Donnerstag, 22. November 2007

Rede vor der studentischen Vollversammlung vom 21.11.2007

Liebe Mitstudentinnen und Mitstudenten und falls anwesend sehr geehrte Dozentinnen und Dozenten.

Wir sind jetzt heute hier, um erneut zu mobilisieren, als nächsten hoffnungsvollen Schritt in studentische Verantwortung für das humboldt`sche Bildungsideal und vor allem die moralische Verpflichtung im Sinne der Solidarität.

Ich spreche heute wieder als Vertreter des Aktionsbündnisses für freie Bildung mit dem Namen Contra zu Euch.

Schön, dass ich heute wieder in den Genuss komme vor einer beschlussfähigen Vollversammlung sprechen zu dürfen, so wie das auch letztes Semester der Fall war.

Wir bleiben weiterhin Kritiker der neoliberalen Hochschulreform, setzen uns weiterhin für die Abschaffung der Studiengebühren, beziehungsweise vorläufig die Absenkung der Gebühren ein - auch obwohl der von uns mitorganisierte und durchgeführte Boykott der Studienbeiträge gescheitert ist – auch wenn unser freiwilliges Engagement bei manchen Kommilitonen nur Hohn und Spott erntet - und sogar wenn wir die Druckkosten für die Einladungs- Flyer aus unserer eigenen Tasche zahlen müssen.

Viele Kommilitonen und Dozenten meinen, dass man sich nur um die Verwendung der Gebühren bemühen soll. Aber das ist schlichtweg falsch!

Warum?

Weil wir Studierende und keine Verwaltungsangestellten, oder Sachbearbeiter sind.

Die Sache mit der Mitgestaltung bei der Gelderverteilung ist nicht so einfach, wie sich das immer so beschönigt anhört, zumal wir hier eine völlig indifferente Masse an Studierenden haben. Bei der Mitbestimmung im Bezug auf die Gebührenverteilung hat es sich nicht mit ein paar Minuten Einsatz a la Ich sag mal was mit meinem Beitrag passieren soll, das reicht schon bei so einer simplen Sache wie der Beschaffung eines Buches nicht aus. Bereits bei einer einzigen Personalangelegenheit müssen Anträge gefordert, gesichtet, hinterfragt, individuelle Rechtliche Grundlagen studiert und dann die Entscheidung in den verschiedensten Gremien vorgetragen, verteidigt, vertagt werden. Das ist ein Fulltime Job – mit einem ordentlichen Studium vollkommen inkompatibel. Die entsprechenden studentischen Vertreter können ein unromantisches Lied davon singen.Und oftmals werden den Studierenden wichtige Informationen gänzlich oder lange vorenthalten.

Ich spreche euch deshalb über diese ganz pragmatischen Fakten an,
weil die meisten Studierenden heutzutage für soziale Argumente taub zu sein scheinen - denn unsozial ist was mich nichts angeht!

Dem entgegen möchte uns allen Mut machen zu unserer Überzeugung zu stehen, dass Studiengebühren als Klassenerhaltendes Element wieder abgeschafft werden müssen.

Weiterhin uns alle auffordern, dass wir uns stark machen, im Rahmen unserer Möglichkeiten, aktiv zu werden und die Mitbestimmung, wo abhanden gekommen wieder einzufordern.

Aber nicht erst im letzten Abschnitt des universitären Systems, wo es nur noch um die Verteilung der damit streng genommen bereits legitimierten Gebühren geht, sondern ganz am Anfang, in der gesellschaftlichen Debatte.

Deshalb folgt nun für euch eine neue Möglichkeit eurer Ablehnung der Studiengebühren in einem basisdemokratischen Akt politisch Gehör zu verschaffen: In Form der Urabstimmung!

In unserer gegenwärtigen Situation scheint uns eine derart fundamentaldemokratische Aktion, wie sie die Urabstimmung darstellt ein gutes Mittel zu sein, Druck auf die Entscheidungsträger auszuüben, um eine Absenkung der Gebühren herbeizuführen. Die Urabstimmung ist keine Garantie zur Senkung der Studienbeiträge, aber wenn der Senat dieser Universität ein offizielles Ergebnis der Urabstimmung von 90 plus X Stimmen die sich für die Absenkung aussprechen erhält, dann kann er sich nicht aus der Verantwortung ziehen.

Wir befinden uns in einem radikalem essentiellem, man kann es gar nicht genug betonen, Wandel.

Einhergehend mit der Einführung der Studiengebühren vollzieht sich gerade der massivste Umbau der Universität seit ihrer Gründung.

In der neuen so genannten Wissensgesellschaft soll kein wirkliches, persönlich bedeutsames Wissen mehr angestrebt werden, sondern das Bildungsideal besteht im Erwerb eines nur für eine begrenzte Zeit gültigen, nachgefragten und damit verwertbaren Wissens ohne Tiefgang.

Der BA-Abschluss ohne ein anschließendes MA-Studium kann nur als ein zertifizierter Studienabbruch bezeichnet werden. Die Universitäten, Dozierenden und Studierenden werden in Konkurrenz gesetzt, Marktabhängig gemacht und verdummbürokratisiert.

Die Transformation des bis dato zumindest formell von der öffentlichen Hand garantierte Recht auf einen Hochschulzugang ist mittlerweile abhängig von der finanziellen Situation des Einzelnen Studierwilligen.

Die Augsburger Universitätsleitung belegt meine Argumente mit der kürzlich verlautbarten Mitteilung, dass im Vergleich zum WS 06/07 die Studierendenzahlen dieses Semester um ca. 600 Studierende gesunken sind. Der größte Anteil dabei macht ein Rückgang von 200 ausländischen Studierenden aus. (Diesen Fakt könnt ihr auf der Seite des einzigen stud. Vertreters im Hochschulrat / Universitätsrat einsehen)

Ich fordere euch nachdrücklich auf einmal die Zusammensetzung des Hochschulrates, der über die maßgeblichen Dinge der Universität entscheidet, auf der Internetseite der Hochschule nachzulesen. (Fürst Fugger, Direktor von Mercedes Benz, Vorstand vom Weltbild Verlag)

Wie weit sich die Wirtschaft bereits in die Uni vorgewagt hat, kann man unten im Eingangsbereich der Mensa auf der Vodafone Werbung nachlesen, auf den Plakaten ist die Vorlesung durchgestrichen stattdessen steht jetzt Verlosung drauf – das ist mal Realsatire!!!

Die aktuelle Hochschulreform ist nur eine zwangsläufige Konsequenz im Prozess der totalen Kapitalisierung der Menschheit bis hin zur Bewusstlosigkeit. Bald begrüssen uns herzlich willkommen am Mehr, I`m lovin it und Hier bin ich Mensch da kauf ich ein auch in der Uni – jahaha geiz ist geil haben wir schon...

Es hängt von unseren schöpferischen Fähigkeiten ab, kühn und entschlossen die sichtbaren und unmittelbaren Widersprüche zu vertiefen und immer wieder zu politisieren, Aktionen zu wagen, kreativ und allseitig die Initiative im Rahmen unserer Möglichkeiten zu entfalten.

Und deshalb muss ich jetzt hier mal aufs Pult schlagen, damit ihr wisst was real ist! Wir müssen das Jammern endlich mal hinter uns lassen und aktiv werden.

Diskutiert untereinander - unterstützt uns bei weiteren Aktionen – schließt euch uns an - Schreibt Postkarten – macht euer Kreuz bei der Urabstimmung an der richtigen Stelle – Verschaffen wir uns immer wieder auf`s Neue Gehör, auch und gerade dort wo man es uns versagt!!!

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