Dienstag, 24. Februar 2009

Bachelor = Berufschule!!!

Psychogramm studentischer Geisteskapitulation-

oder wo sich der Chef vom Dienst prestigeverdächtig den Ar... aufreisst!

Hier steht es - ohne zeitliche Begrenzung.

Dieses Projekt der Gegenaufklärung stellt de facto das Ende der Universität dar. Die Autonomie des Geistes fällt der Evaluitis, dem Tabellenfetischismus und der industriellen Sammlung von credit points ohne größere Störgeräusche zum Opfer. Dass solche Unterwürfigkeit der zum Idol erhobenen angelsächsischen Wissenschaftskultur, mittlerweile durch führende Köpfe studentischer Boulevardpresse von jeglicher Kritik entbunden gesehen werden möchte, ist dafür nur bezeichnend.

Die Modularisierung unterliegt primär einer Absicht: Der Anpassung des tertiären Bildungsbereichs an den durch Wettbewerb geregelten (Bildungs)Markt. Der Geist wird an den Imperativ der Zweckmäßigkeit, Nützlichkeit und Verwertbarkeit gekettet. Bildung soll den Akkumulationsbedürfnissen entsprechend kapitalisierbar werden.
„Menschen, die durch ein derart geregeltes Studium hindurchgegangen sind, ganz auf Mittel ausgerichtet werden, müssen fast stets positivistisch-pragmatische Gesinnung, wenn nicht geradezu Feindschaft gegen das Denken entwickeln und sich mit dem, was ihnen durch die Verdinglichung des Geistes angetan wird, auch noch identifizieren.“
(Horkheimer: Fragen des Hochschulunterrichts, S.405 f.)

Für diese fundamentalen Veränderungen, die den Menschen zu einem Fabrikstück machen, tragen die Studenten keine Verantwortung. Problematisch wird es allerdings, wenn sie diesen Strukturwandel nicht feststellen, ja eben sogar leugnen und aktiv mit beschleunigen.

Bei Herrn Hahn ist die Rede von Aufregung und Degradierung, persönlicher Betroffenheit, teilweiser Veräppelung seiner selbst und Unwissenheit der Urheber im Zusammenhang mit einem Transparent, das eben diese hochschulpolitische Entwicklung zu benennen sucht.

Was sind die Ursachen dieser narzisstischen Kränkungen und egozentrischen Reduktionen?

Zum einen ist es sicherlich die Projektion der latent bewussten begrifflichen Impotenz, als Reaktion auf die ganz archaische Existenzangst des Menschen: Es gibt keine andere Wahl - Im Namen der Freiheit wird die Unmöglichkeit der Freiheit verkündet.
Das ewige Diktum von der dringenden Notwendigkeit der Veränderung ist ein Wesensmerkmal des entfesselten Kapitalismus.

Diese von Sinn gelöste Nebeldebatte auf dem Privat-Blog von Herrn Hahn, um die Intention der Unterstellung beim Gegenüber steht exemplarisch für die totale Aufgabe studentischer Kritik an bildungspolitischen Entwicklungen. Dabei ist gerade die mit Lust affirmativ vorgetragene Argumentationslosigkeit die aus einer bloßen Ohnmacht gegenüber jenen oben genannten Veränderungen resultiert das Erschreckende.
Die psychische Struktur des neoliberalen homo oeconomicus ist psychisch paranoid: Weil er die gesellschaftlichen Verhältnisse als undurchschaubar erfährt, als mythologisch-entfremdete Mächte, glaubt er sich überall bedroht, überall betrogen. Kann er die Verhältnisse nicht durchschauen, entzieht sich die Möglichkeit ihrer vernünftigen Veränderung, so bleibt nichts als Anpassung an das Unausweichliche. (vgl. Stapelfeldt, Gerhard: Geist und Geld, S.149)
Denn „der Glaube an die Unausweichlichkeiten unserer Zeit gehört womöglich zu jenen Illusionen, die notwendig sind, damit das Unausweichliche erst wirklich unausweichlich wird.“ (Liessmann, Konrad Paul: Theorie der Unbildung, S.175)
„Dieser Geist, der sich so den Verhältnissen ausgeliefert wähnt, ist auf den Konformismus verpflichtet, der Stachel der Kritik und der Opposition ist ihm nicht bloß fern - er bekämpft ihn geradezu in sich und anderen. Darum ist er auch masochistisch.“ (vgl. Adorno: GS 8, 115)

