerechte Gesellschaft, als auch für den Fortbestand einer lehr- und forschungsreichen Bildungslandschaft, die nicht in erster Linie nach ökonomischen, sondern nach wissenschaftlichen Zielsetzungen funktionieren muss: Wissen schaffen. In diesem Sinne fordert Contra die universitären Gremien auf, sich für eine Abschaffung der Studiengebühren einzusetzen.
(Knut und Simon)

Montag, 10. September 2007

CONTRA! fordert Besetzung des Universitätsrats mit StudiengebührengegnerInnen

Die mehrheitliche Entscheidung des Senats der Universität Augsburg, den bisherigen Hochschulratsvorsitzenden, Bankier und Stifter Kurt F. Viermetz nicht für den ab 1. Oktober neu zusammengesetzten Universitätsrat zu bestätigen, sorgte für Empörung bei der lokalen Presse und Wirtschaft sowie hochrangigen VertreterInnen aus der Politik. Am kommenden Mittwoch sollen die beiden noch vakanten Plätze in diesem an Kompetenzen reichen neuen Hochschulgremium vergeben werden. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren CONTRA! fordert die Mitglieder des Senats auf, KandidatInnen den Vorzug zu geben, die eine kritische Position gebenüber aktuellen hochschulpolitischen Entwicklungen wie der Einführung allgemeiner Studiengebühren einnehmen.


Nach neuer gesetzlicher Regelung wird der bisherige Hochschulrat ab 1.Oktober durch den Universitätsrat ersetzt. Dieser wird sich an der Universität Augsburg aus jeweils sechs internen und sechs externen stimmberechtigten Mitgliedern sowie der beratend fungierenden Genderbeauftragten zusammensetzen. Die internen Mitglieder gehen aus den Hochschulwahlen hervor. Die externen VertreterInnen werden von der Universitätsleitung dem Senat vorgeschlagen und nach erfolgter Wahl vom Wissenschaftsminister bestellt.

Am 24. Juli lehnte der Senat der Universität Augsburg mehrheitlich die bisherige Hochschulrätin Frau Ulrike Leutheusser und den bisherigen Hochschulratsvorsitzenden Herrn Kurt F. Viermetz ab. Zuvor hatte der Senat von seinem Recht auf Anhörung der KandidatInnen Gebrauch gemacht, wobei Frau Leutheusser durch Krankheit verhindert war. Die demokratische Abwahl von Herrn Viermetz sorgte für politischen Wirbel und Verdruss.

Von Wissenschaftsminister Goppel mussten sich die Senatsmitglieder belehren lassen, dass man mit dem größten Gönner der Universität »nicht so leichtfertig umgehen« könne. Theo Waigel, ehemaliger Bundesfinanzminister, äußerte Überlegungen, aus Solidarität mit Viermetz vom Vorsitz im Kuratorium der Universität zurückzutreten. Schließlich sei es unwürdig, »(e)inen Mann, der so viel investiert hat in die Universität, in der Form abzukanzeln«. Allerorten war der Tenor, dass man mit einem Mann von Viermetz' Provenienz und Engagement »so nicht umgehen« könne. Der Presse ließ sich entnehmen, die Hintergründe der Abwahl würden von Wirtschaftsvertretern als »eher politisch motiviert« vermutet.

Warum die Entscheidung des Senats jedoch nicht auch politisch motiviert sein darf, wurde nirgends erklärt. Angesichts der deutlich erweiterten Kompetenzen des künftigen Universitätsrats stellt sich vielmehr die Frage, wie eine derartige Wahl NICHT politisch motiviert sein sollte. Der künftige Universitätsrat wird eines der höchsten Gremien der Universität darstellen und entscheidend an ihrem Profil mitwirken. Beschlüsse wie die über die Einrichtung oder Einstellung von Studiengängen, die künftig in der Kompetenz des Universitätsrates stehen werden, waren und sind stets auch politische Entscheidungen.

