Dienstag, 9. Dezember 2008

Analyse der Außerordentlichen Vollversammlung und des EUle-Besuchs

Im stillen Kämmerchen über ein mehr oder weniger durchdachtes Vorgehen in Sachen Hochschulpolitik entscheiden und dieses auf einer Vollversammlung den Studierenden in der fertigen Fassung vorlegen, es nicht zur Diskussion stellen und pro forma über die bereits beschlossene Sache abstimmen lassen – das war und ist eine Handlungsweise, welche wir häufig an den StudierendenvertreterInnen kritisiert haben. Genau diesen Eindruck haben wir allerdings durch unser Vorgehen bei der außerordentlichen Vollversammlung am 5.11. erweckt.

Nachdem es zuerst in der Augsburger Allgemeinen bekannt gemacht worden war und dann in einer öffentlichen Konventssitzung bestätigt wurde, erfuhren wir vom Angebot der Unileitung, die Studiengebühren im Tausch gegen das Veto-Recht der Studierenden bei der Verteilung der Gebühren, zu senken. Da wir nach eineinhalb Monaten Warten auf eine Reaktion der Studierendenvertreter nicht mehr davon ausgehen konnten, dass dies endlich öffentlich an der Uni zur Diskussion gestellt werden würde, stand der Plan fest, bei der außerordentlichen Vollversammlung die anwesenden Studierenden zu informieren und als für uns logische Konsequenz möglichst viele Menschen für einen anschließenden Besuch in der EUle zu mobilisieren. Dass wir dort vier bereits ausgearbeitete Forderungen vorbringen wollten, stand für uns unumstößlich fest. Zu fragen, was denn die Leute, die wir gerne mobilisiert hätten, denken und wollen, kam uns zunächst nicht in den Sinn. Als während der Vorstellung unseres Antrags eine Diskussion zu allen möglichen und unmöglichen Themen betreffend der Studiengebühren oder des hochschulpolitischen Engagements von „Contra“ losbrach, wurde uns klar, dass wir uns bei den Vorbereitungen zu diesem Tag viel zu sehr auf die Entwicklung unserer Position und das Vorgehen in der EUle konzentriert hatten. Es wurde aber auch klar, dass unter den Studierenden tatsächlich Interesse an hochschulpolitischen Themen und Diskussionen darüber besteht. Vorangegangene Vollversammlungen hatten diesen Eindruck nicht entstehen lassen, was vielleicht eine mögliche Erklärung dafür ist, dass wir diese Veranstaltung auch „nur“ als Infoveranstaltung antizipiert, uns auf Diskussionen und viele verschiedene Meinungen nicht eingestellt hatten, und so entsprechend verunsichert waren.
Das ist für uns durchaus ein Problem, da es uns ein grundsätzliches Anliegen ist, Transparenz zu schaffen und den Diskurs vor allem an der Universität voranzutreiben. Dass uns dies an jenem Tag nur bedingt gelungen ist, war uns und anderen schnell klar. Wie können wir aber zukünftig anders vorgehen? Eine theoretisch fundierte, gut strukturierte Diskussion und Auseinandersetzung ist mit 300 Menschen und unter Zeitdruck kaum möglich. Das Angebot, Montagabend um 19 Uhr (Treffpunkt: vor der alten Cafete) mit uns in einer überschaubaren Gruppe zu diskutieren, gilt natürlich nach wie vor! Grundsätzlich gilt, dass dazustoßen, mitdiskutieren, kritisieren oder nur beobachten kann, wer immer dies tun möchte!

Aber zurück zur außerordentlichen Vollversammlung und dem darauf folgenden Besuch der EUle:
Was hatten wir mit dieser Aktion eigentlich beabsichtigt?
Auch wenn wir eine wirklich demokratische Umgestaltung der Universität, mit neuem Präsidium (oder ganz ohne), gesenkten und bald abgeschafften Gebühren und studentischer Selbstbestimmung sicherlich nicht erwartet hatten, sehen wir keinen Grund unsere Forderungen nicht zu stellen. Der Eindruck, dass solche Forderungen nicht umsetzbar scheinen, zeigt vielmehr wie schlimm es um die realen Verhältnisse steht, als dass es den Widerstand sinnlos machen würde. Vielleicht können nur maximale Forderungen ein minimales Vorankommen sichern. Vielleicht ist dies ein geeigneter Weg, den eigenen Standpunkt deutlich zu machen. Bereits auf der Vollversammlung haben wir jedoch versäumt, den Inhalt der Forderungen näher zu begründen. Dies soll hier kurz nachgeholt werden:

Natürlich forderten wir zum wiederholten Male die sofortige Senkung der Studiengebühren auf das gesetzlich festgelegte Minimum, da die Unileitung formal und nach Formulierung von Bottkes jüngstem „Gedankenspiel“ anscheinend auch ganz praktisch dazu im Stande ist. Da diese Senkung aber nur als ein Schritt auf dem Weg zur völligen Gebührenfreiheit verstanden werden darf, traten wir auch diesmal wieder unmissverständlich dafür ein, dass sich die erweiterte Universitätsleitung bei der Landesregierung engagiert für die Abschaffung der Studiengebühren einsetzt. Dass Studiengebühren eine gewisse Zahl von potentiellen Studierenden letztlich doch vom Studium abhalten, dass sie Bildung noch stärker vom finanziellen Hintergrund des Elternhauses abhängig machen und so soziale Selektion massiv verstärken, sollte nicht zuletzt dank neuester Studien klar sein.

Die Forderung nach Rücktritt des bestehenden Präsidiums fand unter den anwesenden Studierenden keinen ausreichenden Zuspruch, so dass er gar nicht an die EUle herangetragen wurde. Dennoch scheint es auch im Rückblick einige gute Gründe für die Formulierung dieser Forderung zu geben: Darf jemand, der die Universität zusammen mit den Ansprüchen der Studierenden nach innen und nach außen vertritt oder dies zumindest tun sollte, laut über die Abschaffung eines Teils der sowieso nur marginal vorhandenen studentischen Mitbestimmung nachdenken und die Studierenden so auch noch in die potentielle Lage bringen, diese Mitsprache für 200 Euro pro Semester zu verkaufen? Dürfen diese Personen über ein solches Angebot diskutieren, wenn sie zudem sowieso die Möglichkeit haben, das Veto-Recht der Studierenden jederzeit abzuschaffen und die Höhe der Gebühren in jedem Semester neu zu bestimmen, ohne dass der einzige Vertreter der Studierendenschaft daran auch nur irgendetwas ändern könnte? Darf ein solches Präsidium weiterhin die Leitung unserer Universität inne haben?!

Dies steht in engem Zusammenhang mit unserer Forderung nach einer tatsächlichen demokratischen Umgestaltung der universitären Grundordnung. Damit ist gemeint, dass die Gruppen an der Uni, nämlich das wissenschaftsstützende Personal, die Professoren und die Studierenden entsprechend ihrer Anzahl in den Gremien vertreten sind. Wie lassen sich die 15 Profs in einem Gremium mit 19 Mitgliedern gegenüber einem stimmberechtigten studentischen Vertreter rechtfertigen, wo doch die Universität nur etwa 170 Professoren, aber rund 15.000 Studierende umfasst!
Unser Auftreten in der EUle wurde aber nicht nur von einigen ihrer Mitglieder, sondern auch von KommilitonInnen als „undemokratisch“ gewertet. Warum?
Weil wir keine Mehrheit vertreten? Protest ist ein ganz grundlegendes Recht in der Demokratie und das sicherlich nicht nur für Mehrheiten. Wie anders sollten Individuen sonst ihre außerhalb des Mainstreams liegenden Interessen vertreten?
Oder undemokratisch, weil wir die bestehenden herrschaftsstabilisierenden Gesprächskonventionen gebrochen haben? Gerade das ist für uns jedoch Ausdruck einer konsequent formulierten Forderung nach Demokratie. Der Wunsch nach einer Universität (und zuletzt einer Gesellschaft) ohne repressive Autoritäten und unterdrückte Bedürfnisse kann nicht bei seiner Artikulation aufhören. Es geht darum, Forderungen klar und deutlich zu formulieren, einen Standpunkt zu beziehen und diesen nicht schon durch unterwürfiges Verhalten zu verwässern. In einer Demokratie muss es möglich sein, Kritik auf Augenhöhe zu äußern, ohne Kniefallrituale vor dem Selbstverständnis nach scheinbar unhinterfragbaren Autoritäten zu vollziehen.
Die Idee von der Universität als theoretischer und praktischer Gesellschaftskritik ist so neu nicht. Sie meint vor allem die Kritik jeder Autorität, da der Geist der Wissenschaft auch der Geist der Freiheit ist!1
Dass diese Ansicht vielleicht nicht von allen geteilt wird, die uns zur EUle begleitet haben und dass einige mit unserem Vorgehen nicht ganz einverstanden waren, ist schnell deutlich geworden und lag unter anderem sicherlich daran, dass wir dieses Vorgehen vorher nicht näher begründet hatten. Trotzdem war und ist nicht zu erwarten, dass wir als homogene Masse, vor der Unileitung oder anderswo auftreten. Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen und Methoden, sicherlich häufig auch unterschiedliche Ziele. Bis zu welchem Grad eine konzeptionelle und praktische Zusammenarbeit möglich und gewollt ist und wie sich diese dann gestaltet, muss im Einzelfall geklärt werden.

Aber was hat das alles nun gebracht? Eine Frage, die man aus sehr vielen verschiedenen Sichtweisen sicherlich sehr unterschiedlich beantworten kann. Einige der Ergebnisse aus unserer Sicht sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

Zunächst haben wir das Ziel, unsere KomillitonInnen auf dieses heikle Thema der Hochschulpolitik aufmerksam zu machen und zum Nachdenken anzuregen sicherlich erreicht, wenn dies auch nur für einen kleinen Teil der Studierendenschaft zutreffen mag. Durch die hitzige Diskussion wurde deutlich, dass das Bedürfnis nach einer Hochschulpolitik vorhanden ist, die die Studierendenschaft direkt in Entscheidungsprozesse involviert und durch diese die Politik legitimiert.
In der EUle-Sitzung wurde auch schnell klar, dass eine Senkung der Gebühren, die bisher immer noch in diffuser Form im Raum stand, in diesem Gremium nicht gewünscht wird. Deutlicher hätte man sich hier gar nicht ausdrücken können. Das gilt auch für die Meinung des Vizepräsidenten Prof. Loidl, der deutlich macht, dass der, der mehr Demokratie möchte doch bitte nach Kuba gehen solle. Von gleicher Seite wird außerdem erwartet, dass dem gesamten Gremium die sofortige Entlassung durch die bayerische Landesregierung droht, sollte man sich dazu entschließen demokratischere Strukturen an der Universität zu verwirklichen. Im Zuge der Beschwörung der doch schon relativ demokratischen Universität Augsburg, offenbarte sich gleich darauf der Charakter der studentischen Mitbestimmung als Almosen an die Studierenden. Selbst solche „Rechte“ wie das Veto-Recht oder 1 Stimme (gegen 18) in der EUle gehen über das bayerische Hochschulrahmengesetz hinaus und man solle doch bitte schön dankbar dafür sein, dass wir hier in Augsburg so viel Demokratie genießen dürfen. Unerwähnt bleibt, dass einem solche „Rechte“ auch jederzeit von eben diesem Gremium (der Eule) wieder genommen werden können. Wäre man auf anderem Wege zu derart klaren Aussagen gekommen?
Wie ist das häufige Schweigen, die große Aufregung und die langen, häufig inhaltsleeren Ansprachen mancher EUle-Mitglieder zu werten? Gab es hier tatsächlich ein Stocken oder gar Unsicherheit im sonst so eingespielten universitären Ablauf? So war es bezeichnend, dass die Form der Unterredung in den Vordergrund gerückt und kritisiert wurde, nicht aber auf die Inhalte, also die Forderungen, eingegangen wurde.
Letztlich hat diese Protest-Aktion auch verdeutlicht, dass die Studierenden nicht alle Maßnahmen von höherer Stelle erdulden und dass die momentanen Entwicklungen an unserer und anderen Universitäten mitnichten auf breites Einverständnis stoßen!

