Mittwoch, 7. November 2007

Erst 5%, jetzt 10%, aber lange noch nicht 19%

Das Bafög für SchülerInnen und StudentenInnen wird ab 1. Oktober 2008 um zehn Prozent erhöht. SPD-Chef Peter Struck sagte am Dienstag, 6.11.07 in Berlin, dies sei jetzt in der Koalition «klar».

Unglaublich, dass es nun doch eine zehnprozentige BAföG-Erhöhung geben wird. Zwar greift diese erst im Herbst 2008, aber das kommt immerhin passend zur nächsten Bundestagswahl. Bisher war nur eine fünfprozentige Erhöhung vorgesehen.

Nicht vergessen werden darf allerdings, dass der Beschluss alles andere als ausreichend und deshalb noch lange kein Grund zum Jubeln ist. Wer behauptet, mit dieser angekündigten Erhöhung sei das BAföG endlich wieder bedarfsdeckend,
sollte die folgenden Hinweise zur Kenntnis nehmen:

* Die Erhöhung um 10 Prozent geht auf eine Berechnung des BAföG-Beirates der Bundesregierung zurück. Der BAföG-Beirat überprüft alle zwei Jahre, ob bei den Bedarfssätzen und Freibeträgen Anpassungsbedarf besteht und legt abschließend einen Bericht vor. Der letzte Bericht behandelt den Zeitraum von 2004 bis 2006 und wurde Anfang 2007 vorgestellt. Allein in den beiden untersuchten Jahren 2004 bis 2006 ergibt sich demnach ein Anpassungsbedarf von 3,5 Prozent bei den Bedarfssätzen und 1 Prozent bei den Freibeträgen. Die angekündigte BAföG-Erhöhung der Bundesregierung
wird nun voraussichtlich frühestens zum kommenden Sommersemester; gegebenenfalls sogar erst zum Wintersemester greifen. Somit ist erneut über ein Jahr mit weiterem Anpassungsbedarf verstrichen. Wenn man von den gleichen Anpassungsschritten wie von 2004 bis 2006 ausgeht, so müssten rund 2 Prozent mehr bei den Bedarfssätzen und ein halber Prozentpunkt mehr bei den Freibeträgen draufgelegt werden – allein um
die Empfehlungen des BAföG-Beirates tatsächlich zu berücksichtigen. Nicht vergessen werden darf, dass diese Zahl sehr niedrig gegriffen ist, da in diesen Zeitraum unter anderem die Mehrwertsteuererhöhung fiel.

* Die Berichte des BAföG-Beirates sind gegenüber der Politik der Bundesregierung zwar meist fortschrittlicher. Dennoch macht auch dieses Gremium keine Vorschläge für ein wirklich bedarfsdeckendes BAföG. Wir verweisen hier auf die Zahlen des Deutschen Studentenwerkes. Wenn bei der Berechnung des notwendigen Mindestbedarfs auch Entscheidungen der Familiengerichte und Krankenversicherungsbeiträge einbezogen werden, macht dies einen Gesamtbedarf von 695 Euro aus. Der derzeitige
BAföG-Höchstsatz unterbietet dies mit rund 100 Euro. Daraus ergibt sich tatsächlich nicht nur ein Anpassungsbedarf von rund 10 Prozent, wie es der BAföG Beirat berechnete, sondern ein Anpassungsbedarf von mindestens 19 Prozent.

* Außen vor gelassen wird von der Bundesregierung bei ihrer geplanten BAföG-Erhöhung das Problem Studiengebühren. Da BAföG-EmpfängerInnen von allgemeinen Studiengebühren nicht generell ausgeschlossen werden, ergibt sich die absurde Situation, dass diese als EmpfängerInnen einer Sozialleistung zugleich zur Finanzierung von Gebühren herangezogen werden. Wie mit dieser zusätzlichen Belastung umgegangen werden soll,
wird von der Bundesregierung nicht beantwortet.

Wie weiter?

Auch mit der angekündigten Erhöhung der BAföG-Sätze ist der Kampf um eine bedarfsdeckende Studienfinanzierung alles andere als gewonnen, aber zumindest ist ein erster kleiner Erfolg erzielt. Das ist allen voran der Verdienst all der Organisationen und Verbände, wie unter anderem fzs, ABS oder GEW, die sich in den letzten Monaten immer wieder an das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Regierung gewandt haben und an den Hochschulen und in der Öffentlichkeit für eine Erhöhung des BAföG gestritten haben!

Kurzfristige Reparaturmaßnahmen können aber nicht über die eigentlichen Probleme der Studienfinanzierung hinweg täuschen. Die Bundesregierung muss endlich bereit sein, eine grundlegende BAföG-Reform einzuläuten: hin zu einer elternunabhängigen, repressionsfreien und bedarfsdeckenden sozialen Grundsicherung mit Vollzuschuss sowie die Ausweitung der Förderung auf SchülerInnen ab Klasse 11 und Erwachsene in der
Weiterbildung.

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