Montag, 24. September 2007

Universität im Goldrausch: Von gezielter Unterfinanzierung zur Verschwendung von Studiengebühren

Die Universitätsverwaltung hat auf ihrer Homepage erstmals Rechenschaft über die Verwendung der Studiengebühren abgelegt. Die Tabellen aus der Verwaltung dokumentieren fehlende Transparenz, unwirtschaftliche Mittelverwendung, unsachgemäße Verwendung und den zunehmenden Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung für seine Hochschulen. Damit liefert die Universität selbst neue und gute Argumente gegen Studiengebühren.

Die rechnerische Qualität der Auflistung ist bescheiden: Die Universität gibt den Gebühreneingang mit circa 5 Millionen EUR an, während insgesamt Kosten in Höhe von geschätzt 6,5 Millionen EUR aufgeführt werden. Darüber hinaus wurden einige neue Lehraufträge der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen und der Philologisch-Historischen Fakultät zwar angegeben, die dazu nötigen Mittel aber schlicht nicht aufgeführt.

Die Kosten für das Lehrpersonal - das wird aus den Tabellen der Verwaltung dennoch deutlich - machen den größten Anteil an den 5 Millionen EUR aus. Die Stellenkürzungen in den vergangenen Jahren haben hier deutliche Spuren hinterlassen und Bedarf entstehen lassen, der nun gestillt werden kann. Leider sind die NachwuchswissenschaftlerInnen, die so angestellt werden können, nur Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie müssen doppelt so viele Lehrveranstaltungen durchführen als ihre KollegInnen (Vollzeitstelle: 10 Stunden pro Woche). Schlechte Arbeitsbedingungen gefährden die Qualität universitärer Lehre.

Das bayerische Hochschulgesetz verlangt, dass die Studiengebühren nur für die Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden dürfen. Das hindert die Universität jedoch nicht daran, auch Verwaltungsstellen, etwa für 66.000 EUR in der Abteilung Akademische Angelegenheiten und Rechtsangelegenheiten zu schaffen. Ein Teil der Personalmittel wird auch dafür bereitgestellt, so genannte Stellensperren zu überbrücken. Stellensperren werden verhängt, wenn Planstellen an der Universität neu besetzt werden müssen, beispielsweise, wenn ein neuer Professor verpflichtet wurde. Dann dürfen die Stellen eine Zeit lang nicht besetzt werden, um Kosten zu sparen. Da die Arbeit jedoch gemacht werden muss, werden die Personalmittel dafür anderweitig aufgebracht. Studiengebühren eignen sich hierfür offenbar hervorragend, um den bayerischen Haushalt zu entlasten.

Eine Bemerkung noch zu den geschaffenen Stellen in der Lehre: An der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät werden 24 neue Stellen in der Lehre geschaffen. Diese DozentInnen sind verpflichtet, 120 Lehrveranstaltungen in jedem Semester anzubieten. Im letzten Wintersemester haben an der Fakultät etwa 150 Veranstaltungen stattgefunden. Insgesamt wird die Anzahl der Lehrveranstaltungen damit fast verdoppelt. Das wäre ja prinzipiell erstrebenswert. Doch diese enorme Erweiterung des Lehrangebots lässt die Frage nach der nötigen Infrastruktur offen. Für 120 Lehrveranstaltungen werden bei optimaler Ausnutzung etwa 4 neue Veranstaltungsräume benötigt, die neuen MitarbeiterInnen benötigen mindestens 12 neue Büros, inklusive Ausstattung. In den anderen Fakultäten ist die Lage ähnlich. Wo dieser Platz in den Universitätsgebäuden herkommen soll ist mehr als fraglich, da die räumliche Auslastung bisher schon erhebliche Schwierigkeiten bereitet hat.

Etwa 1,5 Millionen EUR, davon muss ausgegangen werden, wurden unsachgemäß ausgegeben, d.h. sie führen nicht direkt zur Verbesserung der Studienbedingungen. Das heißt auch, dass die restlichen 4 Millionen EUR, also der Großteil, was aus den Studiengebühren finanziert wird, wichtig und sinnvoll ist. Die Infrastruktur im Bereich der Informationstechnologie, der Bibliotheken und der Hörsaalausstattung bedarf dringend der Erneuerung und Ergänzung. Das zeigt aber nicht, wie wichtig Studiengebühren sind, sondern wie der Freistaat seine Universitäten über Jahre vernachlässigt hat!

Und nun, da das Geld verteilt werden kann, bestätigten vielen Gremien an der Universität, dass es nicht immer ganz einfach war, die von den Studierenden abgepressten Gebühren überhaupt halbwegs sinnvoll auszugeben. Vielerorts ist sogar eine Goldrauschstimmung ausgebrochen – mit entsprechender Auswirkung auf die Seriosität der Berechnungen. Beispiel: Für die neue Versorgung mit drahtlosen Internetzugängen auf dem Campus werden über 200.000 EUR angesetzt. Studentische Experten gehen in einem Online-Forum davon aus, dass selbst bei großzügiger Kalkulation höchstens die Hälfte des Betrags notwendig sein müsste.

Auf der Ebene der Universität zeigt sich: Nachdem dringend notwendige Anschaffungen nun aus dem studentischen Geldbeutel finanziert wurden und für die kommenden Semester so nicht mehr notwendig sein werden, ist es dringend notwendig, die Studiengebühren in einem ersten Schritt auf 300 EUR zu senken. Dies steht in der Macht der einzelnen Universitäten. Die Hochschulleitung steht in der Pflicht, weil studentische Mittel sonst auf mehr als fragliche Weise verschleudert werden. Außerdem darf der Wissenschaftsminister als Dealer nicht erfolgreich sein, wenn es darum geht, die Universitäten anzufixen und sie langfristig von den Gebühren abhängig zu machen.

Weiter müssen die Studiengebühren ganz abgeschafft werden, um eine Hochschulfinanzierung durch den Staat zu gewährleisten. Das ist sowohl wichtig für eine sozial gerechte Gesellschaft, als auch für den Fortbestand einer lehr- und forschungsreichen Bildungslandschaft, die nicht in erster Linie nach ökonomischen, sondern nach wissenschaftlichen Zielsetzungen funktionieren muss: Wissen schaffen. In diesem Sinne fordert Contra die universitären Gremien auf, sich für eine Abschaffung der Studiengebühren einzusetzen.
(Knut und Simon)

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