Montag, 10. September 2007

CONTRA! fordert Besetzung des Universitätsrats mit StudiengebührengegnerInnen

Die mehrheitliche Entscheidung des Senats der Universität Augsburg, den bisherigen Hochschulratsvorsitzenden, Bankier und Stifter Kurt F. Viermetz nicht für den ab 1. Oktober neu zusammengesetzten Universitätsrat zu bestätigen, sorgte für Empörung bei der lokalen Presse und Wirtschaft sowie hochrangigen VertreterInnen aus der Politik. Am kommenden Mittwoch sollen die beiden noch vakanten Plätze in diesem an Kompetenzen reichen neuen Hochschulgremium vergeben werden. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren CONTRA! fordert die Mitglieder des Senats auf, KandidatInnen den Vorzug zu geben, die eine kritische Position gebenüber aktuellen hochschulpolitischen Entwicklungen wie der Einführung allgemeiner Studiengebühren einnehmen.


Nach neuer gesetzlicher Regelung wird der bisherige Hochschulrat ab 1.Oktober durch den Universitätsrat ersetzt. Dieser wird sich an der Universität Augsburg aus jeweils sechs internen und sechs externen stimmberechtigten Mitgliedern sowie der beratend fungierenden Genderbeauftragten zusammensetzen. Die internen Mitglieder gehen aus den Hochschulwahlen hervor. Die externen VertreterInnen werden von der Universitätsleitung dem Senat vorgeschlagen und nach erfolgter Wahl vom Wissenschaftsminister bestellt.

Am 24. Juli lehnte der Senat der Universität Augsburg mehrheitlich die bisherige Hochschulrätin Frau Ulrike Leutheusser und den bisherigen Hochschulratsvorsitzenden Herrn Kurt F. Viermetz ab. Zuvor hatte der Senat von seinem Recht auf Anhörung der KandidatInnen Gebrauch gemacht, wobei Frau Leutheusser durch Krankheit verhindert war. Die demokratische Abwahl von Herrn Viermetz sorgte für politischen Wirbel und Verdruss.

Von Wissenschaftsminister Goppel mussten sich die Senatsmitglieder belehren lassen, dass man mit dem größten Gönner der Universität »nicht so leichtfertig umgehen« könne. Theo Waigel, ehemaliger Bundesfinanzminister, äußerte Überlegungen, aus Solidarität mit Viermetz vom Vorsitz im Kuratorium der Universität zurückzutreten. Schließlich sei es unwürdig, »(e)inen Mann, der so viel investiert hat in die Universität, in der Form abzukanzeln«. Allerorten war der Tenor, dass man mit einem Mann von Viermetz' Provenienz und Engagement »so nicht umgehen« könne. Der Presse ließ sich entnehmen, die Hintergründe der Abwahl würden von Wirtschaftsvertretern als »eher politisch motiviert« vermutet.

Warum die Entscheidung des Senats jedoch nicht auch politisch motiviert sein darf, wurde nirgends erklärt. Angesichts der deutlich erweiterten Kompetenzen des künftigen Universitätsrats stellt sich vielmehr die Frage, wie eine derartige Wahl NICHT politisch motiviert sein sollte. Der künftige Universitätsrat wird eines der höchsten Gremien der Universität darstellen und entscheidend an ihrem Profil mitwirken. Beschlüsse wie die über die Einrichtung oder Einstellung von Studiengängen, die künftig in der Kompetenz des Universitätsrates stehen werden, waren und sind stets auch politische Entscheidungen.

Was den Senatsmitgliedern vorgeworfen wird, ist deshalb tatsächlich nicht, DASS sie eine politische Entscheidung über die Zukunft der Universität getroffen haben, sondern WIE ihre Entscheidung ausfiel. Aus welchen Gründen die einzelnen Senatorinnen und Senatoren die Kandidatur von Herrn Viermetz abgelehnt haben, obliegt ihnen selbst. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren CONTRA! begrüßt jedoch diese Entscheidung. Herr Viermetz hatte am Tag der Universität am 5. Juli anlässlich des von seiner Stiftung verliehenen Wissenschaftspreises deutlich gemacht, wie seine Vorstellungen eines blühenden Hochschulbetriebes aussehen: Zunehmender Wettbewerb und Konkurrenz sorgen dafür, dass die Besten und ihre Ideen sich durchsetzen, wohlhabende Gönner wie er selbst fördern den leistungsfähigen Nachwuchs und soziale Gerechtigkeit stellt sich damit von selbst ein. Die hohe soziale Selektivität des deutschen Schulwesens, die in zahlreichen Studien eindrücklich nachgewiesen ist, scheint Herrn Viermetz unbekannt. Auch der Gedanke, steigende Konkurrenz auf jeder Ebene des universitären Betriebes führe zu einer Verbesserung der Leistungen wirkt bestenfalls naiv.

Das Aktionsbündnis CONTRA! fordert die Senatsmitglieder auf, bei der Nachwahl zum neuen Universitätsrat KandidatInnen den Vorzug zu geben, die für eine fachliche und kritische Sicht auf die derzeitigen Umgestaltungsprozesse der Hochschullandschaft stehen. Von Mitgliedern eines der höchsten universitären Gremien ist zu erwarten, dass sie aktuelle Entwicklungen wie Elitestudiengänge, die Einführung von Studiengebühren oder die zunehmend von Universitäten geforderte Drittmitteleinwerbung kritisch auf ihre mittel- und längerfristigen Folgen für die Freiheit und Qualität von Forschung und Lehre untersuchen und entsprechende Konsequenzen ziehen. Auch auf die Gefahr hin, sich in bestimmten Kreisen politisch unbeliebt zu machen.

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