Contra

Freitag, 28. November 2008

Donnerstag, 13. November 2008

Kommentar zum neuen Kultusminister

Schul- und bildungspolitische Themen haben im Landtagswahlkampf eine herausragende Rolle gespielt. Das Wahlergebnis ist demnach auch eine Antwort auf die entsprechende Politik der CSU. Wählerinnen und Wähler sind unzufrieden mit den wenig reflektierten Maßnahmen der letzten Amtszeit. Sie erwarten eine Politik, die sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert und endlich für eine Chancengleichheit sorgt, die nicht nur auf dem Papier steht.
„Umso mehr sind wir enttäuscht über die Koalitionsverhandlungen und den –vertrag,“ bedauert Gele Neubäcker, Vorsitzende des Landesverbands Bayern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Zwar sind dringend notwendige Zielvorgaben wie z. B. kleinere Klassen ansatzweise enthalten, das Grundproblem der ungerecht verteilten Bildungschancen wird jedoch nicht radikal, das heißt an der Wurzel, angegangen. Es wird durch die sofortige finanzielle Besserstellung von Privatschulen sogar verschärft.“
Anstatt das durch nichts mehr zu rechtfertigende Schulsystem längst vergangener Zeiten endlich zu überwinden, soll wieder „Kosmetik“ betrieben werden. Diesmal in Form von „Gelenkklassen“, die den Kindern einen erneuten Wechsel der Klasse zumuten.
Neubäcker: „Trotzdem erwarten wir vom neuen Kultusminister Spaenle, dass er international bewährte schul- und bildungspolitische Konzepte vorurteils- und ideologiefrei prüft.

Mittwoch, 12. November 2008

Kurze Stellungnahme zur Pressemitteilung der studentischen Vertreter vom 06.11.2008

In ihrer Pressemitteilung vom 06.11.2008 distanzieren sich die studentischen Vertreter der Universität Augsburg deutlich von der „Stürmung der gestrigen Sitzung der Erweiterten Universitätsleitung der Universität Augsburg“. Das ist völlig legitim und war auch nicht anders zu erwarten, waren die selben studentischen Vertreter doch nicht einmal bereit, die Studentinnen und Studenten, die sie vertreten sollen, über das „angebliche Angebot“ zur Senkung der Studiengebühren im Tausch gegen das studentische Veto bei deren Verteilung zu informieren.

Kern der Kritik der studentischen Vertreter ist die folgende Aussage, die aber unglücklicherweise etwas widersprüchlich daherkommt: „Dieses Angebot lag zu keinem Zeitpunkt als solches vor, wenngleich vertrauliche Sondierungsgespräche zu diesem Thema geführt wurden, um die Positionen der Universitätsleitung und der Studierendenschaft zu klären“.

Das Angebot lag also offensichtlich nicht als solches vor, aber doch als etwas anderes – denn es konnte ja vertraulich darüber gesprochen werden. Etwas lag demnach tatsächlich vor. Um einen Ausspruch unseres Präsidenten zu borgen: „mein Herz hängt nicht“ daran, wie das Herantreten an die studentischen Vertreter bezeichnet wird. Ob hier von einem Angebot, von der bloßen Möglichkeit eines Angebots, oder von einem Gedankenspiel gesprochen wird, ist unwichtig und in diesem Fall Wortklauberei. Denn – und das wird nicht abgestritten – es wurden Gespräche zu diesem Thema geführt. Und genau daran, nicht am Wort „Angebot“, setzte und setzt unsere Kritik an. Aus dem Präsidium wurde der wie auch immer betitelte Sachverhalt an die studentischen Vertreter herangetragen, und es wurden vertrauliche Gespräche geführt. Das heißt, dass es seitens des Präsidiums keine Bedenken gab, die Unverschämtheit, die der Vorschlag/das Angebot/das Gedankenspiel den Studentinnen und Studenten gegenüber bedeutet, zu formulieren und in Betracht zu ziehen. Und das heißt, dass die studentischen Vertreter es nicht für nötig hielten, uns, die Studentinnen und Studenten, darüber in Kenntnis zu setzen, sondern das Gespräch hinter verschlossenen Türen bevorzugten, um „die Positionen [...] der Studierendenschaft“ für uns zu klären.

Dass Herr Bottke das Erscheinen in der Erweiterten Universitätsleitung – über dessen Sinnhaftigkeit durchaus diskutiert werden kann und muss – dann als Vorwand nimmt, die Gebührensenkung, für die es ja offensichtlich doch Spielraum gibt, vom Tisch zu fegen, bestärkt nur unsere Kritik. Es besteht ganz deutlich kein Interesse daran, die überflüssigen Beträge uns, den Studentinnen und Studenten, einfach zu erlassen, um uns das Leben etwas leichter zu machen; mit der „Stürmung“ der Sitzung der Erweiterten Universitätsleitung hat das der Sache nach nichts zu tun.

Noch ein Wort zum Vorwurf, die Aktion habe die „Vertraulichkeit der Gespräche gebrochen“: die Gespräche wurden zwischen studentischen Vertretern und Mitgliedern der Universitätsleitung geführt. Wie kann irgendjemandem, der an diesen vertraulichen Gesprächen nicht beteiligt war – und somit überhaupt nichts davon wissen dürfte, sonst könnte von Vertraulichkeit schon nicht mehr die Rede sein –, ernsthaft unterstellt werden, das Unmögliche geschafft und von außen die Vertraulichkeit zwischen zwei Parteien gebrochen zu haben, zu denen er nicht gehört? Trotz allem werden unsere gewählten Vertreter sicherlich einen Weg finden, den Anschein der Harmonie an unserer immerhin „relativ demokratischen“ Universität wiederherzustellen, etwa in der angekündigten „gemeinsamen Diskussion in einem vernünftigen Rahmen“.

Schade allerdings, dass es für das Zustandekommen einer solchen Diskussion – wenn denn dort tatsächlich ernsthaft diskutiert wird – offensichtlich einer „Belagerung“ bedarf. Dabei bleibt nur zu hoffen, dass nicht nur der Rahmen, sondern auch die Diskussion selbst vernünftig ist, sonst würde einer unnützen Sache bloß ein hübscher Anstrich verpasst. In diesem Fall wäre eine vernünftige Diskussion in einem unvernünftigen Rahmen vielleicht durchaus vorzuziehen.


Christian Kny
Vertretener Studierender

Freitag, 7. November 2008

Außerordentliche Vollversammlung und Überraschungsbesuch bei der EUle

Für alle, die nicht an der ausserordentlichen Vollversammlung und dem anschließenden Überraschungsbesuch bei der Erweiterten Universitätsleitung (EUle) teilnehmen konnten, hier ein kurzer Bericht:

Dem Aufruf zur außerordentlichen Vollversammlung waren rund 300 Studierende gefolgt. Dort wurde zunächst über den Stand der Urabstimmung (siehe dazu den entsprechenden Blogartikel) informiert, bevor genauer auf das "Angebot" der Uni-Leitung zur Senkung der Studiengebühren und das studentische Veto-Recht eingegangen wurde. Anschließend wurde vorgeschlagen, die zur selben Zeit tagende EUle zu besuchen. Dort sollte eine Stellungnahme der Versammelten zum Handeln der Uni-Leitung und den auf der Vollversammlung mit großer Mehrheit verabschiedeten Forderungen nach wirklicher Demokratisierung der Universität, sofortiger Senkung der Studiengebühren auf 300 Euro und Engagement der EUle bei der bayerischen Staatsregierung für eine Abschaffung der Gebühren eingeholt werden. (Für den genauen Wortlaut der Redebeiträge und den der EUle vorgelegten Forderungen s.u.) Positiv an der Vollversammlung war, dass zu den Punkten "Angebot" der Uni-Leitung, Vetorecht und EUle-Besuch tatsächlich eine teils kontroverse Diskussion entstand, die deutlich machte, dass derartige Fragen viele Studierende interessieren, aber zu wenig öffentlich gemacht werden und zu selten Gelegenheit zur Diskussion besteht.

Ganz knapp noch, was bei der EUle herauskam: Die Uni-Leitung hat tatsächlich überlegt, die Studiengebühren zu senken und im Gegenzug dafür das studentische Vetorecht bei der Gebührenvergabe zu kassieren. Darauf angesprochen äußerte sich die Uni-Leitung derart, dass diese Idee mittlerweile wieder vom Tisch sei, da kein Konsens mit den StudierendenvertreterInnen darüber erreicht werden konnte. Zudem erklärten sämtliche Dekaninnen und Dekane der Fakultäten, an der Höhe der Gebühren festhalten zu wollen. Auf die Forderung nach einer wirklichen Demokratisierung der Universität wurde kaum eingegangen. Herr Professor Zapf tat sich sogar damit hervor, darauf zu verweisen, dass die Universität Augsburg ja im Vergleich zu den Vorstellungen des bayerischen Hochschulgesetzes "relativ demokratisch" sei. Ohne dies in Abrede stellen zu wollen, provozieren derartige Aussagen die Frage, ob manchen Mitgliedern der EUle eine "relative Demokratie" ausreicht?! Fragwürdig war auch der Beitrag der Mittelbau-Vertreterin Frau Schaipp, die den anwesenden Studierenden "undemokratisches Verhalten" unterstellte, da sie sich direkt und nicht über den Umweg gewählter studentischer VertreterInnen zu Wort äußerten. Letztendlich soll in den nächsten Wochen auf Einladung der gewählten Studierendenvertretung eine öffentliche Diskussion zwischen Uni-Leitung, den DekanInnen und Studierenden zu den während der EUle angesprochenen Aspekten stattfinden.

Donnerstag, 6. November 2008

Redebeiträge auf der außerordentlichen Vollversammlung

Im Folgenden dokumentieren wir die auf der außerordentlichen Vollversammlung am 5.11.2008 gehaltenen Redebeiträge zum Angebot der Uni-Leitung, das eine Senkung der Studiengebühren im Tausch gegen das studentische Vetorecht bei der Gebührenvergabe in Aussicht stellte. Ein Bericht über den Ablauf der Vollversammlung und den anschließenden Überraschungsbesuch bei der Erweiterten Universitätsleitung folgt in Kürze.

Das "Angebot" der Uni-Leitung

Damit können wir nun zum eigentlichen Anlass und zum Kern dieser Veranstaltung kommen: dem Angebot aus dem Präsidium der Universität an den Sprecherrat des AStA. In der Augsburger Zeitung war ja schon am 23.09. zu lesen, dass im Tausch gegen das studentische Vetorecht bei der Verteilung der Studiengebühren diese auf 300 Euro gesenkt werden könnten. In der öffentlichen Konventssitzung vom 15.10. war dann die Bestätigung zu vernehmen, dass dieses Angebot tatsächlich besteht, und zwar in den folgenden inhaltlichen Varianten. Im Tausch gegen das Vetorecht könnten nach unseren Informationen

* entweder die Studiengebühren für alle Bachelorstudentinnen und -studenten – und nur für diese – auf 300 Euro gesenkt
* oder die Studiengebühren für alle Studentinnen und Studenten auf 400 Euro gesenkt
* oder die Studiengebühren für alle Studentinnen und Studenten nur für die Dauer der Regelstudienzeit auf 300 Euro gesenkt werden.

Bevor man sich aber auf den Inhalt des Angebots einlässt, will ich kurz erläutern, warum es schon aufgrund der bloßen Tatsache, dass es gemacht wurde, rundum abzulehnen ist. Allein seine Existenz ist eine Frechheit sondergleichen. Was ist damit gemeint?

Offensichtlich werden die Studiengebühren von 500 Euro pro Semester, die wir im Moment bezahlen, in dieser Höhe gar nicht gebraucht. Sonst würde nämlich kein Spielraum für dieses Angebot bestehen. Daraus die Konsequenz zu ziehen, uns, den zahlenden Studentinnen und Studenten, den überflüssigen Betrag zu erlassen, fällt den Verantwortlichen aber augenscheinlich nicht ein. Stattdessen wird der Versuch gemacht mit dem Geld, das unnötigerweise und damit unverschämterweise kassiert wird – Geld, für dessen Aufbringen oft viel zusätzliche Kraft aufgewendet werden muss – mit diesem Geld also soll uns noch etwas vom sowieso schon geringen Mitbestimmungsrecht abgekauft werden, das zunächst gnädigerweise zugestanden wurde. Dieses anmaßende Angebot ist also nichts weiter als der Versuch, das Aufheben ansatzweise demokratischer Mitwirkung in ein scheinbar demokratisches Gewand zu kleiden.

Falls das Angebot gänzlich ohne überflüssige Mittel gemacht wurde, also nur eine Umschichtung der Kosten innerhalb der Gruppe der Studentinnen und Studenten bedeutet – etwa durch das Aufheben der 10%-Klausel, die es der Universität erlaubt, 10% von uns für besonderes Engagement oder ähnliches zu befreien – macht das das Angebot auch nicht besser. Die Unverschämtheit besteht dann nicht mehr darin, dass mit unserem nicht gebrauchten Geld gespielt wird, sondern darin, dass wir Mitbestimmungsmöglichkeiten aufgeben sollen, ohne tatsächlich etwas dafür zu bekommen. Das wäre wieder nur ein demokratisches Gewand für das Aufheben von Mitbestimmung.

