Sonntag, 30. März 2008

Mit Goppel für eine bessere Welt

Ende Januar diskutierte Contra mit dem Wissenschaftsminister über Studiengebühren, benachteiligte Kinder und Marxismus in der CSU


Eine Stunde gab der Minister dem Aktionsbündnis für freie Bildung Contra. Das war mehr als erhofft und ergab genau so wenig wie erwartet.

Am Donnerstag, dem 31. Januar, empfing der bayrische Wissenschaftsminister, Dr. Thomas Goppel, neun VertreterInnen des Aktionsbündnisses im Hotels Drei Mohren in der Maximilianstraße. Dabei waren außerdem PressevertreterInnen der AZ und der Stadtzeitung, BeraterInnen von Goppel, sowie der Kanzler der Universität.

Eigentlich kam Goppel wegen der Einweihung der Kindertagesstätte in der neuen FH nach Augsburg. Auf unsere Anfrage und die Mitwirkung des FH-Präsidenten Prof. Dr. Hans-Eberhard Schurk hin, bot er uns die Gelegenheit über Studiengebühren und Hochschulpolitik zu diskutieren. Schurk organisierte den Fugger-Saal im Drei Mohren, dies sei ein „neutraler Ort“. Vermutlich verbarg sich dahinter die Sorge um eine weitere Auseinandersetzung in seiner FH, wo er schon während der Einweihungsfeier im Sommer stille, aber allein durch ihre Anwesenheit lästige StudentInnen von der Polizei gewaltsam entfernen ließ.

Zunächst überließ der Minister Contra das Wort und hörte sich ein vorbereitetes Plädoyer des Aktionsbündnisses an, das mit der Aufforderung schließt, die Studiengebühren zurückzunehmen (nachzulesen auf http://uni-a.blogspot.com). Goppel konterkarierte eine vernünftige Diskussion zu Beginn mit Floskeln wie „Die Studiengebühren sind in Bayern abgefedert wie in keinem anderen Land“. Ein Argument, dass lediglich sagt, dass es in Bayern nicht ganz so schlecht läuft als in anderen Bundesländern. Dass das aber nichts an der Misere ändert zeigten die VertreterInnen von Contra anhand der bekannten Tatsache, dass Chancengleichheit in Deutschland nicht gegeben ist und die Studiengebühren diese Misere verschlechtern: „In keinem anderen OECD-Land hängt der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft ab.“ Innerhalb Deutschlands ist Bayern sogar Spitzenreiter bei der strukturellen Benachteiligung von Kindern aus unteren sozialen Schichten. Durch die monetäre Barriere neigen Eltern, die finanziell schlechter gestellt sind, eher dazu, ihre Kinder vom Studium abzuhalten. Diesem Argument entsprang etwas später folgender Dialog (durch einen Videomitschnitt ist es möglich, sämtliche Dialoge wörtlich wiederzugeben):

Goppel: „Sie sagen, dass es Familien gibt, die ihre Kinder nicht studieren lassen. Nun sage ich Ihnen: In Ordnung. Lassen Sie uns Wege finden, wie wir sie informieren, so dass sie keinen Grund zur Skepsis haben.“

Contra: „Es geht doch nicht darum, dass es Familien gibt, die ihren Kindern irgendetwas nicht erlauben. Die Frage ist: Wieso handeln Menschen aus unteren sozialen Schichten genau so, wie sie handeln?“

Goppel: „Weil sie nicht informiert sind.“

Contra: „Also ist Armut ein Informationsproblem?“

Goppel: „Nein, aber auf die Reaktion aus nicht vorhandenem Geld folgt die Frage: Bin ich nicht bereit, mich in der Gesellschaft so zu beteiligen, wie ich das könnte? Oder bin ich bereit anzuerkennen, dass das nicht mein Problem ist, sondern eine Generation später anders erledigt wird. Sie tun ja grad so als ob wir immer noch im 19. Jahrhundert wären. Ich bin nicht mehr bei Karl Marx und Friedrich Engels und Rosa Luxemburg. Die Zeit ist vorbei. Das war die Idee vor 200 Jahren, war völlig in Ordnung. Ich wäre wahrscheinlich sogar Marxist geworden, wenn ich sehe, wie die Verhältnisse von damals waren. Nur heute haben wir eine ganz andere – eine aufgeklärte – Situation der Bürger. Das ist eine völlig andere Diskussion. Wir haben eine Informations- und Kommunikationsgesellschaft, in der das Fernsehen den ganzen Tag in 40 Sendern Ihnen erzählt, was sie alles machen können. Das haben Sie damals alles nicht gehabt.“

Die Unterstellung, Contra sei marxistisch geprägt und die interessante Selbsteinschätzung Goppels, sind beispielhaft für den Verlauf des ganzen Gesprächs. Ausschweifungen und das Verlassen des Kernproblems machten es dem Aktionsbündnis schwer, Argumente einzubringen. Goppel, ein geübter Rhetoriker, nahm 30 Minuten der Gesprächszeit in Anspruch, während Contra nur auf gute 21 Minuten kam.

Contra: „Sie ziehen sich durch die Einführung von Studiengebühren aus der Verantwortung. Die Hochschulen wurden seit Mitte der 90er Jahre unterfinanziert.“

Goppel: „Nein... äh Moment… sie haben nicht genug Geld gekriegt! Der Unterschied ist, ob Sie (zeigt mit dem Finger auf ContravertreterInnen) alles was Sie machen wollen realisieren können, oder ob Sie das Geld, das Sie kriegen, für bestimmte Dinge einsetzen müssen und einen Freiraum zur Entscheidung haben. Früher mussten Sie es einsetzen, heute ist es freigestellt. Sie wollten doch immer haben, dass die Universität das selbst entscheidet. Jetzt haben wir letztes Jahr ein neues Gesetz verabschiedet, in dem steht ausdrücklich drin, dass die Universität das selbst macht. Jetzt sind wir so weit, dass Sie schon wieder bei mir klopfen und sagen: Goppel, Du musst sicherstellen, dass die Universität das nicht kürzt, denn die macht das falsch. Und vorher haben Sie gesagt: Bitte gib das Geld der Universität, Du bist zu blöd es zu entscheiden.“

Wo versteckt sich der Zusammenhang mit dem Argument von Contra? Wo antwortet Goppel auf die Situation in den 90er Jahren? Wo auf das Weniger an Geld, das die Universitäten bekamen? Unter diesen Diskussionsbedingungen wird Politik gemacht. Und dennoch behält Contra sich Goppels Angebot vor, „mal einen ganzen Nachmittag zu diskutieren.“ Allein das macht ihn doch recht sympathisch und das weiß er auch selbst: „Die Studierenden von Augsburg haben gestern ausdrücklich in der offiziellen Vertretung (gemeint ist der Asta) gesagt, damit (gemeint ist: mit Contra) haben wir nichts im Sinn. Ich habe gesagt, ich diskutiere trotzdem mit Ihnen. So schlimm bin ich also sicherlich nicht.“

Naja!

1 Kommentar:

jensel hat gesagt…

"das war vor 200 Jahren" ... "ich wäre auch Marxist geworden" hahaha .. super Goppel weiter so, Waffen und sich selber kaufen lassen bei ner Runde mit Schreiber gefälligst? (http://www.filzgeschichten.de/goppel.html)

also im Kindergarten würde man den in die Gruppe Aufmerksamkeitsdefizit / Plappermaul stecken ...

 
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