Was den Senatsmitgliedern vorgeworfen wird, ist deshalb tatsächlich nicht, DASS sie eine politische Entscheidung über die Zukunft der Universität getroffen haben, sondern WIE ihre Entscheidung ausfiel. Aus welchen Gründen die einzelnen Senatorinnen und Senatoren die Kandidatur von Herrn Viermetz abgelehnt haben, obliegt ihnen selbst. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren CONTRA! begrüßt jedoch diese Entscheidung. Herr Viermetz hatte am Tag der Universität am 5. Juli anlässlich des von seiner Stiftung verliehenen Wissenschaftspreises deutlich gemacht, wie seine Vorstellungen eines blühenden Hochschulbetriebes aussehen: Zunehmender Wettbewerb und Konkurrenz sorgen dafür, dass die Besten und ihre Ideen sich durchsetzen, wohlhabende Gönner wie er selbst fördern den leistungsfähigen Nachwuchs und soziale Gerechtigkeit stellt sich damit von selbst ein. Die hohe soziale Selektivität des deutschen Schulwesens, die in zahlreichen Studien eindrücklich nachgewiesen ist, scheint Herrn Viermetz unbekannt. Auch der Gedanke, steigende Konkurrenz auf jeder Ebene des universitären Betriebes führe zu einer Verbesserung der Leistungen wirkt bestenfalls naiv.

Das Aktionsbündnis CONTRA! fordert die Senatsmitglieder auf, bei der Nachwahl zum neuen Universitätsrat KandidatInnen den Vorzug zu geben, die für eine fachliche und kritische Sicht auf die derzeitigen Umgestaltungsprozesse der Hochschullandschaft stehen. Von Mitgliedern eines der höchsten universitären Gremien ist zu erwarten, dass sie aktuelle Entwicklungen wie Elitestudiengänge, die Einführung von Studiengebühren oder die zunehmend von Universitäten geforderte Drittmitteleinwerbung kritisch auf ihre mittel- und längerfristigen Folgen für die Freiheit und Qualität von Forschung und Lehre untersuchen und entsprechende Konsequenzen ziehen. Auch auf die Gefahr hin, sich in bestimmten Kreisen politisch unbeliebt zu machen.

Donnerstag, 30. August 2007

Roland Koch wird seinem Ruf als rechts-konservativen Populisten wieder einmal gerecht.

Wie mensch dem heutigen Spiegelartikel »Koch warnt vor Homo-Kult« entnehmen konnte, hat Roland Koch für die Schärfung seines konservativen Profils, hinsichtlich der bald anstehenden Landtagswahl in Hessen nicht verwunderlich, sich wiedermals reaktionären Vorurteilen bedient. Diesesmal sind sie zur Abwechlung homophob und nicht rassistisch konnotiert.
Durch seine ausgesprochene Warnung, dass um Homosexualität keinen Kult entstehen dürfe, bedient Koch das meist verbreiteste Ressentiment, dass es gegenüber Homosexuellen gibt. Seinem kurzen Ausspruch wohnt eine große Suggestivkraft inne. Sie zielt auf die Theorie ab, wonach Homosexualität nichts anderes ist, als ein sozial abweichendes Verhalten, dessen sich der Mensch bewusst »schuldig« macht.
Wenn er davon spricht, dass ein Kult daraus gemacht werden kann, so weist dies auf eine unnatürliche Sache hin, die künstlicherweise hochstilisert wird und eben keine selbstverständlichs Sache ist, die keines weiteren Kommentars bedürfte.
Homosexualität also als eine Modeerscheinung, die behilflich ist, um sich im provokanter Weise von anderen Menschen abzugrenzen.
Dieses Erklärungsmuster herrscht auch bei Rechtsextermisten vor, die dies gemein hin als »volkschädlich« bezeichnen.
Angesicht der rassistischen, nationalistischen und homophoben Äußerungen von etablieren Politikern, ist es weit weniger verwunderlich, warum ein deutscher Mob jagt auf Minderheiten macht. Diese Äußerungen dürfen ermutigend und besträrkend auf diese Leute gewirkt haben. Mensch erinnere sich nur an den Rüttgers Spuch »Kinder statt Inder«. Ausgrenzung und Hass fängt in den Köpfen und in der Mitter der Gesellschaft an.
Lasst uns zusammen den rechten Konsens brechen. Für ein selbstbestimmtes Leben ohne jedwegen Chauvinismus.