Zusätzliche Brisanz entsteht noch dadurch, dass das sogenannte Veto„recht“ jederzeit auch ohne unsere Zustimmung wieder abgeschafft werden könnte, was dann allerdings das harmonische Bild an der Uni trüben würde. Böswillig könnte man also sogar das Wort Erpressung in den Mund nehmen, nach dem Motto „entweder ihr seid freiwillig brav und werdet dafür ein bisschen belohnt oder wir nehmen euch euer tolles Veto einfach weg“. Aber damit bin ich doch beim Gegenstand und damit beim Inhalt des Angebots angelangt und greife eigentlich vor. Deswegen übergebe ich an dieser Stelle das Wort und hoffe, dass meine Position klar geworden ist:

allein die Tatsache, dass dieses unverschämte Angebot besteht, verbietet eigentlich schon, darauf überhaupt einzugehen. Natürlich fordern wir eine Senkung der Studiengebühren, wenn der Spielraum vorhanden ist, und zwar ohne dafür Mitbestimmungsmöglichkeiten aufzugeben!


Zum studentischen Vetorecht


Laut §9 Abs. 3 und 5 der Satzung der Uni Augsburg zu Höhe, Erhebung und Verwendung von Studienbeiträgen entscheiden Hochschulleitung und Dekane in Einvernehmen mit VertreterInnen der Studierenden über die Vergabe der Gebühren.

Das heißt, dass Studiengebühren zwar über unsere Köpfe hinweg und zum Teil gegen unseren ausdrücklichen Widerstand eingeführt wurden, dass Studierende aber zumindest an der Universität Augsburg eine ganze Menge mitzureden haben, wenn es um die Verwendung dieser Gelder geht. Eine derartige Mitsprache von Studierenden ist im Bayerischen Hochschulgesetz, das die bayer. Landesregierung im Jahr 2006 erlassen hat, nicht vorgesehen. Das ist aufschlussreich hinsichtlich des Demokratieverständnisses der CSU. An unserer Uni liegt der Fall jedoch noch einmal ein klein bisschen anders.

Die Satzung über Studienbeiträge spricht unseren VertreterInnen das Recht zu, die Vergabe von Geldern zu blockieren, wenn sie denken, dass dies nicht in unserem Sinne ist. Diese scheinbar starke Stellung der Studierendenschaft wird jedoch zweifelhaft, wenn man sich mit den studentischen VertreterInnen unterhält. Dann kann man Dinge hören wie: natürlich könne man vom Veto-Recht nicht übermässig Gebrauch machen bzw. müsse dafür an anderer Stelle Kompromisse eingehen, da einem dieses Recht sonst entzogen werden könne. Was sich als Recht darstellt, ist also offensichtlich keines und das, obwohl es in der Satzung festgelegt ist.

Wie ist das zu verstehen?

Nocheinmal: Das bayerische Hochschulgesetz sieht keine Mitbestimmung der Studierendenschaft bei der Verwendung der von ihr erbrachten Gebühren vor. Dementsprechend finden sich in diesem Gesetz keine Richtlinien, die das Augsburger Vetorecht stützen würden, sollte sich die Uni Augsburg für dessen Abschaffung entscheiden.
An der Uni Augsburg wiederum liegt es in der Hand der Professorinnen und Professoren, über Abschaffung oder Erhalt der studentischen Vetomöglichkeit zu beschließen. Diese stellen in sämtlichen Gremien wie der Erweiterten Universitätsleitung (EUle) oder den Fakultätsräten die überwältigende Mehrheit. Zur Anschauung: Rund 15 000 Studierende sind in der Eule mit einer stimmberechtigten Person vertreten, ca. 600 Angehörige des sog. wissenschaftsstützenden Personals wie Sekretärinnen und Verwaltungskräfte mit ebenfalls einer Stimme, der akademische Mittelbau, d.h. das Gros der Dozentinnen und Dozenten, ca. 700 Personen, mit ebenfalls nur einer Stimme. Dafür haben die Professorinnen und Professoren, mit ca. 170 Angehörigen die kleinste Gruppe an der Uni, insgesamt fünfzehn Stimmen.

Abgesehen von dem sog. studentischen Vetorecht bei der Gebührenverwendung sind unsere Mitbestimmungsmöglichkeiten also ein Witz. Das sah man nicht zuletzt bei der Sitzung der Eule im Januar diesen Jahres, als die Mehrheit der Profs den Antrag des einzigen studentischen Mitglieds auf Senkung der Studiengebühren auf 300 Euro mit einem müden Lächeln ablehnen konnte. Und auch unser Veto-"Recht" ist eigentlich keines, da es uns jederzeit durch Beschlüsse von Gremien genommen werden kann, in denen wir keine Möglichkeit besitzen, ernsthaft auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen. In dem, was sich hochtrabend "hochschulinterne Demokratie" nennt, sind wir also von hinten bis vorn diejenigen, die verarscht werden: Wir dürfen ein bisschen mitreden, sollen alle Beschlüsse schön mittragen, damit das demokratische Mäntelchen stimmt und für den Zweifelsfall, dass wir nicht mitspielen, ist vorgesorgt mit Regelungen, die uns jegliche Einflussnahme entziehen.

So ähnlich stellt sich das Präsident Bottke offensichtlich auch jetzt vor. Die Studierenden sollen sich damit einverstanden erklären, ihr minimales Mitspracherecht aufzugeben. In Aussicht gestellt wird dafür eine Senkung der Studienbeiträge, die jederzeit durch die ProfessorInnenmehrheit in der Eule wieder abgelehnt werden kann. Was wir bekommen sollen, ist nichts als ein vages Versprechen. Die Uni-Leitung kann dafür das Vetorecht schön heimlich und in vollem Einverständnis mit der Studierendenschaft entsorgen. Die für Augsburg typische Harmonie und Pseudo-Mitbestimmung hätte wieder einmal gesiegt.

Das schlimme an der Situation ist, dass die offiziellen StudierendenvertreterInnen diese Erpressung der Uni-Leitung erstmal geheim halten wollten aus Angst, wir könnten so blöde sein und auf Bottkes unannehmbares Angebot einsteigen und unsere VertreterInnen zu einer Aufgabe des Vetorechts drängen. Entsprechend schwierig war es auch, von ihnen an Informationen zu kommen, was denn konkret Bottkes Vorschlag und seine Motivation ist. Verhandlungs- und kompromissbereit wie eh und je meinten die offiziellen VertreterInnen, erstmal abwarten zu müssen und weitere Gespräche mit der Uni-Leitung zu führen.

Das "Angebot" von Präsident Bottke ist jedoch so lächerlich, dass es keinerlei Gesprächsbasis gibt, auf der man ernsthaft verhandeln könnte. Auf Wunsch der Uni-Leitung sollte bis zur heutigen Sitzung der Erweiterten Universitätsleitung ein Verhandlungsangebot durch die Studierenden unterbreitet werden. Diesem Wunsch, Herr Bottke, kommen wir gerne nach. Dass dies nicht so aussehen kann, wie Herr Bottke das gerne hätte, versteht sich von selbst. Deshalb im Folgenden unser Vorschlag, den wir zur Diskussion stellen wollen...

Montag, 3. November 2008

Außerordentliche Vollversammlung am 5.November

In der Augsburger Allgemeinen war Ende September von dem dubiosen Angebot zu lesen, die Uni-Leitung würde die Studiengebühren senken, wenn die Studierenden im Gegenzug auf ihre Mitbestimmung bei der Vergabe der Gelder verzichten.
Was soll man von diesem Angebot der Uni-Leitung halten?
Wie steht es um die studentische Mitbestimmung in Augsburg?

Informationen dazu und was wir jetzt tun können gibt es auf einer außerordentlichen studentischen Vollversammlung. Außerordentlich deswegen, weil keine Anzeichen zu erkennen sind, dass die offizielle Studierendenvertretung darüber in nächster Zeit informieren wird.

Mittwoch, 5.11., 13.15 Uhr in Hörsaal II

Freitag, 31. Oktober 2008

Autonomes Seminar "Bildung und Gesellschaft"

Vielleicht seit ihr schon durch die zahlreichen Plakate darauf aufmerksam geworden: Auch in diesem Semester wird im Rahmen der "Freien Universität Augsburg" ein autonomes, von Studierenden selbst organisiertes Seminar statt finden. Jeden Dienstag werden zwischen 19.15 und 20.45 Uhr in Raum 2119 (hinter der Alten Cafete) Texte zum Thema "Bildung und Gesellschaft" diskutiert. Auch wenn die erste inhaltliche Sitzung bereits statt gefunden hat, sind weitere Interessierte jederzeit willkommen.

Im Folgenden dokumentieren wir das Vorwort des Readers, der im ersten Copy-Shop erhältlich ist:

Vorwort

Der vorliegende Reader stellt die Textgrundlage für das autonome Seminar „Bildung und Gesellschaft“ dar, das sich im Wintersemester 2008/2009 jeden Dienstag von 19.15 bis 20.45 Uhr im Phil-Gebäude der Uni Augsburg in Raum 2119 trifft. Im Unterschied zu anderen Kursen steht dieses von StudentInnen selbst organisierte Seminar Studierenden sämtlicher Fachrichtungen und Semester genauso offen wie allen anderen Interessierten. Einzige Voraussetzung ist die möglichst regelmäßige Bereitschaft, sich mit anderen Menschen über die hier versammelten Texte auszutauschen. Dass dies vor dem Hintergrund von Prüfungsstress, Bachelorstudiengängen, Studie-Jobs oder Vollzeitstelle nicht immer einfach ist, wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Aber schon der kritische Bildungstheoretiker Heinz-Joachim Heydorn wies darauf hin, dass wer die Entsagung aufheben will, diese zunächst durchlaufen muss: „Dies eben meint Bildung: Aneignung und Befreiung sind aufeinander verwiesen; die Befreiung wird nicht verschenkt.“ (Heydorn: Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft, Bd. 2, S. 318) In diesem Sinne geht es im Seminar darum, sich kollektiv mit Anspruch und Wirklichkeit von Bildung auseinander zu setzen.

Von Aufklärern wie Kant wurde Bildung als Mittel und Ziel dazu verstanden, dass Menschen die ihnen grundsätzlich gegebenen Fähigkeiten ihres Verstandes realisieren und die Gesellschaft vernünftig einrichten können. Kirche und Adel sahen im damals eingeforderten Recht auf Bildung nicht grundlos eine Bedrohung der eigenen Privilegien, war doch absehbar, dass eine in diesem Sinne gebildete Bevölkerung sich nicht widerspruchslos in die herrschende Ordnung fügen würde. Mit dem Aufstieg des Bürgertums und seiner Ausbildungsstätten emanzipierte sich dann auch das Wissen von der Institution Kirche und damit von religiösen Dogmen. Die Autonomisierung, Rationalisierung und Verweltlichung des Wissens manifestierte sich in Form und Inhalt der Lehre: Die bloße Tradierung wich der Erforschung von Neuem, der Vortrag allmählich dem Dialog. Gegenüber der Exegese biblischer Texte gewannen Philosophie, Medizin und Jurisprudenz als eigenständige Disziplinen an Gewicht. Universitäten entstanden als weltliche Institutionen, denen das Recht auf Selbstverwaltung zugesprochen wurde (vgl. Stapelfeldt, S. 27ff.). Schule wurde zunehmend zur staatlichen Angelegenheit und die allgemeine Schulpflicht verkündet - wenn auch zunächst häufig die Bedingungen für deren Umsetzung fehlten.

Bildung und das moderne Bildungswesen etablierten sich jedoch nicht nur im Widerspruch zur feudalistisch-ständischen Ordnung, sondern trugen ihrerseits zur Durchsetzung einer neuen Gesellschaftsordnung bei. Für die bürgerliche Gesellschaft wurde Erziehung und (ein gewisses Maß an) Bildung zur Notwendigkeit: Dass der Sohn eines Knechtes wieder Knecht wird, der eines Ritters wieder Ritter, war ihr keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer gesellschaftliche Funktionen übernimmt, war nicht länger unmittelbar an Herkunft und Stand geknüpft, sondern an Leistung. Technologische Entwicklungen trugen das ihrige dazu bei, dass das Wissen, das Menschen erwerben müssen, um für die Gesellschaft funktional zu sein, immer mehr anwuchs. Damit trat das Moment von Ausbildung und Qualifikation stärker hervor.