Zum anderen ist es die FDP-Floskel, die das Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär pervertiert; Herr Hahn schreibt sinngemäß: „Ich habe es geschafft und ich hatte genügend Zeit, also muss das bei allen anderen auch so funktionieren, ansonsten sind sie nicht geeignet, in jedem Fall nicht Kritik berechtigt.“ Das ist die vermeintlich moderne Interpretation des Homo-Mensura-Satz des antiken Sophisten Protagoras: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der Seienden, dass sie sind und der Nichtseienden, dass sie nicht sind.“ Nur leider verkennt die moderne Version, nebst der Problematik der Relativierung, dass das Maß an allen Menschen und nicht nur an einem einzigen angelegt werden sollte!

Es gäbe doch realiter wichtigere Gegenstände studentischen Kopfengagements, als die Spekulation nach den Verantwortlichen im Sinne des Presserechts, wozu es jedoch eines tieferen Vordringens in die Zusammenhänge der Wirklichkeit bedarf, als nur jener oberflächlich fragmentarischen Belanglosigkeiten im Stile einer Präsentation der eigenen Vorbehalte, wie von gewissen Kommilitonen vorgeführt - sie ist zur ernsthaften Aus-einander-setzung nicht fähig und arrangiert sich mit ihrer Unwissenheit.

Wissen ist überhaupt eine Form der Durchdringung der Welt: erkennen, verstehen, begreifen. Aufklärung über Unbewusstes, Überwindung der inneren Entfremdung, Interpretation von Daten im Hinblick auf ihren kausalen Zusammenhang und ihre innere Konsistenz. Zur Bildung wird dieses Wissen erst, wenn es die erkannten Werte im Sinne einer selbst-ständigen Kompetenz in ein existenziell relevantes System zu verorten vermag.
Die derzeitige Entwicklung im Zeitalter der so genannten >Wissensgesellschaft< sieht leider ganz anders aus: „Wissen, Intelligenz und Bildung werden phantasiert als Denken in den Kategorien, “richtig“ und “falsch“, als schnelle Produktion kurzer Antworten im Multiple Choice-Verfahren, als Personen-, Zeit- und Kultur- unabhängige Fähigkeit, als mess- und vergleichbare Produkte. Der Gedanke an alles Individuelle, Nichtidentische, Unsagbare, Uneindeutige, Interpretierbare, Dialogische kommt gar nicht erst vor.“ (Stapelfeldt, S. 157)

Gerade das, so muss man leider unterstellen, wenn die getätigten Äußerungen auf benanntem Blog ernst genommen werden sollen, wird mit diesen erreicht. Es bleibt bei redundanten Meinungsmitteilungen, Oberflächensemantik, naiven Vermutungen und haltlosen Unterstellungen, die jedoch und diese Feststellung ist das verwunderlich erschreckende, in vollem, den Autoren zur Verfügung stehenden sprachlichen Umfang verteidigt werden, als gelte es einen Preis zu gewinnen; leider ohne jedweden ästhetischen Anklang, oder ironischen Esprit, so dass man zumindest einmal hätte lachen können!

„In keiner geschichtlichen Periode jedoch (...) hing so viel von der Initiative, vom leidenschaftlichen Willen der Jugend zur Wahrheit, von ihrer unbeirrbaren Liebe zur Humanität ab, wie heute von den jungen Frauen und Männern die den Vorzug haben, zur Universität zu kommen und später einmal dazu helfen sollen, dass der geistige Mensch nicht von der Erde verschwindet.“ (Horkheimer: Akademische Freiheit, S.432)
Verzeihen Sie Herr Horkheimer!

 
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