Donnerstag, 29. November 2007

Stiefel, Glatze etc.

Gut versteckt in einer Nische neben dem Hörsaal eins ist bis zum 4. Dezember die Ausstellung „Rechtsradikalismus in Bayern“ des Bayernforum der Friedrich-Ebert-Stiftung an der Universität Augsburg zu besichtigen.

Konzipiert als Reaktion auf die Zunahme rechtsextremer Straftaten im letzten Jahr, will die Ausstellung die mittlerweile parallel an über 100 Orten gezeigt und von 80.000 Interessierten besucht wurde, über „die demokratiefeindlichen Rechtsextremisten mit ihrem menschenverachtenden Weltbild“ (aus: Informationspapier der Ausstellung) aufklären. Auf 15 Schautafeln werden Hintergründe über Parteien, Symbole, Internetpräsenz und Lifestyle der Rechten erläutert und versucht, Gegenmaßnahmen aufzuzeigen. Dafür soll vor allem das veränderte Erscheinungsbild der Rechtsextremen herausgearbeitet werden. Die Ausstellung wird diesem Anspruch leider nicht gerecht.
Entsprechend dem Poster, das für die Ausstellung mit dem Bild von Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln wirbt, sind die Rechten auf den Schaubildern durchweg Stiefelnazis und Scheitelträger. Dass der moderne Rechtsextremismus mittlerweile Subkulturen wie Hip-Hop und Punk teilweise erfolgreich integriert, Autonome Nationalisten Auftreten und Parolen der Antifa kopieren und, entgegen der Vorstellung von verbitterten Hasspredigern und Trunkenbolden, Nazis nette Jungs von neben an sein können, die beim Ausfüllen des Hartz IV-Antrages behilflich sind, wird nicht thematisiert. Bestätigt wird, was alle zu wissen meinen: „Auf den meisten Internet-Seiten herrschen pure Menschenverachtung und Hasspropaganda.“ Das mag als quantitative Aussage richtig sein, geht aber an dem Umstand, dass viele Internetseiten moderner Rechter Jugendliche u.a. über die subkulturelle Ebene ansprechen und politische Inhalte subtil streuen, treffsicher vorbei.

Fraglich scheinen zudem die Ausführungen zu rechtem Lifestyle. Marken wie Masterrace und Thor Steinar, die in der rechten Szene verwurzelt sind und deren Gewinne zu Teilen in diese zurückfließen, werden in eine Reihe gestellt mit Doc Martens und Fred Perry, die seit Jahren antirassistische Arbeit unterstützen. Jenseits fehlender Differenzierung und Aktualität wirft die Ausstellung die Frage nach Zielgruppe und Anspruch auf. Wer soll darüber aufgeklärt werden, dass die REPs, die DVU und die NPD rechte Parteien sind? Welchem Zweck dient der Hinweis, dass Nazis Turnschuhe der Modemarke New Balance tragen, weil das Markensymbol „N“ für „National“ stehen soll? Rechte Codes werden dekodiert, kurze Zeit später gibt es neue Codes, subtile Anspielungen, die nur versteht, wer Teil der Szenen ist oder sich intensiv mit ihr beschäftigt. Die Frage nach dem Sinn des Hase-Igel-Wettlaufes im Identitätsspiel der Rechten und der (selbsternannten) Verfassungsschützer stellt die Ausstellung nicht. Vor allem aber fragt sie nicht, wie es sein kann das „die demokratiefeindlichen Rechtsextremisten mit ihrem menschenverachtenden Weltbild (...) ein fester Bestandteil des politischen Alltags zu werden“ (ebd.) drohen. Aufklärung und Analyen über Neo-Nazismus lässt die Ausstellung vermissen. Dafür bedient sie Stereotype und moderne Mythen. Auf ihrer Internetseite wirbt das Bayernforum für die Ausstellung mit dem oben erwähnten Bild der Springerstiefel, worauf zu lesen steht: „Der Kampf gegen die Dummheit hat gerade erst begonnen.“ Neo-Nazismus als Folge mangelnder Intelligenz? Dümmer geht´s nicht.

2 Kommentare:

... hat gesagt…

danke, die ausstellung ist wahrhaft eine große enttäuschung. wann wachen diese staatstragenden verblendeten abtuer endlich auf und sehen wie in deutschland "national befreite zonen" entstehen und 17-jährigen mädchen hakenkreuze in den bauch geritzt werden

... hat gesagt…
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