Im Seminar wird es darum gehen, sich mit verschiedenen Konzeptionen von Bildung ‒ von der Antike bis zur Gegenwart, von humanistisch bis neoliberal ‒ auseinander zu setzen. Wir werden uns Begriff und Realität von Bildung aus verschiedenen Perspektiven annähern ‒ aus historischer, philosophischer und politikwissenschaftlicher genauso wie aus literarischer und soziologischer. Wie schon im vergangenen Semester wird das freie Seminar auf Selbstverantwortlichkeit, Eigeninitiative und Persönlichkeit aufbauen. Anders als viele Universitätsseminare, in denen lediglich Referate herunter geleiert werden, bei Diskussionen aber niemand den Mund aufbekommt, wollen wir versuchen, kritischen Auseinandersetzungen (wieder) einen Platz an der Universität zu verschaffen. Wer dieses Anliegen teilt oder auch lediglich neugierig ist, wie ein autonomes Seminar funktionieren soll, ist herzlich zu unseren Sitzungen eingeladen.



Montag, 8. September 2008

Bürokratische Bedenken und politischer Unwille

Wie aus einem Beschluss der studentischen Vollversammlung erst das "Ungetüm Urabstimmung" werden konnte und der Konvent schließlich "Demokratie" neu definierte


Lena Jakat stellte als Vorsitzende des damaligen Konvents in der letzten Ausgabe der AStA-Zeitung "Universum" auf anschauliche Weise dar, dass der Großteil der gewählten StudierendenvertreterInnen sich lieber mit verfahrenstechnischen Fragen befasst, als politisch Stellung zu beziehen. Insofern lässt sich die Entscheidung des neuen Konvents, das "studentische Votum" komplett zu canceln nur als konsequent bezeichnen.


Die Vorgeschichte

Auf der studentischen Vollversammlung im Winter 2007 hatte das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren "Contra" einen Antrag auf Durchführung einer studentischen Urabstimmung gestellt, der von der beschlussfähigen Versammlung mit überwältigender Mehrheit verabschiedet worden war. Demnach sollten den Studierenden zwei Fragen zur Abstimmung vorgelegt werden: Gefragt werden sollte jeweils, ob sie der Forderung zustimmend bzw. ablehnend gegenüberstehen, a) die Universitätsleitung solle gemäß ihres Handlungsspielraums die Studienbeiträge an der Uni Augsburg auf 300 Euro senken und b) die Universitätsleitung solle sich bei der Bayerischen Staatsregierung für die Abschaffung von Studienbeiträgen und eine bedarfs- und nachfragegerechte Hochschulfinanzierung einsetzen. Damit hätten Studierende die Möglichkeit, sich generell wie bedingt gegen Studienbeiträge auszusprechen.


Wie aus einem Antrag ein "Ungetüm" wurde
Schon während der Vollversammlung hatte Margret Angerer, ehemalige AStA-Vorsitzende und Mitglied des studentischen Ältestenrates, formale Bedenken geäußert, die im Folgenden den Umgang der studentischen Gremien mit dem Thema Urabstimmung dominieren sollten. Was die studentischen VertreterInnen nun beschäftigte war, dass die Satzung der Studierendenschaft zwar die Institution der Urabstimmung kennt, über Durchführung und Finanzierung aber keine Aussagen trifft. Statt sich angesichts dieser Tatsache Gedanken darüber zu machen, wie Studierende sich eine Satzung geben konnten, die zwar basisdemokratische Maßnahmen kennt, diese aber offensichtlich nicht ernsthaft in die Tat umsetzen will oder darüber, wie kreative Lösungswege für diese in Augsburg ungewohnte Form politischer Beteiligung aussehen könnten, stürzte sich der Konvent - in den Worten von Lena Jakat - in "tiefe Verzweiflung" ob verfahrenstechnischer Fragen. Laut Universumsartikel "waren es vor allem die ungeklärten Formalien, die eine Entscheidung immer wieder aufschoben. Denn niemand wollte schnell irgendetwas beschließen und dann die glühenden Kohlen einfach dem Ältestenrat hinterher werfen."
Wie der Verlauf der Konventsitzungen zeigte, ist das jedoch nur die halbe Wahrheit. Zwar wurde während den Treffen immer wieder auf formale Ungeklärtheiten verwiesen, eine Satzung hatte aber keineR der gewählten VertreterInnen dabei, weshalb stets auf die eines Mitglieds des Aktionsbündnisses Contra zurückgegriffen werden musste. Angesichts dessen stellt sich die Frage, inwiefern dem Konvent tatsächlich an einer Umsetzung des Beschlusses der Vollversammlung gelegen ist und ob bürokratische Hindernisse nicht eher als Vorwand genommen werden, um eine politische Angelegenheit und Beteiligungsform, die nicht in die eigenen Vorstellung von repräsentativer InteressenVERTRETUNG passt, auszubremsen. Den "riesigen Bürokratie- und Gremiumsaufwand" angesichts einer angeblich "noch nie dagewesenen Abstimmung", den Lena Jakat im Universumsartikel erwähnt, haben sich die studentischen VertreterInnen selbst konstruiert.
Ein Blick in das akademische Jahrbuch von 1991 zeigt, dass es auch ganz anders gegangen wäre. Dort berichtet die damalige Studierendenvertretung:
"Am 16.1.91 verabschiedete eine studentische Vollversammlung einen Forderungskatalog, der u.a. die Erhöhung des Bildungsetats, Stellenforderungen, bessere Mitbestimmungsmöglichkeiten für Studierende und Zurücknahme des Maßnahmenkatalogs beinhaltete. Die Vollversammlung empfahl angesichts der Notwendigkeit, Maßnahmen zur Durchsetzung der Forderung zu ergreifen, dem StudentInnenparlament, eine Urabstimmung für einen unbefristeten Streik zu beschließen. Am 17.1.91 beschloß das StuPa die Urabstimmung vom 23.-25.1.91 durchzuführen. 3050 StudentInnen (23,9%) beteiligten sich an dieser Abstimmung, bei der letztlich 53% für einen unbefristeten Streik stimmten, der am 28.1.91 begonnen wurde."
Offensichtlich war es damals möglich, innerhalb von weniger als zwei Wochen den Beschluss einer studentischen Vollversammlung zur Einleitung einer Urabstimmung in die Tat umzusetzen.


Das "studentische Votum" und seine Absage durch den neuen Konvent
Worauf sich die studentischen VertreterInnen nach monatelangen bürokratischen Auseinandersetzungen einigen konnten, war ein sogenanntes "studentisches Votum", das zu Beginn des neuen Semesters realisiert werden sollte. Da sie selbst zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr im Amt sein würden, wollte der alte Konvent die endgültige Entscheidung dem teilweise neu zusammen gesetztem Konvent der neuen Legislaturperiode überlassen. Dieser entschied still und heimlich in den Semesterferien, das studentische Votum platzen zu lassen und setzte sich damit einfach über den Beschluss der studentischen Vollversammlung hinweg. Von Seiten des Konvents wurde es nicht einmal für nötig befunden, das Aktionsbündnis "Contra" über diese Entscheidung zu informieren, weshalb Contra noch im September auf diversen Treffen besprach, wie die Urabstimmung bzw. das studentische Votum in der Studierendenschaft bekannt gemacht werden könne.


Eine "Sternstunde" studentischer Demokratie
Selbstverständlich wäre es naiv gewesen zu glauben, dass durch ein eindeutiges Votum gegen Studiengebühren diese hätten aus der Welt geschafft werden können. Die Ablehnung der erweiterten Universitätsleitung (EULE) im Januar 2008, die Studiengebühren wie im Rahmen der der Universität zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf 300 Euro zu senken, hat deutlich gemacht, dass dies auf Grund der undemokratischen Verfasstheit der Universität nicht möglich ist. Damals wurde der Antrag des einzigen studentischen Vertreters auf Senkung der Beiträge mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.
Was mit dem studentischen Votum jedoch möglich gewesen wäre, ist ein klares Signal gegen Studiengebühren zu setzen und die Mitglieder der Universitätsleitung zu zwingen, eindeutig Position zu beziehen: Hätten sie - den ausdrücklichen Willen der Studierendenschaft missachtend - weiter an der Höhe der Beiträge festgehalten oder diese in einem ersten Schritt gesenkt und sich gegenüber der Landesregierung ernsthaft für deren Abschaffung eingesetzt?
Dank der Entscheidung des neuen Konvents, ist eine derartige Zuspitzung des politischen Konflikts jedoch nicht möglich. Obwohl nur ein nachgeordnetes beschlussfassendes Organ und damit laut Satzung der Studierendenschaft an Entscheidungen der Vollversammlung gebunden, setzte sich dieser über den Beschluss der Vollversammlung vom letzten Wintersemester hinweg und gab damit ein hervorragendes Beispiel dafür, dass nicht nur die Uni insgesamt undemokratisch verfasst ist, sondern auch einige StudierendenvertreterInnen ein höchst merkwürdiges Demokratieverständnis aufweisen. Wie das wiederum mit der Tatsache in Zusammenhang steht, dass überdurchschnittlich viele der gewählten VertreterInnen Politikwissenschaften studieren, möge der und die geneigte LeserIn selbst entscheiden.


Contra - Aktionsbündnis für freie Bildung

Dienstag, 19. August 2008

Man isst deutsch. Thesen zur Nationalisierung des Essens.

Dass die jeweilige Esskultur eines Landes schon seit langem ihren Beitrag zur nationalen Identitätsstiftung nicht nach kommen kann und somit innerhalb der identitätsstiftenden Faktoren ins Hintertreffen geraten ist, steht nicht im Widerspruch, sondern erklärt vielmehr die Revitalisierung nationaler Deutungen der hiesigen Esskulturen. Der Wandel vollzog sich durch den Austausch des Bezugsobjekts, gegen das die eigenen Produkte in Stellung gebracht werden. Galt es in früheren Tagen die Einzigartigkeit und damit das spezifisch nationale, also deutsche, herauszustreichen, um sich von allem anderen zu distinguieren, so geht es heut zutage darum, den Unterschied zu den USA auszumachen, deren exponierte Funktion in der Welt der Kapitalakkumulation zwischen den Staaten, eine Rückkopplung aller Erscheinungen des Kapitalismus auf ihre Politik zufolge hat.

In der Logik dieses antiamerikanischen Ressentiments, sind die USA für den Bedeutungsverlust nationaler Esskulturen direkt verantwortlich zumachen, da es im Interesse der USA sein muss, andere Kulturen zu zerstören, um ihre Unkultur universalisieren zu können und somit anstelle der einstigen Kulturen zu treten, um den größtmöglichsten Kapitalertrag abschöpfen zu können.

Wie weitverbreitet und kommerzialisierbar dieses Deutungsmuster ist, führt die gegenwärtige Werbekampagne des Getränkeherstellers Bionade Gmbh vor Augen, die ihr Erfrischungsgetränk Bionade als deutsches Natur und Kulturprodukt gegen minderwertige und unnatürliche US- Produkte, im speziellen Coca Cola, in Stellung bringt. Ihre Werbeslogans weisen dabei frappierende Ähnlichkeiten zu jenen Parolen auf, die von den exponiertesten Vertretern des Antiamerikanismus formuliert wurden sind. Heißt es in einem Slogan Holunder statt Blackberry(1), so lässt sich bei der neonazistischen NPD die Losung finden Deutscher Wein, statt Ami-Fusel.(2) Die Annahme wonach die unterschiedlichen Slogans auf den Werbetafeln, insgesamt 26 an der Zahl, auf bereits internalisierte Ressentiments zugeschnitten sind, wird durch die Tatsache belegt, dass die Auswahl der Plakate von dem jeweiligen Umfeld, in dem sie zuschau gestellt werden sollen, abhängig gemacht wurden ist.(3) In Berlin-Kreuzberg erhofften sich die Initiatoren besonderen Zuspruch durch den Slogan Von führenden US-Getränkeherstellern nicht empfohlen(4). Diese Antizipation verwundert keines Wegs, wenn mensch sich in Erinnerung ruft, dass die erste McDonalds Filiale in Kreuzberg letztes Jahr nur unter Polizeischutz eröffnet werden konnte.

Die Kampagne der Bionade Gmbh ist der konkrete Ausdruck eines gewandelten Bedürfnisses der Konsumenten in Deutschland, nur so ist es zu erklären, das professionelle Werbestrategen zu der Meinung gelangen können, dass sich durch die Kolportage antiamerikanischer Ressentiments, die Produkte ihrer Kunden besser absetzen lassen können.

