Donnerstag, 30. August 2007

Roland Koch wird seinem Ruf als rechts-konservativen Populisten wieder einmal gerecht.

Wie mensch dem heutigen Spiegelartikel »Koch warnt vor Homo-Kult« entnehmen konnte, hat Roland Koch für die Schärfung seines konservativen Profils, hinsichtlich der bald anstehenden Landtagswahl in Hessen nicht verwunderlich, sich wiedermals reaktionären Vorurteilen bedient. Diesesmal sind sie zur Abwechlung homophob und nicht rassistisch konnotiert.
Durch seine ausgesprochene Warnung, dass um Homosexualität keinen Kult entstehen dürfe, bedient Koch das meist verbreiteste Ressentiment, dass es gegenüber Homosexuellen gibt. Seinem kurzen Ausspruch wohnt eine große Suggestivkraft inne. Sie zielt auf die Theorie ab, wonach Homosexualität nichts anderes ist, als ein sozial abweichendes Verhalten, dessen sich der Mensch bewusst »schuldig« macht.
Wenn er davon spricht, dass ein Kult daraus gemacht werden kann, so weist dies auf eine unnatürliche Sache hin, die künstlicherweise hochstilisert wird und eben keine selbstverständlichs Sache ist, die keines weiteren Kommentars bedürfte.
Homosexualität also als eine Modeerscheinung, die behilflich ist, um sich im provokanter Weise von anderen Menschen abzugrenzen.
Dieses Erklärungsmuster herrscht auch bei Rechtsextermisten vor, die dies gemein hin als »volkschädlich« bezeichnen.
Angesicht der rassistischen, nationalistischen und homophoben Äußerungen von etablieren Politikern, ist es weit weniger verwunderlich, warum ein deutscher Mob jagt auf Minderheiten macht. Diese Äußerungen dürfen ermutigend und besträrkend auf diese Leute gewirkt haben. Mensch erinnere sich nur an den Rüttgers Spuch »Kinder statt Inder«. Ausgrenzung und Hass fängt in den Köpfen und in der Mitter der Gesellschaft an.
Lasst uns zusammen den rechten Konsens brechen. Für ein selbstbestimmtes Leben ohne jedwegen Chauvinismus.

