Dienstag, 18. März 2008

Universitäten als „Wiege von Guerrilleros“?

Medienkampagne gegen öffentliche Universitäten in Mexiko nach dem Tod vierer mexikanischer Studierender in einem Lager der kolumbianischen Guerrilla FARC

Am ersten März griffen kolumbianische Militäreinheiten einen Stützpunkt der sog. Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) auf ecuadorianischem Boden an. Zwanzig Personen kamen dabei durch Bombenabwürfe, weitere drei durch Schüsse aus weniger als vierzig Zentimeter Entfernung um. Unter den Toten befanden sich aus bisher ungeklärten Gründen auch vier mexikanische Studierende, von denen drei Lateinamerikas größte Universität, die UNAM in Mexiko-City, besuchten.

Die FARC, eine von zwei in Kolumbien aktiven Guerrillaorganisationen, werden in Presse und Politik gerne als Drogenguerrilla denunziert. Auf grundsätzliche soziale Konflikte antwortet die kolumbianische Regierung mit dem von den USA massiv unterstützten „Plan Colombia“, der im wesentlichen Aufstandsbekämpfung und die Vernichtung von (Kokain-)Anbaufeldern beinhaltet, aber keine Perspektiven für die davon betroffene ländliche Bevölkerung eröffnet. Von Teilen der mexikanischen Presse und Politik wurden diese Vorwürfe gegen die FARC nun aufgegriffen und gegen die UNAM gerichtet.

Noch bevor ein Wort des Beileids an die Hinterbliebenen der Studierenden ergangen wäre, erklärte beispielsweise der mexikanische Ex-Kanzler Castañeda, die StudentInnen sollten sich auf Grund ihrer Zusammenarbeit mit der „Narcoguerrilla“ zum Teufel scheren. In der konservativen Presse wurde die UNAM und insbesondere die Philosophisch-Geisteswissenschaftliche-Fakultät, der zwei der Studierenden angehörten, nicht zum ersten Mal als „Wiege von Guerrilleros“ bezeichnet. Angehörige der toten Studierenden und zahlreiche MitarbeiterInnen der UNAM sowie deren Rektor wiesen die Angriffe zurück. Die Leitung der Universität erklärte ihr Bestürzen über den Tod dreier ihrer Mitglieder und forderte eine ernsthafte und objektive Untersuchung der Geschehnisse ein. Gleichzeitig äußerte sie sich besorgt über die Versuche, die Universität und sämtliche ihr Angehörigen zu diskreditieren. Eine der großen Stärken der UNAM sei „die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder und deren Arbeitsbereiche.“ Einzige Grenze der universitären Freiheit sei der Respekt vor den Rechten der Anderen.

An der UNAM lehren und studieren etwa 350 000 Menschen. In den aktuellen Angriffen wird immer wieder versucht Verbindungen herzustellen zwischen dem öffentlichen Charakter der Institution und vermeintlichen oder tatsächlichen terroristischen Umtrieben. Insgesamt gibt es in Mexiko ca. 500 öffentliche und 700 private Hochschulen. Studiengebühren an letzteren bewegen sich teilweise auf us-amerikanischem Niveau.

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