Die relevanten Kriterien für Nahrungsmittel, die in der Trias, fair gehandelt, biologisch und regional gebündelt sind,(5) scheinen sich in dem konkreten Produkt Bionade zu verneinen. Abstrakt betrachtet, bilden sie aber den Gegensatz zu den Attributen, die den US Produkten zu geschrieben werden: Raubtierkapitalistisch, synthetisch und global. Der Run auf Produkte mit Bio- Siegel ist somit nicht nur Ausdruck des gestiegenen Bedürfnisses nach gesunderer Ernährung, sondern auch darauf, der kapitalistischen Globalisierung, also den USA, ein Schnippchen zu schlagen. Diese vermeintliche antikapitalistische Implikation wurde auch von den Werbestrategen erkannt und entsprechend in die Bionade Kampagne eingebaut. Der subversive Gestus der Bionade drückt sich in Sprüchen wie, Jede Revolution beginnt mit einem leichten Prickeln(6) oder durch eine Reminiszenz an die Generation 68 aus.(7)

Marx Einschätzung wonach dem Kapitalismus in Deutschland durch die Verbreitung antikapitalistischer Phrasen zum Erfolg gereicht wird, scheint sich dieser Tage wieder einmal zu bestätigen.

Dienstag, 1. Juli 2008

W. Kraushaar über die 68'er

Am Di, 1. Juli, 19 Uhr spricht Wolfgang Kraushaar in Hörsaal IV über
"achtundsechzig". Er ist Politologe in Hamburg und beschäftigt sich vor
allem mit Protest und Widerstand in der Geschichte der BRD. Veranstalter
ist die "Freie Universität Augsburg"

Dienstag, 24. Juni 2008

Demo Rede

Liebe Mitdemonstrantinnen und Mitdemonstranten,

ich heiße Euch im Namen von Contra, dem „Aktionsbündnis für freie Bildung“ herzlich Willkommen!

Wir haben uns heute hier versammelt, um gegen „Bildungswahnsinn“ zu demonstrieren, da wir unseren Unmut jeglicher Art artikulieren wollen, an der gegenwärtigen institutionalisierten Form, der Ausgestaltung und der herrschenden allgemeinen Vorstellung von Bildung.

1.) Was wir nicht vorhaben

Wir wollen deshalb – ausnahmsweise –

keine Statistiken über den enorm niedrigen Anteil der Bildungsausgaben am BIP im europäischen Ländervergleich zitieren,

keine Herstellung von frappierenden Relationen zwischen Bildungs- und Rüstungsausgaben,

keine erschreckend niedrigen Zahlenwerte über Studienneuanfänger beschwören,

keine Einzelschicksale von ausländischen und inländischen Mitstudenten bejammern, die kein Studium mehr beginnen konnten oder abbrechen mussten,

keine schematisch-vereinfachenden Erklärungen von perversen Abkommen der Welthandelsorganisation geben, die den Bologna-Prozess vertraglich absichern,

wir wollen nicht Lamentieren über die aus dem Boden wie Pilze schießenden und wuchernden Nachhilfeinstitute, die seit dem G8 Zulauf in Strömen erhalten.

Die Erläuterungen und Vereinnahmung solcher Sachverhalte überlassen wir allein lieber den Politikern, die genug Exempla davon in ihrem Repertoire haben und in weiteren Wahlkampfreden sicherlich geschickt daran anzuknüpfen wissen werden.

Stattdessen wollen wir, vom „Aktionsbündnis für freie Bildung“ heute und hier lieber einige Reflexionen zum Begriff der Bildung beisteuern, die auf die ungestüm grassierende „Halbbildung“ hinweisen und sie zu erkennen helfen wollen:

Wer sagt, „für Deutschland als Land ohne größere Rohstoffe und Bodenschätze ist der Geist die wichtigste Ressource im internationalen, volkswirtschaftlichen Kampf, und deshalb können wir uns ein schlechtes Bildungssystem nicht leisten“, wer derartiges sagt, der perpetuiert die dümmliche Auffassung, dass Bildung eine Ware oder Ressource wäre, ja er reduziert sie damit unbemerkt doch radikal auf ihren ökonomischen Wert. Das ist keine Bildung, das ist peinliche Schmach und Verleugnung jeglicher Bildung!

Argumente für Bildung, die sich falscher Weise nur allzu oft auf die waltende und totalitären ökonomischen Verflechtungen beziehen und einlassen, sind gefährlich und töricht!

Wir wollen uns hier aber auch nicht über politische Farbenlehre unterhalten, wobei einem auf einfältige Art und Weise nahe gelegt werden könnte, wo man sein Kreuzchen zu machen hätte, und um die Selbstbestimmung am besten mit der Wahlurne gleich mit zu begraben. Politisches Bewusstsein darf sich nicht darin erschöpfen, Kreuzchen zu machen, gefolgt von dem Gefühl der Selbstbestätigung, ein mündiger Demokrat zu sein, der seine Bürgerpflichten und -rechte kennt und wahrnimmt. Vielmehr bedarf es eines Ausbaus an Partizipationsmöglichkeiten und der flächendeckenden Gründung alternativer Strukturen! Herzliche Einladung hierbei zur freien Universität, vom 7. – 11. Juli an der Universität Augsburg mit freien Veranstaltungen und kritischen Auseinandersetzungen.

2.) Halbbildung und Bildung – Gedanken von Theodor W. Adorno

Einer der letzten kritischen Philosophen der Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno, erstellte in den 60er Jahren einige höchst treffende Analysen und Bemerkungen zu Bildung und Halbbildung, von denen ich im Nachfolgenden einige zur Sprache bringen möchte und die nicht in Vergessenheit geraten sollten. Seine Thesen, die angesichts unveränderter gesellschaftlich herrschender Rahmenbedingungen nichts an Wahrheit eingebüßt haben, sondern eher angesichts der krasser gewordenen Verfallsformen von Bildung zu Halbbildung vielmehr noch dazu gewonnen haben:

„Was heute als Bildungskrise [oder „Bildungswahnsinn“] offenbar wird, ist weder bloß Gegenstand der pädagogischen Fachdisziplin, die unmittelbar sich damit zu befassen hat, noch (…) [ist sie von der Bildungssoziologie] zu bewältigen. (…) Isolierte pädagogische Reformen allein, wie unumgänglich auch immer, helfen nicht. Zuweilen mögen sie, im Nachlassen des geistigen Anspruchs an die zu Erziehenden, auch in argloser Unbekümmertheit gegenüber der Macht der außerpädagogischen Realität über jene, eher die Krise verstärken.“

Umso dramatischer jedoch ist der von der Öffentlichkeit kaum bemerkte oder nachvollzogene Wandel an den Hochschulen, wie Universitäten zu Kaderschmieden der Industrie geworden sind und die Idee der Bildung damit aufs unsäglichste verhöhnt wird: So wurde die TU München z.B. – geregelt durch ominöse Forschungsabkommen – zum ausgelagerten Entwicklungslabor von BMW und anderen Konzernen, bei entsprechend finanzieller Entlohnung für die Universitäten.

Doch die feindliche Übernahme der Bildung durch die Ökonomie macht sich auch in Augsburg mit Schrecken bemerkbar: Mit dem neuen Hochschulrahmengeset wurde den Universitäten weitgehende Entscheidungskompetenz über eigene Belange entzogen. So besitzen nun im Hochschulrat erstmals Externe und Vertreter der Privat-Wirtschaft, darunter z.B. der Direktor der Augsburg Daimler AG u der Vorsitzende der Verlagsgruppe Weltbild, die Mehrheit in diesem Gremium, das über die Einrichtung und Schließung von Studiengängen und über die Festlegung von Forschungsschwerpunkten und Zielvereinbarungen einzelner Fakultäten entscheidet! Damit hat also nun auch die Universität ihren Aufsichtsrat, der genauso wenig wie die Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen für Fehlentscheidungen gerade stehen müssen. Das Risiko und die Konsequenzen dieser Entscheidungen tragen allein Studenten und Nachwuchswissenschaftler, die mit nur einer einzigen Stimme in diesem Gremium gänzlich unterrepräsentiert sind.

Hochschulautonomie, soviel steht fest, wird neuerdings etwas anders buchstabiert!

Damit dürfte klar sein, dass freie Bildung und freie Wissenschaft weit mehr als eine kostenlose Ausbildung sind, wobei zur Verschleierung kontinuierlich Bildung mit Ausbildung verwechselt wird!

Hochschulautonomie, soviel steht fest, wird neuerdings etwas anders buchstabiert!

Damit dürfte klar sein, dass freie Bildung und freie Wissenschaft weit mehr als eine kostenlose Ausbildung sind, wobei zur Verschleierung kontinuierlich Bildung mit Ausbildung verwechselt wird!

Zur Selbsterhaltung wird die bloße Anpassung an das Diktat der Halbbildung zur Überlebensstrategie: das Auswendiglernen von Wissensmaterialien, Zahlen und Fakten, die nicht mehr in Zusammenhang mit der Persönlichkeit der Lernenden, und aus zeit- oder kostenökonomischen Gründen nicht mehr radikal befragt, durchdrungen werden und nicht mehr selbst erfahrbar sind, sind die gravierendsten Verfallsformen davon. Doch Bildung lässt sich überhaupt nicht erwerben wie ein Ding oder ein Gegenstand, den man von einer Person auf eine andere, vom Lehrer auf den Schüler, leichtfertig übertragen kann, den man an sich reißen oder besitzen könnte, entgegen den leeren Versprechungen unserer Zeit.

In dem Prozess der Anpassung an die konforme Gesellschaft zur Selbsterhaltung geht jedoch das Selbst verloren: Das Subjekt muss seine ganzen körperlichen oder psychisch-geistigen Potentiale auf dem Arbeitsmarkt verkaufen, um einen mehr oder weniger ausreichenden Lebensunterhalt zu verdienen. Sämtliche ihm innewohnenden persönlichen Fähigkeiten, Begabungen, sogar psychische Attribute wie Teamfähigkeit, Ausdauer oder Konzentration, sprich: die Totalität seiner Persönlichkeit, muss der Arbeiter veräußerlichen, auf dem Arbeitsmarkt, in den verkaufbaren Gegenstand seiner Arbeitskraft. Dadurch wird er sich selbst fremd. Was zurückbleibt ist im Extremfall nur noch eine leere, gespenstische Hülle einer Person, die oftmals von Depressionen, Niedergeschlagenheit und Sinnlosigkeit heimgesucht wird – oder die inneren Fragen werden im Konsum verdrängt: Die Frage, was denn der Sinn an der ganzen sinnlosen höher Qualifizierung, den sinnlosen Fortbildungen, am neuen Konzept des sinnlosen „lebenslangen Lernens“ sei, nur um vorübergehend einen sinnlosen Abnehmer für die eigene entäußerte Arbeitskraft zu finden?

Solche Bildung, die sich ausschließlich der zweckhaften Qualifikation für den Arbeitsmarkt und der Reproduktion der herrschenden Wirtschaftsstruktur verschreibt, solche Bildung, die die zu Bildenden und die zu Erziehenden der Maxime der Anpassung und der Konformität an die Gesellschaft überantwortet, verdient nicht den Namen Bildung, sie ist der Feind der Bildung; ihre Fratze sehen wir in verkürzten und dicht gedrängten Studiengängen, in denen ein selbstorganisiertes und damit freies Studium unterbunden und noch stärker äußeren Zwecken unterworfen wird, wir erblicken sie in der gewollt größer werdenden Konkurrenz um begrenzte Masterstudienplätze und in verkürzten und dicht gedrängten Schulzeiten, kurz: im Anrennen der Wirtschaft gegen das Subjekt auf immer neuen, überraschenderen Wegen und mit neuer Intensität.

Wird Bildung zum Fetisch, d. h. zum Ersatzobjekt, an dem man die eigene Fremdheit aufheben will und zu einem Größeren und Umfassenderen gehören will, dem all das zugeschrieben wird, was einem selbst fehlt und woran man selbst krankt. Solche Verfallsformen kennt man aus dem Alltag zur Genüge, der Halbgebildete rühmt sich typischerweise seines schlechten Gedächtnisses, und ist stolz auf seine Vielbeschäftigtheit und Überlastung. Halbbildung wird dort offenbar, wo Menschen „keinen eigenen Satz mehr hervorbringen können, sondern reflexhaft plappern, was jede Situation von ihnen erwartet, um möglichst günstig abzuschneiden“.

Bei alledem handelt es sich dabei jedoch nicht um vorrangig individuelle als vielmehr um kollektive, weil soziale Verfallsprozesse, deren Wurzel wohl in den gesellschaftlichen Verhältnissen an sich begraben liegt.

Wenn man ein musikalisches Werk nur halbgut aufführt, so wird sein künstlerischer Gehalt damit keineswegs zur Hälfte realisiert, sondern eine jegliche musikalische Aufführung außer der voll adäquaten ist unsinnig, und „so steht es wohl um geistige Erfahrung insgesamt. Das Halbverstandene und Halberfahrene ist nicht die Vorstufe der Bildung sondern ihr Todfeind“.