Mittwoch, 29. August 2007

Drittmittelforschung für MLP

Gestern gab es was zu feiern an der Universität: 5 Jahre »Kernkompetenzzentrum IT & Finanzdienstleistungen«. Ein Minister war da und der Noch-nicht-Präsident Noch-Rektor Bottke freute sich laut Augsburger Allgemeine (vom 29.08.2007) wie ein Schneekönig über »den Edelstein in der Krone der Uni«. Der Laden muss die Menschheit ja mächtig voranbringen. Dass gerade die Zusammenarbeit mit MLP Glanz bringen soll - so zitiert die Zeitung Bottke - lässt einen schon wieder skeptisch werden. MLP hat ja bisweilen schlechte Schlagzeilen und bringt es mindestens auf ein sehr aktives Watchblog. (Sicherheitshalber kein Link, aber eine Google-Suche hilft weiter.)
Zurück nach Augsburg: Was haben die eigentlich für Kompetenzen in dem gefeierten Zentrum? Sie entwickeln für Finanzdienstleister zum Beispiel IT-gestützte individualisierte Altersvorsorgeberatung. Diese Beratungswerkzeuge sind dann erfolgreich, wenn möglichst viel MLP-»Berater« das Spielzeug einsetzen und damit viele Abschlüsse tätigen. (Eberhard/Zimmermann 2007: 22) Im Klartext heißt das: Im Rahmen universitäter Forschung soll nicht die Menschheit vorangebracht werden, sondern die Profite und Aktionenkurse von MLP sollen glänzen und die Alterversorgung des »gehobene(n) Kundensegment(s)« (Eberhard/Zimmermann 2007: 10) abgesichert werden.
Man kümmert sich also um »eine Operationalisierung für den von Politik und Wirtschaft gegenwärtig stark propagierten Bereich der privaten Altersvorsorge« (Eberhard/Zimmermann 2007: 2). Wie es zu solchen Entwicklungen kommt*, ob sie gesellschaftlich wünschenswert sind und was das weniger gehobene Kundensegment davon hat, wird nicht thematisiert.
Schon ein Blick auf den Ausgangspunkt der Beratungen lässt einem übrigens den kalten Schauer über den Rücken laufen:Hier wird die Versorgungslücke, die Differenz zwischen erwarteter Alterversorgung und gewünschter Altersversorgung, im grafischen Benutzerinterface angezeigt. (Abbildung aus Eberhard/Zimmermann 2007: 21) Diese nur vorgeblich intuitive Grafik ist meistens der Ausgangspunkt für das Verkaufsgespräch, wie man es sich so auch im »Kernkompetenzzentrum« vorstellt. Zur Berechnung der Lücke muss der Kunde Inflationsrate und Todeszeitpunkt angeben. Für MLP besonders praktisch: Je länger der Kunde leben will, desto höher wird die Versorgungslücke und damit der Sparbetrag ausfallen. Auch die Inflationsrate in den nächsten 62 Jahren bis zum Tod ist natürlich absolut ungewiss, eine Überschätzung führt zu einem übermäßig hohen Sparbetrag, eine Unterschätzung zu einer zu niedrigen Alterversorgung – schon hier tritt die Unzulänglichkeit kapitalgedeckter Altervorsorge mehr als deutlich zu Tage.
Wenn die Grundlage für eine Empfehlung zur Alterversorgung aber zwei unbekannte Parameter sind, dann wird die ganze Beratung eher zum Voodoo-Zauber als zum wissenschaftlich fundierten Ratschlag. Sicher ist nur, dass MLP als Gewinner übrig bleibt. Deren Drittmittel sind deswegen an der Universität Augsburg auch gut angelegt. Warum allerdings solche Forschungen eine Universität schmücken sollen ist eine Frage, deren Antwort der Rektor schuldig bleibt.
* vgl. etwa: Christian Marschallek, 2007: Die »schlichte Notwendigkeit« privater Altersvorsorge: Zur Wissenssoziologie der deutschen Rentenpolitik. In: Zeitschrift für Soziologie 33 (Aug. 2004), 285–302 (Volltext im Uninetz)

 
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