Mittwoch, 29. August 2007

Drittmittelforschung für MLP

Gestern gab es was zu feiern an der Universität: 5 Jahre »Kernkompetenzzentrum IT & Finanzdienstleistungen«. Ein Minister war da und der Noch-nicht-Präsident Noch-Rektor Bottke freute sich laut Augsburger Allgemeine (vom 29.08.2007) wie ein Schneekönig über »den Edelstein in der Krone der Uni«. Der Laden muss die Menschheit ja mächtig voranbringen. Dass gerade die Zusammenarbeit mit MLP Glanz bringen soll - so zitiert die Zeitung Bottke - lässt einen schon wieder skeptisch werden. MLP hat ja bisweilen schlechte Schlagzeilen und bringt es mindestens auf ein sehr aktives Watchblog. (Sicherheitshalber kein Link, aber eine Google-Suche hilft weiter.)
Zurück nach Augsburg: Was haben die eigentlich für Kompetenzen in dem gefeierten Zentrum? Sie entwickeln für Finanzdienstleister zum Beispiel IT-gestützte individualisierte Altersvorsorgeberatung. Diese Beratungswerkzeuge sind dann erfolgreich, wenn möglichst viel MLP-»Berater« das Spielzeug einsetzen und damit viele Abschlüsse tätigen. (Eberhard/Zimmermann 2007: 22) Im Klartext heißt das: Im Rahmen universitäter Forschung soll nicht die Menschheit vorangebracht werden, sondern die Profite und Aktionenkurse von MLP sollen glänzen und die Alterversorgung des »gehobene(n) Kundensegment(s)« (Eberhard/Zimmermann 2007: 10) abgesichert werden.
Man kümmert sich also um »eine Operationalisierung für den von Politik und Wirtschaft gegenwärtig stark propagierten Bereich der privaten Altersvorsorge« (Eberhard/Zimmermann 2007: 2). Wie es zu solchen Entwicklungen kommt*, ob sie gesellschaftlich wünschenswert sind und was das weniger gehobene Kundensegment davon hat, wird nicht thematisiert.
Schon ein Blick auf den Ausgangspunkt der Beratungen lässt einem übrigens den kalten Schauer über den Rücken laufen:Hier wird die Versorgungslücke, die Differenz zwischen erwarteter Alterversorgung und gewünschter Altersversorgung, im grafischen Benutzerinterface angezeigt. (Abbildung aus Eberhard/Zimmermann 2007: 21) Diese nur vorgeblich intuitive Grafik ist meistens der Ausgangspunkt für das Verkaufsgespräch, wie man es sich so auch im »Kernkompetenzzentrum« vorstellt. Zur Berechnung der Lücke muss der Kunde Inflationsrate und Todeszeitpunkt angeben. Für MLP besonders praktisch: Je länger der Kunde leben will, desto höher wird die Versorgungslücke und damit der Sparbetrag ausfallen. Auch die Inflationsrate in den nächsten 62 Jahren bis zum Tod ist natürlich absolut ungewiss, eine Überschätzung führt zu einem übermäßig hohen Sparbetrag, eine Unterschätzung zu einer zu niedrigen Alterversorgung – schon hier tritt die Unzulänglichkeit kapitalgedeckter Altervorsorge mehr als deutlich zu Tage.
Wenn die Grundlage für eine Empfehlung zur Alterversorgung aber zwei unbekannte Parameter sind, dann wird die ganze Beratung eher zum Voodoo-Zauber als zum wissenschaftlich fundierten Ratschlag. Sicher ist nur, dass MLP als Gewinner übrig bleibt. Deren Drittmittel sind deswegen an der Universität Augsburg auch gut angelegt. Warum allerdings solche Forschungen eine Universität schmücken sollen ist eine Frage, deren Antwort der Rektor schuldig bleibt.
* vgl. etwa: Christian Marschallek, 2007: Die »schlichte Notwendigkeit« privater Altersvorsorge: Zur Wissenssoziologie der deutschen Rentenpolitik. In: Zeitschrift für Soziologie 33 (Aug. 2004), 285–302 (Volltext im Uninetz)

Dienstag, 28. August 2007

Marburger Studierende zu Bewährungsstrafen verurteilt

Wegen Nötigung und Freiheitsberaubung verurteilte der Marburger Richter Jürgen Peter Taszis am 27. August drei Studierende zu Haftstrafen zwischen vier und sechs Monaten auf Bewährung, sowie 200 Arbeitsstunden bei der Straßenmeisterei. Die drei waren im Mai 2006 an der Blockade einer Stadtautobahn beteiligt. Nach der 11-stündigen Verhandlung ging Taszis weit über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß hinaus, die Geldstrafen wegen Nötigung von 70-120 Tagessätzen à 15 Euro forderte.

Zahlreiche Studierende leisteten den Angeklagten im Gerichtsaal Beistand. Taszis bezeichnete die Zuschauer als „einfach strukturierte Menschen“, was beinahe einen Tumult auslöste. Das harte Urteil begründete er damit, dass eine Vielzahl an Autofahrern zu Schaden gekommen war. So sei beispielsweise nicht auszuschließen, dass "ein braver Handwerker durch die Straßensperrung einen vorher gebuchten Billigflug nach Mallorca verpasst" habe. Eher wollte er wohl ein Exempel statuieren und einschüchtern. Der Angeklagte Max Fuhrmann glaubt nicht an ein unbefangenes Urteil: "Unsere Teilnahme am Verfahren war eigentlich irrelevant. Das Ergebnis stand schon vorher fest. Wir werden deshalb Rechtsmittel einlegen."