Hat denn wirkliche Bildung noch eine Chance des Überlebens, da ihr die Gesellschaft einmal die Basis unter den Füßen weggezogen hat?

„Bildung galt [früher] stillschweigend als Bedingung einer autonomen Gesellschaft: je heller die Einzelnen, desto erhellter das Ganze.“

Nicht die Bildungspolitik, sondern die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, der es nicht gelingt auf Begriff und Bedeutung von Bildung zu reflektieren, und die ihre eigene Bestimmung aus den Augen verliert, ist dem Niedergang näher als sie allgemein vielleicht vermutet.

Deshalb ist es gut, dass wir uns heute zusammengefunden haben um unsere Meinung kund zu tun, statt in der Vereinzelung zu verzagen. Selbstbestimmung beginnt hier, mit dem Bewusstsein über die Dringlichkeit emanzipatorisch-solidarischen Handelns in der Gesellschaft. Emanzipatorisch-solidarisches Handeln ist das Sich-Nicht-Zufriedengeben mit dem bloßen Begreifen der gesellschaftlichen Realität und das Darüberhinausgehen über das niedrigen Interesse und den Anspruch, nur das eigene Leben zu verbessern. Dafür würde eine Selbsthilfegruppe ausreichen. Würde man desweiteren nur für die eigenen Belange, sprich: nur für Studiengebühren, oder nur für die Wieder-Abschaffung des G8 seinen Hintern hoch bekommen, so betriebe man nur eigennützige Lobby-Politik! Doch das Motto der Demo ist umfassender, solidarischer: denn Bildung geht jeden an! Und deshalb ist nur dasjenige politisches Engagement wirklich emanzipatorisch-solidarischer Art, das auch die eigenen Interessen hinten anstellen kann, und dabei zugleich alle Ebenen berücksichtigt: das verstehende Begreifen der gesellschaftlichen Realität, das Bedürfnis sich und die Welt zu verändern, und dabei solidarisch mit den Interessen anderer zu sein. So lasst uns gemeinsam losziehen. Für freiheitliche Bildung!

3) Minimalforderungen

Nichts desto Trotz unsere Minimalforderungen, in denen sich gesellschaftlicher Wandel jedoch bei weitem nicht erschöpfen darf:

- Abschaffung des sozial-selektiven viergliedrigen Bildungssystems

- Abschaffung der Studiengebühren

- Einführung einer verfassten Studierendenschaft

- Stopp des unmittelbaren Einflusses der Wirtschaft auf die Hochschulen

- Tatsächliche Demokratisierung der Hochschule mit drittelparitätischer Mitsprache, d. h. gleiche Mitsprache, für Studierende, wissenschaftsstützendes Personal, akademischen Mittelbau und Professorenschaft.

[Literatur: Th. W. Adorno, Theorie der Halbbildung.]

Donnerstag, 19. Juni 2008

Bildungswahnsinn stoppen

Am 24.06. gehen wir auf die Straße ...
Bayernweit in Augsburg - 15.00 Uhr Rathausplatz.
"Bildungswahnsinn stoppen" lautet das Motto, bis dahin heisst es Freunde, Verliebte, Bekannte und Feinde ansprechen.
Nachdem in Hessen in den letzten 2 Wochen fast täglich Studenten auf der Straße waren, Studiengebühren in Hessen Geschichte sind, in NRW am verg. Dienstag knappe 3000 Studenten gegen Studiengebühren demonstrierten und auch in Freiburg spontan die Post abging sind wir an der Reihe.
Wir wollen laut sein, auf die Straße gehen, wir wollen zivilen Ungehorsam üben, vor allem wollen wir uns Studiengebühren nicht länger gefallen lassen.
Jeder darf, es muss nicht gleich ein Schwarzer Block sein.
Auch der Weg zur Demo hin in Kleingruppen darf schon Spaß machen, Reclaim the Streets, eine kleine 10 Minütige Blockade vielleicht - Selbsternannte Clowns Army - die Straße gehört euch.
Informationen findet man zum Beispiel in der kleinen Zusammenfassung von Aktionsformen, bzw. Demo Ideen.
Oder Ganz Ausführlich im 3. Kapitel des Protesthandbuches.
Ein Rückblick zur Demo in Frankfurt vergangenen Januar, an dem auch zahlreiche Augsburger präsent waren findet ihr hier.

Nähere Infos auch unter: http://www.asta-augsburg.de
Hier das Plakat - hier die Presseerklärung

Sonntag, 15. Juni 2008

Reform oder Deform

"Zwischen Bologna Realität und Bologna Rethorik liegen Welten"
Ein gelungener Radio Beitrag der SWR 2 Aula mit Heike Schmoll (FAZ)
Im Zuge der Modularisierung der Studiengänge "... wird schon ein Wechsel zwischen Bochum und Düsseldorf unmöglich!"

"Jedenfalls ist die Bolognisierung nicht so unausweichlich, wie sie scheinen mag. Sie wird erst dann unausweichlich, wenn immer mehr Beteiligte an ihre Unausweichlichkeit glauben.
Bildung hat aber auch mit dem Anspruch zu tun, vermeintliche Gewissheiten ihres illusionären Charakters zu überführen. Denn Bildung ermöglicht reflexive Distanz. Die Distanz zu sich und den Geschehnissen macht den Unterschied zu Unbildung aus. Eine Gesellschaft, die sich der Möglichkeit beraubt, Illusionen als solche zu erkennen, hat sich mit Haut und Haaren der Unbildung verschrieben. Und von Bildung ist im Zuge der Bologna-Reformen mit gutem Grund nicht die Rede. Wenn überhaupt von Bildung die Rede ist, dann im neuen Missverständnis der Bildung als Ausbildung."


hier der direkte Link zur MP3 Datei , zum Skript
hier der direkte Link zum SWR2 Aula - Reform oder Deform

Dienstag, 10. Juni 2008

Eskalation in Hessen

morgen wird es wieder eine Demo geben,
die Situtation in Hessen spitzt sich zu nachdem klar ist das Roland Koch sich weigert ein Gesetz des Hessischen Parlamentes zu unterzeichen. Ohne diese Unterschrift wird es weiter Studiengebühren in Hessen geben. Und das trotz eines mehrheitlich abgeschlossenen Gesetzes des Hessischen Landtages, welches Studiengebühren verbietet. Trotz massiver und fortdauernder Proteste. Trotz der offenkundigen Verfassungswidrigkeit in Hessen. Studenten die noch im Januar "Roland Koch - Arschloch" durch die Frankfurter Innenstadt skandierten hatten wohl nicht ganz unrecht und apropo "Fortdauernd", morgen dem Mittwoch trifft man sich in Frankfurt um 18.00 Uhr am Südbahnhof zum geselligen zivilen Ungehorsam: "Lust oder Frust" heisst das Motto.
Wer kann darf kommen.
http://abs-bund.de/aktuelles/3833.html

Dienstag, 3. Juni 2008

heute Hessen, morgen Bayern und übermorgen ...

Was soll man dem noch hinzufügen, in Hessen sind mit dem heutigen Tage Studiengebühren wieder abgewählt.

Es ist vollbracht. Mit dem heute mit der Mehrheit von SPD, Gruenen und Linkspartei im hessischen Landtag verabschiedeten Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Hochschulen ist Hessen das erste Bundesland, welches Studiengebuehren, Langzeit- und Zweitstudiengebuehren wieder abschafft. Die den Hochschulen durch die Ruecknahme entstehenden finanziellen Ausfaelle werden zu hundert Prozent durch Landesmittel ersetzt. Nach zwei Semestern wird somit nun erstmals in einem Bundesland den unsozialen offenkundigen Auswirkungen der Gebühren Rechnung getragen.
Life hört sich da so an: HR Beitrag. Die Klage gegen Studiengebühren läuft dennoch weiter und wird vermutlich am 11.6. Beschieden. Dann wird sich zeigen ob nicht sogar alle bereits gezahlten hessischen Gebühren wieder zurück gezahlt werden müssen.
Der Protest geht weiter - für freie Bildung.

Dienstag, 27. Mai 2008

ole ole - wir ziehen vors OLG

Man könnte bald sagen "Vor langer langer Zeit" klagte man in Nordrheinwestfalen, genauer der Asta der Uni Paderborn gegen das Land NRW. Die Klage läuft im wesentlichen darauf hinaus das Studiengebühren gegen geltendes Recht verstoßen, Streitpunkt ob die UN Resulotion "Zur Erklärung der Menschenrechte" als Bundesrecht anerkannt wird.
Vor 42 Jahren ratifizierte die BRD die Resolution mit folg. Text:

  • der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss (UN Sozialpakt 1966 ratif.)
Soweit bekannt haben Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und selbst das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)in dieser Hinsicht schon Positiv beschieden. Der Sozialpakt ist also dem Bundesrecht gleichgestellt. Sicherlich aus diesem Grunde wurde vor einem Monat die Revision vor dem BVerwG unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 B 68.07 auch zugelassen.

Mit André Schepper vom ABS-Bund und dem Asta Augsburg sind wir uns einig, daß das für uns in Bayern auch von Bedeutung sein wird. Dort kann das Recht auf unentgeltliche Bildung wie in §26 der Menschenrechte oder im §13.2c des ratifizierten Paktes über die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte der Menschen anerkannt werden. Damit könnten Studiengebühren im gesammten Bundesgebiet kippen, Oberlandesgerichte (OLG) der Bundesländer sind gehalten sich an den Bundesgerichten zu orientieren.

Die Chancen stehen gut, und dies ist nur eines von vielen Verfahren auf dem Studiengebühren auf juristischem Wege kippen könnten. In Bayern aktuell ist es eine Klage an der Uni Passau - über formelle Unzulänglichkeiten des Gesetzes, insbesondere der Irreführenden Bezeichnung als Studienbeiträge. Da das Gesetz und die Universitäten durchweg nicht die formellen Anforderungen für einen derart Begründeten Beitrag erfüllen. Weiter ist auch noch die Popularklage in Bayern vor dem Bayr. Staatsgerichsthof anhängig. Diese sollte zwar "bald" beschieden werden, da wir uns aber in Bayern befinden ist sicherlich nicht vor den Landtagswahlen, also erst im Herbst, mit einer Entscheidung zu rechnen.

Um es noch einmal klar zu sagen. Es geht nicht darum Studiengebühren durch Juristerei wegzutricksen - es geht um fundamentale Prinzipien des Zusammenlebens. Erstrittene Menschenrechte sollen eben nicht aus nationalstaatlichen, aus haushaltspolitischen oder föderalistischen Gründen fallen müssen.

Links:
http://www.fzs.de/kampagne/un_sozialpakt/117842.html
http://www2.fzs.de/uploads/unsozialpakt.pdf
  • (1) Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen. (Artikel 26 - 1 (Allg. Erklärung der Menschenrechte))

Blog im Wandel - nichts weiter

derzeit - in den nächsten Tagen - wird das Aussehen dieses Blogs immer wieder leicht verändert ... Funktionen gestrichen, neues Hinzugefügt - nichts für ungut, alles gut.

Mittwoch, 21. Mai 2008

Werbung und altes Zeug: bitte aufräumen!

Aufräumen war angesagt. Ähnlich wie an manchen Stellen der Uni aufgeräumt wird, haben wir unser Archiv und und unsere alte Internetseite aufgeräumt. Zwar sind die Infos zu 2007 mit all den Aktionen wie Protestcamp, Streit mit der FH und der Polizei, Demo, der Freien Uni und so manchem mehr immer noch sehenswert, für das heutige Engagement von Contra aber wenig aussagekräftig.
Eine Zusammengestellte Archivseite findet sich ausschließlich hier: http://www.elaichi.de/contra
eine Extra Internetseite gibt es dann vorläufig nicht, es bleiben neben diesem Blog noch unsere Emailadresse contraaugsburg@googlemail.com und unser Newsletter contra-list-subscribe@googlegroups.com.
Ach, und der Hinweis mit der Uni: es verschwindet immer mehr Werbung die zum Konsum anregen und Lifestyle vermitteln will aus den Werbeträgern der sogenannten Deutschen Hochschulwerbung. Das Statement des Studentenwerks Augsburg nur kommerzielle Werbung in solche zu verbannen ist an sich zwar erst einmal positiv zu werten. Fragt man nach der Zukunft, wird damit ein Einfallstor für eine saubere - vielleicht Sterile Uni geschaffen. Dort werden nur noch genehmigte Aushänge platziert. Die Reglementierungen am HS I im Phil Gebäude und die Werbeträger der Hochschulwerbung deuten in diese Richtung.

Sonntag, 11. Mai 2008

Schwarz-Grün hält an Studiengebühren fest

Die seit dem 7. Mai regierende schwarz-grüne Koalition in Hamburg hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf ein neues Studiengebührenmodell verständigt. Demnach sollen Studierende künftig nach Ablauf ihres Studiums Gebühren in Höhe von 375 Euro/Semester zahlen, sofern sie ein Jahresverdienst von 30.000 Euro brutto erreichen. Die anfallenden Zinsen sollen durch die öffentliche Hand sicher gestellt werden,
während gleichzeitig die derzeit bestehenden Ausnahmetatbestände, die die Entlastung einzelner Gruppen von Studierenden, "radikal reduziert" werden. Für Studierende, die aufgrund ihrer Beteiligung an einem Gebührenboykott von Exmatrikulation bedroht sind, "soll eine Lösung gefunden werden" - zur vollständigen Rücknahme der Exmatrikulation konnte sich die neue Koalition nicht entschließen.

Das neue Hamburger Gebührenmodell wurde von vielen bildungspolitischen Akteuren deutlich abgelehnt. Der fzs kritisierte die Einigung auf das Schärfste und bedauerte, dass die demokratische Mehrheit von SPD, Grünen und Linken nicht zur Gebührenabschaffung genutzt worden sei: "Der Wählerwille in Hamburg war eindeutig für
eine Abschaffung der Studiengebühren", so Florian Hillebrand vom fzs- Vorstand. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren wies darauf hin, dass der Kompromiss "sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung" sei, wie der ABS-Geschäftsführer André Schnepper erklärte; eine Abschaffung sähe allerdings anders aus.

Dienstag, 6. Mai 2008

1,Mai - Ein Bericht aus der Türkei


1.Mai - Tag der Arbeit, Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde: Ein Bericht aus der Türkei (Izmir)
Pünktlich um halb zwei Uhr nachmittags zog eine bunte, kaempferische und vor allem sehr junge Masse aus ca. 2000 Menschen los, um für ihre Ideale und gegen entsprechende Missstaende zu demonstrieren. (Was die Forderungen im Einzelnen waren, laesst sich mit meinem Türkisch noch nicht sagen... Im Groben: Für eine bessere Welt!) Alle Teilnehmer waren vorbildlich mit Fahne, Transparent, kreativem Outfit und wahlweise Trommel, oder Megafon ausgestattet - die Praesenz war visuell und akkustisch stark. Natürlich wurde die Demonstration von massiver Polizeipraesenz eskortiert, was in der Türkei Panzer und Scharfschützen auf den zentralen Haeussern
bedeutet; im Gegensatz jedoch zum 1.Mai in Istanbul, wo es zu extremen Ausschreitungen der Behörden gekommen ist, blieb der Tag in Izmir entspannt bis ausgelassen. Dazu trugen, neben dem guten Wetter, vor allem die traditionellen Tanzeinlagen seitens fast aller Demonstrationsteilnehmer an mehreren Stellen der Demoroute bei. Nichtsdestoweniger war die Angelegenheit eine höchst politische, machten doch die einzelnen anwesenden Grüppchen ordentlich Bambule für ihre Anliegen und Parteien. (z.b.: Sozialdemokraten, demokratische Gesellschaft, Linkspartei, Partei für Freiheit und Solidaritaet - aus der Regierungsvertretung und verschiedene kommunistische Parteien ohne aktuelles Mandat)
Wie bereits erwaehnt war besonders der geringe Altersdurchschnitt der Teilnehmer erstaunlich. Vermutlich lag er bei etwas um die 20 Jahre. Desweiteren sah ich mit Freuden, dass auch Kurden und Aleviten den 1.Mai nutzten, um ihrer Position Gehör zu verschaffen.
Das Erbe von Herrn Atatürk bleibt ein Spannungsfeld zwischen Nationalismus, Islamismus, Staatsautoritaet, Minderheitendiskriminierung und ethnischen Konflikten. Insofern braeuchte es vielleicht taeglich einen ersten Mai - und das nicht nur in der Türkei.

"je früher, desto besser - vorsortiert, geordnet und vor allem: etikettiert"

In der Aktuellen Ausgabe 329 der Graswurzelrevolution findet sich ein Guter Artikel über die Deutsche Hochschulbildung ... Joseph Steinbein lässt sich über die aktuellen Entwicklungen im Bologna Prozess mit seinen Bachelor und Master Studiengängen aus, demontiert die fadenscheinigkeit der DFG, nach der der Zusatz "Elite Universität" nichts weiter als ein billiges Etikett für verwertbare Studiengänge sei - welches zudem an lächerliche Anforderungen knüpft,
und kommt zu dem zitiertem Schluss "Nur wer Geld hat, darf sich bilden!"

Der Artikel : heruntergeladen und ausgedruckt sei jedem als Pausenlektüre ans Herz gelegt:
http://www.graswurzel.net/329/exzellenz.shtml

Dienstag, 15. April 2008

Tuff, tuff, tuff

Aus Solidarität mit der bayrischen Staatsregierung, die sich derzeit leider Gottes in der misslichen Lage von der 4,5 Mrd.-Finanzkrise der BayernLB angefangen, über von der Partei-Spitze unautorisierte, kritische Äußerungen in den eigenen Reihen gegenüber der Öffentlichkeit, bis hin zum Scheitern des tollen Vorzeigeprojekts Transrapid befindet, aus aufrichtigstem Mitleid mit der CSU angesichts dieser Schmach, und um Schlimmeres zu verhindern, vor allem für Parteichef Huber - Millbrand ist ja nun auf Grund seines Versagens in der SachsenLB zurückgetreten -, steht der Vorschlag im Raum, den Transrapid trotzdem zu bauen - aus Studiengebührengeldern!
Die Studierendenschaft sieht ein, dass der Transrapid nicht nur Beckstein einen Eintrag in den Analen der Wissenschaftsgeschichte sichern würde, sondern auch - genau wie die Einführung der Studiengebühren zuvor -, einen großen Beitrag zur Verbesserung des Wissenschaftsstandorts Bayern und einen gewaltigen technologischen Vorsprung vor den anderen deutschen Bundesländern sichern würde, welche sowieso immer und in allen Bereichen im Schatten des weiß-blau-strahlenden Bayerns stehen - und dort sollen sie gefälligst auch weiterhin bleiben, weshalb Huber in den Bundestag 2009 muss.
Den Transrapid könnte Contra nebenbei auch selbst für die nächste Exkursion auf den Berliner Friedhof benutzen, wohin wir uns bald, zur abenteuerlichen Spurensuche nach den Überresten der humboldt'schen Bildungsideale heute, begeben wollen.
Anmeldemöglichkeiten zur Exkursion: jeden Montag, 19Uhr, vor der alten Cafete.

Samstag, 12. April 2008

1968 - Die Hintergründe des Vordergründigen. Ein Lesezirkel zu Theorie, Akteuren und Kritik


Für alle, die der derzeitige Medien-Hype um das Thema "1968" nicht gänzlich befriedigt, findet im Sommersemester 2008 ein autonomes Seminar von Studierenden für Studierende statt. His soll es um Theorie und Akteure sowie um Kritik an "68" gehen. Wir werden auf Grundlage eines Readers Themen wie die Kritische Theorie, die Sexuelle Befreiung, APO, SDS, RAF, Feminismus, u.a. diskutieren und hinterfragen.
Der Reader ist im Seminar erhältlich. Die Lektüre dient als Grundlage für unsere Diskussionen und wird daher vorausgesetzt.

Jeden MONTAG, 17:30 Uhr Raum 1005 (Physik-Hörsaalzentrum)
Beginn 21.04.08

Die verblasste Studentenbewegung von 1968 avanciert – egal ob in Hochglanzmagazinen, jeglichen Zeitungen oder Radiobeiträgen – zum medialen Dauer-Hype, und das schon seit vergangenem Jahr, da 1968 ja bereits 1967 mit der tragischen Demonstration in Westberlin begann. Doch wo hat diese brisante Thematik ihren angestammten Platz? Sind die Anliegen und Probleme der damaligen Generation in der heutigen Presse gut aufgehoben oder gehören sie nicht eigentlich an die Universität, aus welcher die Bewegung hervorging, und die an sich auch dem gesellschaftlichen Fortschritt dienlich ist/sein sollte, gleichwie der Selbstaufklärung der Studierenden zu sich selbst? Zeitungslesen und darin vorgesetzte Meinungen rezipieren kann jeder, zur eigenen Urteilsbildung bedarf es jedoch der Diskussion, vor dem Hintergrund der eigenen Ansichten, Erfahrungen und Ideen. Contra möchte deshalb im Sommersemester einen Lesezirkel zu „1968 – Die Hintergründe des Vordergründigen“ initiieren – neben der "Freien Uni" ein Novum für unser Aktionsbündnis als auch für die Uni Augsburg, wo selbstorganisierte, autonome Seminare rar sind. Ein derartiger Lesezirkel bietet die Chance zum intensiven Austausch bezüglich der Aktualität jener Fragen der jungen Generation von damals, die heute von Jahreszahlen, landläufigen Meinungen über gesellschaftliche Verfehlungen und Errungenschaften sowie von Halbwissen in ihrem wesentlichen Kern überdeckt zu werden drohen.

Der ab dem 21. April immer im Physikhörsaalzentrum um 17:30Uhr stattfindende Lesezirkel basiert auf einem Reader, welcher aus Textauszüge zu Themen wie unter anderem Sexuelle Befreiung (Wilhelm Reich), Feminismus (Simone de Beauvoir), Kritische Theorie (Theodor W. Adorno), Utopismus (Herbert Marcuse), RAF (Bekennerschreiben), APO/SDS, Anitautoritäre Erziehung (Alexander Neill) sowie aus kritischen Beiträgen zur sozialen Bewegung besteht. Der Reader wird ab Seminarbeginn als Kopiervorlage in beiden copy-shops vorliegen und im Seminar erhältlich sein; er stellt die Diskussionsgrundlage dar, deren Lektüre vorausgesetzt wird.

Alle aufgeschlossenen Studierende, die ebenfalls Diskussionsbedarf sehen, sind hiermit aufgefordert mitzuwirken!

Dienstag, 8. April 2008

Plädoyer für ein AnitRa Referat

Gemessen an der Größe der Augsburger Uni und auch in Relation zur Stadt als solche, ist es unüblich, dass der hiesige ASTA kein Referat unterhält, das es sich zu Aufgabe gemacht hat, die Studierendenschaft auf rassistische und neonazistischen Aktivitäten und Wirklichkeiten in ihrer Umgebung aufmerksam zu machen.

Dabei erübrigt sich eigentlich jedweder Hinweis, wonach die Universität auch nur ein institutionalisierter Teil der Gesellschaft ist, in dem sich die soziale Wirklichkeit in einer überschaubareren, wenngleich weniger prekarisierten Form wieder finden lässt. Allein die Tatsache, dass die Universität nur als verzerrtes Spiegelbild der Gesellschaft angesehen werden kann, lässt die Notwendigkeit nach einem Antira Referat erkennen. Dies gilt im Besonderen für das Bundesland Bayern, dessen Bildungssystem Migranten und Migrantinnen den Zugang zu höherer Bildung überdurchschnittlich stark erschwert. Die sozio-kulturelle Zusammensetzung der Augsburger Studierendenschaft ist somit in erster Linie ein Produkt der bayerischen Bildungspolitik, eine Politik über die diskutiert und aufgeklärt werden sollte.

Die Uni Augsburg ist natürlich nicht nur eine Bildungsinstitution innerhalb eines Bildungswesens, sondern zugleich auch ein fester Bestandteil der Stadt Augsburg. Es wäre dabei absolut verfehlt zu glauben, dass rassistische, nationalistische und antisemitische Ressentiments nicht auch hier von Menschen artikuliert und kolportiert werden würden. Der augenscheinlichste Beweis hierfür sind sicherlich die regelmäßig wiederkehrenden Aufmärsche von Nazis, die mittlerweile eine Regelmäßigkeit aufweisen, die in anderen Städten ihres Gleichen sucht.

Augenscheinlich war es aber auch, dass die Beteiligung der Studierenden an Gegenprotesten kaum wahrzunehmen war, was auch dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass es keine koordinierten Mobilisierungen am Campus gegeben hat. Der Asta und damit auch die Augsburger Studierendenschaft, blieben bei den breit angelegten städtischen Bündnissen, denen sich die unterschiedlichsten Gruppen und Einrichtungen im Vorfeld der Naziaufmärsche angeschlossen hatten, außen vor. Es kann kein Zustand sein, dass ein Asta bei solchen Bündnissen nicht involviert ist und sich damit begnügt in einer E-Mail in Form einer Randnotiz auf die Naziaufmärsche aufmerksam zu machen.