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_32861700

http://www.asta-marburg.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=27&page_id=1400

http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/393014

Donnerstag, 23. August 2007

Österreich zum CHE: »Du bist raus!«

Hochschulrankings sind eine schlimme Sache, sie haben den Studiengebühren den Weg geebnet. Der bekannteste Anbieter dieser pseudowissenschaftlichen Evaluationen ist in Deutschland des CHE, das von der Bertelsmannstiftung (RTL etc.) finanziert wird. Nach der Schweiz hat jetzt auch Österreich dem Laden den Rücken gekehrt.
(gefunden via nachdenkseiten.de auf derstandart.at)

Dienstag, 14. August 2007

„Menschen sterben und ihr schweigt, Scheiben klirren und ihr schreit.“

Heiligendamm. Praktisch alle Zeitungen beschäftigten sich während des G8-Gipfels mit dem Schwarzen Block und der Gewaltbereitschaft der Linksradikalen. Fast alle empörten sich maßlos darüber. Die Ablehnung von Gewalt ist eine Sache, die Ablehnung derer, die Gewalt als politisches Mittel ansehen, eine andere. Die zahlreichen Gruppierungen, die Teil der Großdemonstration waren, hatten den Konsens, auf Gewalt zu verzichten. Dass das gebrochen wurde, ist schlimm. Schlimm ist aber auch, dass die Ursachen der Gewalt nicht hinterfragt wurden. Ist in Deutschland alles Friede, Freude, Eierkuchen? In Frankreich brennen jede Nacht einige Autos. Dort mögen die sozialen Spannungen größer sein. Aber vielleicht zeigt ein brennendes Auto in Deutschland auch endlich einmal, dass das Desinteresse der Politik an den Menschen und die Unmöglichkeit, sich politisch zu partizipieren ohne im gleichgeschalteten Politikergerede zu enden, zu extremen Reaktionen führen kann. Abgesehen davon, dass Autonome Steine geworfen haben, stellt sich noch die Frage, wer das provoziert hat. Die Vermutung liegt nahe, dass Beamte in Zivil anfingen Randale zu machen. Das klingt nach einer Verschwörungstheorie. Doch die Aufdeckung eines „Zivis“ während den Blockadezügen rund um Heiligendamm, der die Leute zum Steine werfen aufforderte, lässt vermuten, dass das nicht der einzige Fall war. Und etwas Besseres konnte Wolfgang Schäuble nun wirklich nicht passieren. Das rechtfertigte alle seine repressiven Maßnahmen, die ihm im Vorfeld der G8-Proteste viel Kritik einbrachten.

Zwar nicht in den Medien, so gab es doch Möglichkeit sich in der Rostocker Innenstadt mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Der Alternativgipfel fand vom 5.-7. Juni statt. An über 130 Workshops und Podiumsdiskussionen zu Themen wie globale Gerechtigkeit, Umwelt, Klima & Energie, Krieg und Militarisierung, Migration und Rassismus, Arbeit, Soziales und Bildung nahmen tausende Interessierte teil. Die Eröffnungsrede des Alternativgipfels hielt Jean Ziegler, UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung, in der überfüllten Nikolaikirche. Ziegler zeigte eindrucksvoll, dass die Globalisierung, die wir im Augenblick erleben, sich so nicht weiterentwickeln darf. Er nannte Fakten: 100.000 Menschen sterben jeden Tag an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 842 Millionen Menschen waren 2005 permanent schwer unterernährt, 2004 waren es noch 826 Millionen. Das heißt, die Zahl steigt stetig. Die heutige Landwirtschaft ist in der Lage, ohne Probleme 12 Milliarden Menschen zu ernähren. Das heißt, dass ein Kind das heute an Hunger stirbt, ermordet wird. So bringt es Jean Ziegler auf den Punkt. Die Verantwortung dafür tragen vor allem auch die G8-Staaten. Mit astronomischen Subventionen kann der Bauer aus der dritten Welt noch so viel arbeiten, er wird seine Ernte nicht verkaufen können. Und das wiederum zwingt viele Menschen dazu, unter Todesgefahr zu emigrieren. Aber anstatt ihnen hier geholfen wird, müssen sie sich staatlicher Willkür beugen, werden in Lagern untergebracht, werden abgeschoben oder bekommen erst gar kein Asyl.

Der G8-Gipfel ist eine Farce. Eine Elite von acht Staatschefs nimmt sich auf undemokratische Weise das Recht heraus, global wirkende Entscheidungen zu treffen. Der zwölf Millionen Euro teure Zaun ist eine gute Metapher: Die Mächtigen isolieren sich und schotten sich mit Gewalt vom Rest der Welt ab. Und as mit dem Ziel, auf Kosten der anderen 186 Staaten ihren Machtstatus zu sichern.

 
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