Frei von Kritik ist auch die Sudetendeutsche Landsmannschaft nicht, die alle zwei Jahre ihren Sudetendeutschen Tag in Augsburg abhält; Zu Letzt an der Messe, einem Steinwurf entfernt von der Uni. Wenngleich die Einstufung und Bewertung dieses Vertriebenenverbandes kontroverse Diskussionen hervorbringen mag, so sind die erhobenen Vorwürfe des Geschichtsrevisionismus und des sekundären Antisemitismus nicht aus der Luft gegriffen, sondern wohlüberlegt und begründet. Die Studierendenschaft sollte zumindest die Möglichkeit haben, sich mit dieser Kritik auseinander setzen zu können.

Zu guter Letzt gilt es noch einen Blick in die Studierendenschaft selber zu werfen. Obgleich studentische Verbindungen in Augsburg nicht auf jene historich gewachsene Strukturen zurück greifen können, wie deren Pendants an älteren Universitäten, bleibt die Kritik an ihnen unabänderlich bestehen. Dem wohlwollendem Umgang mit den studentischen Verbindungen, der seit Jahren an der Uni auf den verschiedensten Ebenen betrieben wird, muss eine sachliche und kritische Auseinandersetzung entgegen gehalten werden.

Sonntag, 30. März 2008

Mit Goppel für eine bessere Welt

Ende Januar diskutierte Contra mit dem Wissenschaftsminister über Studiengebühren, benachteiligte Kinder und Marxismus in der CSU


Eine Stunde gab der Minister dem Aktionsbündnis für freie Bildung Contra. Das war mehr als erhofft und ergab genau so wenig wie erwartet.

Am Donnerstag, dem 31. Januar, empfing der bayrische Wissenschaftsminister, Dr. Thomas Goppel, neun VertreterInnen des Aktionsbündnisses im Hotels Drei Mohren in der Maximilianstraße. Dabei waren außerdem PressevertreterInnen der AZ und der Stadtzeitung, BeraterInnen von Goppel, sowie der Kanzler der Universität.

Eigentlich kam Goppel wegen der Einweihung der Kindertagesstätte in der neuen FH nach Augsburg. Auf unsere Anfrage und die Mitwirkung des FH-Präsidenten Prof. Dr. Hans-Eberhard Schurk hin, bot er uns die Gelegenheit über Studiengebühren und Hochschulpolitik zu diskutieren. Schurk organisierte den Fugger-Saal im Drei Mohren, dies sei ein „neutraler Ort“. Vermutlich verbarg sich dahinter die Sorge um eine weitere Auseinandersetzung in seiner FH, wo er schon während der Einweihungsfeier im Sommer stille, aber allein durch ihre Anwesenheit lästige StudentInnen von der Polizei gewaltsam entfernen ließ.

Zunächst überließ der Minister Contra das Wort und hörte sich ein vorbereitetes Plädoyer des Aktionsbündnisses an, das mit der Aufforderung schließt, die Studiengebühren zurückzunehmen (nachzulesen auf http://uni-a.blogspot.com). Goppel konterkarierte eine vernünftige Diskussion zu Beginn mit Floskeln wie „Die Studiengebühren sind in Bayern abgefedert wie in keinem anderen Land“. Ein Argument, dass lediglich sagt, dass es in Bayern nicht ganz so schlecht läuft als in anderen Bundesländern. Dass das aber nichts an der Misere ändert zeigten die VertreterInnen von Contra anhand der bekannten Tatsache, dass Chancengleichheit in Deutschland nicht gegeben ist und die Studiengebühren diese Misere verschlechtern: „In keinem anderen OECD-Land hängt der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft ab.“ Innerhalb Deutschlands ist Bayern sogar Spitzenreiter bei der strukturellen Benachteiligung von Kindern aus unteren sozialen Schichten. Durch die monetäre Barriere neigen Eltern, die finanziell schlechter gestellt sind, eher dazu, ihre Kinder vom Studium abzuhalten. Diesem Argument entsprang etwas später folgender Dialog (durch einen Videomitschnitt ist es möglich, sämtliche Dialoge wörtlich wiederzugeben):

Goppel: „Sie sagen, dass es Familien gibt, die ihre Kinder nicht studieren lassen. Nun sage ich Ihnen: In Ordnung. Lassen Sie uns Wege finden, wie wir sie informieren, so dass sie keinen Grund zur Skepsis haben.“

Contra: „Es geht doch nicht darum, dass es Familien gibt, die ihren Kindern irgendetwas nicht erlauben. Die Frage ist: Wieso handeln Menschen aus unteren sozialen Schichten genau so, wie sie handeln?“

Goppel: „Weil sie nicht informiert sind.“

Contra: „Also ist Armut ein Informationsproblem?“

Goppel: „Nein, aber auf die Reaktion aus nicht vorhandenem Geld folgt die Frage: Bin ich nicht bereit, mich in der Gesellschaft so zu beteiligen, wie ich das könnte? Oder bin ich bereit anzuerkennen, dass das nicht mein Problem ist, sondern eine Generation später anders erledigt wird. Sie tun ja grad so als ob wir immer noch im 19. Jahrhundert wären. Ich bin nicht mehr bei Karl Marx und Friedrich Engels und Rosa Luxemburg. Die Zeit ist vorbei. Das war die Idee vor 200 Jahren, war völlig in Ordnung. Ich wäre wahrscheinlich sogar Marxist geworden, wenn ich sehe, wie die Verhältnisse von damals waren. Nur heute haben wir eine ganz andere – eine aufgeklärte – Situation der Bürger. Das ist eine völlig andere Diskussion. Wir haben eine Informations- und Kommunikationsgesellschaft, in der das Fernsehen den ganzen Tag in 40 Sendern Ihnen erzählt, was sie alles machen können. Das haben Sie damals alles nicht gehabt.“

Die Unterstellung, Contra sei marxistisch geprägt und die interessante Selbsteinschätzung Goppels, sind beispielhaft für den Verlauf des ganzen Gesprächs. Ausschweifungen und das Verlassen des Kernproblems machten es dem Aktionsbündnis schwer, Argumente einzubringen. Goppel, ein geübter Rhetoriker, nahm 30 Minuten der Gesprächszeit in Anspruch, während Contra nur auf gute 21 Minuten kam.

Contra: „Sie ziehen sich durch die Einführung von Studiengebühren aus der Verantwortung. Die Hochschulen wurden seit Mitte der 90er Jahre unterfinanziert.“

Goppel: „Nein... äh Moment… sie haben nicht genug Geld gekriegt! Der Unterschied ist, ob Sie (zeigt mit dem Finger auf ContravertreterInnen) alles was Sie machen wollen realisieren können, oder ob Sie das Geld, das Sie kriegen, für bestimmte Dinge einsetzen müssen und einen Freiraum zur Entscheidung haben. Früher mussten Sie es einsetzen, heute ist es freigestellt. Sie wollten doch immer haben, dass die Universität das selbst entscheidet. Jetzt haben wir letztes Jahr ein neues Gesetz verabschiedet, in dem steht ausdrücklich drin, dass die Universität das selbst macht. Jetzt sind wir so weit, dass Sie schon wieder bei mir klopfen und sagen: Goppel, Du musst sicherstellen, dass die Universität das nicht kürzt, denn die macht das falsch. Und vorher haben Sie gesagt: Bitte gib das Geld der Universität, Du bist zu blöd es zu entscheiden.“

Wo versteckt sich der Zusammenhang mit dem Argument von Contra? Wo antwortet Goppel auf die Situation in den 90er Jahren? Wo auf das Weniger an Geld, das die Universitäten bekamen? Unter diesen Diskussionsbedingungen wird Politik gemacht. Und dennoch behält Contra sich Goppels Angebot vor, „mal einen ganzen Nachmittag zu diskutieren.“ Allein das macht ihn doch recht sympathisch und das weiß er auch selbst: „Die Studierenden von Augsburg haben gestern ausdrücklich in der offiziellen Vertretung (gemeint ist der Asta) gesagt, damit (gemeint ist: mit Contra) haben wir nichts im Sinn. Ich habe gesagt, ich diskutiere trotzdem mit Ihnen. So schlimm bin ich also sicherlich nicht.“

Naja!

Donnerstag, 27. März 2008

Wie weiter mit der Urabstimmung?

"Durch die Urabstimmung übt die Studierendenschaft die oberste beschließende Funktion aus", so heißt es im §4(1) der Satzung der Studierendenschaft. Auf der letzten Studentischen Vollversammlung wurde mit überwältigender Mehrheit beschlossen, über die Frage der Studienbeiträge alle Studierende abstimmen zu lassen. Die Studierendenschaft in Urabstimmung ist das weitreichendste Mittel, welches uns die Satzung ermöglicht und stellt eine verhältnismäßige Antwort, auf den weitreichenden Angriff durch die Erhebung von Studiengebühren aller Art, dar.
Leider konnten sich unsere Studierendenvertreter noch nicht durchringen, diese Maßnahme einzuleiten, obwohl ein eindeutiges Votum für die Durchführung der Urabstimmung, durch die Vollversammlung an den Konvent (unser Studierendenparlament) gegeben wurde.
Wenn sich 15 Prozent aller Studierenden an der Abstimmung beteiligen würden und die Mehrheit sich gegen die Gebührenerhebung ausspräche, wäre dies ein politisches Signal an die bayerische Regierung, die Gebühren wieder abzuschaffen und ein Druckmittel auf die Unileitung die Studienbeiträge zumindest von 500 € auf 300 € zu senken.
Wie jedes Jahr im Sommersemester finden mitte Juni die Hochschulwahlen statt. Dies wäre eine einfache und sinnvolle Möglichkeit, die Urabstimmung durchzuführen.
Der Kampf gegen Studiengebühren geht weiter, mit allen Mitteln und auf allen Ebenen.

Dienstag, 18. März 2008

Universitäten als „Wiege von Guerrilleros“?

Medienkampagne gegen öffentliche Universitäten in Mexiko nach dem Tod vierer mexikanischer Studierender in einem Lager der kolumbianischen Guerrilla FARC

Am ersten März griffen kolumbianische Militäreinheiten einen Stützpunkt der sog. Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) auf ecuadorianischem Boden an. Zwanzig Personen kamen dabei durch Bombenabwürfe, weitere drei durch Schüsse aus weniger als vierzig Zentimeter Entfernung um. Unter den Toten befanden sich aus bisher ungeklärten Gründen auch vier mexikanische Studierende, von denen drei Lateinamerikas größte Universität, die UNAM in Mexiko-City, besuchten.

Die FARC, eine von zwei in Kolumbien aktiven Guerrillaorganisationen, werden in Presse und Politik gerne als Drogenguerrilla denunziert. Auf grundsätzliche soziale Konflikte antwortet die kolumbianische Regierung mit dem von den USA massiv unterstützten „Plan Colombia“, der im wesentlichen Aufstandsbekämpfung und die Vernichtung von (Kokain-)Anbaufeldern beinhaltet, aber keine Perspektiven für die davon betroffene ländliche Bevölkerung eröffnet. Von Teilen der mexikanischen Presse und Politik wurden diese Vorwürfe gegen die FARC nun aufgegriffen und gegen die UNAM gerichtet.

Noch bevor ein Wort des Beileids an die Hinterbliebenen der Studierenden ergangen wäre, erklärte beispielsweise der mexikanische Ex-Kanzler Castañeda, die StudentInnen sollten sich auf Grund ihrer Zusammenarbeit mit der „Narcoguerrilla“ zum Teufel scheren. In der konservativen Presse wurde die UNAM und insbesondere die Philosophisch-Geisteswissenschaftliche-Fakultät, der zwei der Studierenden angehörten, nicht zum ersten Mal als „Wiege von Guerrilleros“ bezeichnet. Angehörige der toten Studierenden und zahlreiche MitarbeiterInnen der UNAM sowie deren Rektor wiesen die Angriffe zurück. Die Leitung der Universität erklärte ihr Bestürzen über den Tod dreier ihrer Mitglieder und forderte eine ernsthafte und objektive Untersuchung der Geschehnisse ein. Gleichzeitig äußerte sie sich besorgt über die Versuche, die Universität und sämtliche ihr Angehörigen zu diskreditieren. Eine der großen Stärken der UNAM sei „die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder und deren Arbeitsbereiche.“ Einzige Grenze der universitären Freiheit sei der Respekt vor den Rechten der Anderen.

An der UNAM lehren und studieren etwa 350 000 Menschen. In den aktuellen Angriffen wird immer wieder versucht Verbindungen herzustellen zwischen dem öffentlichen Charakter der Institution und vermeintlichen oder tatsächlichen terroristischen Umtrieben. Insgesamt gibt es in Mexiko ca. 500 öffentliche und 700 private Hochschulen. Studiengebühren an letzteren bewegen sich teilweise auf us-amerikanischem Niveau.

 
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